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Schifffahrtsaktien verzeichnen im 4. Quartal weitere Kursverluste. Während Hapag-Lloyd den IPO im dritten Anlauf schafft, muss BW Pacific passen
Schifffahrtsaktien haben in den letzten drei Monaten weltweit weiter nachgegeben. Der Notos Shipping Index fiel in diesem Zeitraum um 19 [ds_preview]%. In der Grafik haben wir die Kursverläufe der wichtigsten Sektoren seit Anfang des Jahres indexiert dargestellt. Container-Unternehmen verloren in diesem Zeitraum im Schnitt 28,7 %, Bulk-Reedereien sogar 31 %.

Auf Jahressicht führen die Offshore-Unternehmen die Verliererliste mit einem Verlust von 50 % an. Der einzige Sektor, der auf Jahressicht zulegen konnte, waren die Tanker-Reedereien, die um rund 22% anstiegen. Anhand dieser Entwicklung kann man sehr gut die Umstellung der chinesischen Volkswirtschaft von einem industriell getriebenen Wachstumspfad (Import von Kohle und Eisenerz) in ein dienstleistungs- und konsumorientiertes Wachstum (Import von Rohöl, Ölprodukten und LPG) nachvollziehen.

Hapag-Lloyd schafft den Börsengang …

Aller guten Dinge sind drei. Frei nach diesem Motto hat Hapag-Lloyd nun im dritten Anlauf den Börsengang geschafft. Insgesamt wurden 15,2 Mio. Aktien zzgl. eines zehnprozentigen »Green­shoes« verkauft. Die Gesellschaft erzielt damit einen Erlös von rund 300 Mio. €, der für Investitionen in neue Schiffe und Container genutzt werden soll. Der Börsengang war alles andere als einfach, mitten in die Angebotsphase platzte die Gewinnwarnung von Maersk. Der Ausgabekurs der Aktien musste daraufhin nochmals gesenkt werden. Analysten haben inzwischen berechnet, dass auf Basis des reduzierten Ausgabepreises die Altaktionäre Buchverluste ausweisen würden.

… BW Pacific muss hingegen passen

BW Pacific, das Produktentanker-Joint Venture der BW Group mit dem asiatischen Investor PAG, musste hingegen den geplanten Börsengang Anfang November aufgrund des schlechten Markt­umfelds absagen. Ursprünglich sollten die Aktien zu einem Kurs von 44–50 NOK pro Aktie an der Börse in Oslo eingeführt werden – bei einem Emissionsvolumen von 250 Mio. $.

Der geplatzte Börsengang von BW Pacific steht stellvertretend für das Dilemma anderer börsennotierter Unternehmen. Während Bulker- und Container-Reedereien nach den starken Kursverlusten latent über ihren Substanzwerten notieren, sind viele Tankerunternehmen derzeit nach Meinung der Analysten stark unterbewertet und notieren unter ihren Zerschlagungswerten. Einige Unternehmen, die es sich leisten können, haben nun begonnen, eigene Aktien zurückzukaufen (z. B. Tanker Investments, Tsakos, Dorian oder Maersk). Dieses Umfeld ist für den langfristig agierenden Investor interessant. Wenn Unternehmen eigene Aktien zurückkaufen, ist dies im Regelfall ein starkes Indiz für eine gute Ertragskraft und günstige Bewertung.

À propos Dividenden …

Vor drei Monaten berichteten wir von dem Disput zwischen Paddy Rogers (CEO der Tankerreederei Euronav) und Sabrina Chao (Chairwoman von Wah Kwong) über die Vor- und Nachteile eines Börsengangs. Die Debatte schwelt weiter. Anlässlich der Marine Money Week in New York wurde auf dem Podium darüber diskutiert, in wie weit hohe Ausschüttungsquoten gut oder schlecht für Schifffahrtsunternehmen sind. Mark Friedman von Evercore berichtete, dass es auf Seiten der Investoren eine starke Präferenz für hohe Ausschüttungen gäbe. So weit, so gut. Andererseits könne dies aber auch bedeuten, dass die Investoren den Schifffahrtsunternehmen nicht zutrauen, die einbehaltenen Gewinne wieder gut anzulegen. Eine Verpflichtung zu hohen Ausschüttungsquoten würde sich zudem nicht in jedem Fall für jedes Unternehmen eignen. Wolle man eine größere Akquisition tätigen, müsse man als Unternehmen das zuvor ausgeschüttete Kapital erst wieder mühsam bei den Investoren einsammeln.

Die Nachhaltigkeit von hohen Dividendenzahlungen setzt u.E. zudem voraus, dass die Reederei über langfristige Beschäftigungsverträge zu guten Raten für ihre Flotte verfügt und/oder moderate Verschuldungsstrukturen aufweist. Ist dies nicht der Fall, erscheint der Aufbau von Liquiditätsreserven als »Hedge« gegen die Risiken fallender Raten angemessener. Euronav wies zuletzt darauf hin, dass sie ihre Schiffe alle über einen Zeitraum von 20 Jahren auf Null abschreiben und die hohe Ausschüttungsquote in diesem Zusammenhang immer noch den Aufbau von Cash-Reserven erlaube.

Cash oder Aktien?

Einen interessanten Fall kann man derzeit am norwegischen Aktienmarkt verfolgen: Avance Gas ist trotz fehlender Langfristbeschäftigung der Flotte ein Verfechter einer 100%-igen Ausschüttungsquote. Dies hat dazu geführt, dass Avance Gas trotz stark schwankender Dividenden momentan von allen LPG-Unternehmen die beste Aktienkursentwicklung aufzeigen kann. Auf Basis dieser relativ hohen Bewertung hat Avance Gas ein Übernahmeangebot für seinen Wettbewerber Aurora abgegeben. Bezahlt werden soll jedoch nicht in Cash, sondern in eigenen Aktien. BW LPG hat prompt mit dem Aufbau einer 12%-igen Beteiligung an Aurora gekontert. Wir werden sehen, ob die Offerte erfolgreich war und ob die Anleger Cash oder doch lieber Aktien haben möchten.