Bei der Hamburger Traditionswerft Blohm+Voss werden 300 Jobs abgebaut. Das bestätigte Eigentümer Lürssen nach einer Betriebsversammlung.
Hohe Kostenstrukturen, versäumte Investitionen und ein zu niedriger Auftragsbestand: Blohm+Voss befinde sich »in einem kritischen Zustand«, tei[ds_preview]lte die Lürssen-Gruppe mit. Um die Werft langfristig wieder wettbewerbsfähig und wirtschaftlich profitabel zu machen, seien in den kommenden Monaten »Anpassungsmaßnahmen« auf allen Ebenen notwendig.
In mehreren Phasen sollen daher 300 Arbeitsplätze und damit ein knappes Drittel der Belegschaft abgebaut werden. Auch betriebsbedingte Kündigungen könnten nicht ausgeschlossen werden, hieß es. Zu den Details und zum Sozialplan werde es noch Gespräche mit dem Betriebsrat, der Gewerkschaft und der Arbeitsagentur geben, kündigte Lürssen an.
Lürssen hatte Blohm+Voss im vergangenen Herbst übernommen und die damals angekündigte Bestandsanalyse jetzt abgeschlossen. Das Fazit: ernüchternd. »Wir sind von dem Standort und seinem Potenzial überzeugt«, betonte Lürssen-Geschäftsführer Klaus Borgschulte auch gestern noch einmal.
Blohm+Voss »in kritischem Zustand«
Die Analyse habe jedoch gezeigt, dass »dringend erforderliche Investitionen in den letzten Jahren ausgeblieben sind, Konstruktions- und Fertigungsprozesse nicht ausreichend modernisiert und die Kostenstrukturen nicht den realen Bedingungen angepasst wurden«. Zeitgleich fehlten Aufträge im Schiffneubau, die schwache Auftragslage im Reparaturgeschäft belaste das Unternehmen zusätzlich.
Der Ausstieg aus dem Yacht-Neubau war längst beschlossen. Künftig soll Blohm+Voss unter der Systemführung von Lürssen beim Bau von Marineschiffen beteiligt werden, unter anderem von fünf weiteren Korvetten. In diesen Bereich will Lürssen nach eigenen Angaben auch investieren. Außerdem soll Hamburg der gruppenweite Refit-Schwerpunkt für Yachten werden. Die ersten beiden Aufträge seien bereits akquiriert worden.
Blohm + Voss, gegründet 1877, war Ende der 1990er-Jahre in drei eigenständige Gesellschaften aufgeteilt worden und gehörte von Januar 2005 bis 2010 als Betriebsteil zur ThyssenKrupp Marine Systems AG (TKMS). 2011 übernahm der Finanzinvestor Star Capital Partners für kolportierte 150 Mio. €. ThyssenKrupp behielt danach nur noch den Marineschiffbau in Kiel. Star Capital hatte den Bereich Blohm + Voss Industries Anfang 2013 an die SKF-Gruppe verkauft, der heute unter dem Namen »SKF Marine GmbH« firmiert. 2016 übernahm Lürssen den Traditionsbetrieb in Hamburg.
Bereits am Tag zuvor hatte die Bremerhavener Lloyd Werft einen umfangreichen Stellenabbau angekündigt. Der Sozialplan sieht den Abbau von 117 Mitarbeitern vor, das sind 42% der aktuellen Belegschaft. Grund auch hier: fehlende Aufträge und Perspektiven.