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Nach ruhigem Verlauf im Jahr 2014 sind Kosten für deutsche Seekaskoversicherer wieder gestiegen. Die Zahl der versicherten Schiffe ist dagegen weiter rückläufig.
Das Jahr 2014 war für Seekaskoversicherer rund um die Welt ein gutes Jahr – sogar das beste seit mehr als anderthalb[ds_preview] Jahrzehnten, wenn man der Statistik der International Union of Marine Insurance (IUMI) glauben darf. Bleibt zu hoffen, dass es nicht noch einmal ein Jahrzehnt dauert, bis die Branche wieder Grund zum Feiern bekommt. Fakt ist, dass sich das Marktumfeld 2015 verschlechtert hat. Die Prämienraten kamen noch stärker unter Druck, während die Schäden in die entgegengesetzte Richtung tendierten. Davon betroffen ist auch der deutsche Markt, wie aktuelle Zahlen des Vereins Hanseatischer Transportversicherer (VHT) zeigen. Der Verein, der zentral die Schadensbearbeitung für deutsche Versicherer und Assekuradeure im Bereich Seekasko durchführt, verzeichnete per 31.12. eine Zunahme der Schäden um 47% auf knapp 79Mio. €. Der Anstieg geht vor allem auf das Konto der Seekaskosparte, die 71,4Mio. € an Kosten beisteuerte und damit rund 50% mehr als 2014. Nach einem vergleichsweise ruhigen Verlauf in 2014 ohne wirkliche Großschäden habe 2015 ein einzelner Vorfall mit 11,5Mio. € schwer zu Buche geschlagen, erklärte VHT-Geschäftsführer Ralf Bussing. Dabei handelte es sich um eine Kollision mit Beteiligung eines im deutschen Markt versicherten Frachters in US-Gewässern. Zum Vergleich: 2014 hatte das größte Schadensereignis die Versicherer 1,55Mio. € gekostet. Generell sei der Anteil der Kollisionen angestiegen – dasselbe gelte für Kurbelwellenschäden, gerade in der zweiten Jahreshälfte. »Natürlich nehmen wir diese Entwicklungen ernst, sie liegen aber noch im Rahmen der normalen Volatilität«, so Bussing. Ein Zusammenhang zwischen Maschinenschäden und etwaigen Wartungsmängeln in Folge von Finanzengpässen bei Reedereien und Schiffsgesellschaften sei bislang nicht erkennbar. »Bis heute wurde noch kein Schaden aufgrund möglicher Wartungsvernachlässigung abgelehnt«, stellte Hans-Christoph Enge, VHT-Vorstandsmitglied und geschäftsführender Gesellschafter des Assekuradeurs Lampe & Schwartze, fest. Generell sei das Verhältnis zu den Reedereien aber durchaus »von großen finanziellen Anspannungen geprägt«. Versicherer seien heute gefordert, viel schneller Schadenersatz auszuzahlen als früher, weil viele Versicherungsnehmer kaum mehr finanzielle Reserven hätten.

Die wirtschaftlichen Probleme der deutschen Schifffahrt schlagen sich auch unmittelbar in den Portfolien der Versicherungen und Assekuradeure nieder. So nahm die Anzahl der versicherten Objekte im Bereich Seekasko im Kreis der VHT-Mitglieder im vergangenen Jahr weiter ab, um 72 Einheiten auf 1.613. Grund dafür sind wohl in erster Linie Insolvenzen und Notverkäufe von deutschen Schiffen. Andererseits geht der Trend zu immer größeren Einheiten, weshalb der zahlenmäßige Rückgang der Objekte nicht zu proportionalen Einnahmerückgängen für die Versicherer führen muss. Die Prämien werden nach Schiffsgröße (BRZ) berechnet.

Zudem gelingt es den deutschen Versicherern offenbar, die Einbußen bei Seekasko durch Zugänge in anderen Risikobereichen zu kompensieren. So verdoppelte sich der Zahl der vom VHT betreuten Objekte unter »sonstigen« Deckungen, was u.a. Schiffbaurisiken einschließt, auf 507. »Wir bemühen uns alle, neue Geschäftsfelder zu erschließen«, sagt VHT-Vorsitzender Robert Mahn, Geschäftsführer des Assekuradeurs Drewes & Runge. Zwar dürfte der Heimatmarkt im Zuge des Flottenabbaus zunächst weiter schrumpfen. »Die Unkenrufe und düsteren Prognosen von Schiffsbankern, die glauben, dass von 377 deutschen Reedern nur 20 oder 30 übrigbleiben, teilen wir aber nicht«, stellte Mahn klar.

Über mangelnde Beschäftigung kann sich der VHT trotz rückläufiger Seekaskoobjekte nicht beklagen, auch wenn die Anzahl der zu bearbeitenden Schäden ebenfalls zurückging. »Neben der bisherigen Tätigkeit ist der VHT zunehmend in anderen Bereichen tätig«, unterstrich Mahn und führte als Beispiele dafür Approbationen (Überprüfungen) von Verschleppungen und Projektverladungen sowie Schadensbesichtigungen im Offshore-Bereich an.


Michael Hollmann