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Die EU muss bei Zulassung der Werften in Asien schneller vorankommen. Sonst könnten schon bald Kapazitätsengpässe beim Schiffsrecycling drohen, warnen Experten.

Bis zum 31. Dezember 2018 müssen alle Schiffe, die die Flagge eines EU-Mitgliedsstaates führen (etwa 12% der derzeitige[ds_preview]n globalen Handelsflotte), die EU-Schiffsrecyclingverordnung (EUSRR) erfüllen. Ab 2019 muss jedes schrottreife Schiff, das unter einer EU-Flagge steht, in einer zugelassenen Schiffsrecyclinganlage abgewrackt werden. Diese Liste wurde zuletzt im Mai von der EU aktualisiert. »Obwohl offiziell kein Land aus Nicht-EU-Ländern von der Genehmigung ausgeschlossen ist, befinden sich derzeit alle 21 Werften auf der Liste in der EU, und keiner hat Erfahrung darin, große Handelsschiffe zu zerlegen«, so Will Tooth von Maritime Strategies International (MSI).

Die Möglichkeit, Schiffe auszuflaggen, bevor sie als Schrott an anderer Stelle verkauft werden, ist begrenzt, da das gegen EU-Verordnung über die Ausfuhr von Abfällen in verstößt. Erst kürzlich hatte die niederländische Reederei Seatrade das erfahren müssen. Seatrade wurde mit Strafen in Höhe von 2,35 Mio. € belegt, nachdem es vier Kühlschiffe für das Abwracken in Indien, Bangladesch und der Türkei verkauft hatte. Drei leitende Angestellte des Unternehmens müssen ebenfalls mit einer sechsmonatigen Haftstrafe rechnen.

Partnerschaft mit Maersk als Vorbild

Da die maritime Industrie immer mehr mit Gesetzen konfrontiert wird, die mit der oft umweltschädingenden Praxis der Verschrottung am Strand aufräumen sollen, ist es für die Verschrotter unerlässlich, ihre Betriebe zu modernisieren. In Bangladesch beispielsweise ist die Abwrackung von Schiffen ein wesentlicher Bestandteil der Wirtschaft, die Stahlerzeugung in Bangladesch ist laut MSI in hohem Maße abhängig von den Schiffsabfällen und rund 50% der Rohstoffe für die Stahlproduktion stammen aus Abwrackwerften. »Es ist noch ein weiter Weg, bis Bangladesch in die Liste der zugelassenen Abwrackwerften der EU aufgenommen wird Eine Partnerschaft zwischen Maersk und einer Verschrottungsanlage in Alang in Indien zeigt einen möglichen Weg auf«, sagt Tooth.

European Flagged Fleet by Age MSI
Quelle: MSI

Die Modernisierung der asiatischen Schrottplätze ist dem Experten zufolge von entscheidender Bedeutung. Maersk war sehr daran interessiert, die Investitionen zu fördern, die zur Verbesserung der Bedingungen, der Sicherheit und der Umweltauswirkungen der Anlage getätigt wurden, von der sie nun glaubt, dass sie mit chinesischen und türkischen Betrieben vergleichbar ist. »Wenn die Anlage in Alang von der EU nicht genehmigt wird, bewegt sich Maersk an der Grenze der Legalität, weil ein Großteil seiner Flotte unter dänischer Flagge fährt«, meint Tooth.

China fällt als Option aus

Die Option, in China vor allem in Trockendocks zu verschrotten zu werden, fällt auch aus. Denn die chinesische Regierung hat im Mai ankündigt, dass sie keine ausländischen Schiffe mehr zur Abwrackung zulassen will, um die Verschmutzung und Abfälle zu reduzieren. Das Ergebnis ist zunächst ein Anziehen der Preise weil die Recycler den Durchsatz vor dem »Cut-Off« am Ende maximieren wollen.

»Die Entwicklung in China stellt die Machbarkeit der EUSRR in Frage. Der SRR wird vor Ablauf der Frist Ende 2018 in Kraft treten, falls bis dahin 2,5 Mio. LDT genehmigter Abwrackkapazität zur Verfügung stehen. Derzeit sind jedoch nur 300.000 LDT Kapazität genehmigt«, so Tooth. Trotz der strengeren Abwrackpolitik erwartet man bei MSI, dass die Zahl der verschrotteten Schiffe im Jahr 2019 dramatisch ansteigen wird. Da die Vorschriften für Ballastwasser und Emissionsgrenzwerte mehr Schiffe aus dem Markt drängen, werde eine zunehmende Anzahl von unter 20 Jahre alten Schiffen entfernt.

Lösung muss vor Ort gefunden werden

»Drei Viertel der mehr als 200 Schiffe, die im ersten Quartal 2018 verschrottet wurden, fuhren auf den indischen Subkontinent. Dementsprechend muss die Lösung dort gefunden werden. Bei indischen Werften werden Fortschritte erzielt, wobei sich einige bereits für das Recycling von Schiffen unter europäischer Flagge bewerben. Jedoch bestehen weiterhin Bedenken hinsichtlich Standards von Subunternehmern«, erklärt Will Tooth.

Die fünf indischen Werften, die bereits für die Aufnahme in die EU in Betracht gezogen werden, würden 323.000 LDT an jährlicher Kapazität hinzufügen, während vier weitere, die sich kürzlich beworben haben, möglicherweise weitere 300.000 LDT beitragen würden. Die EU muss laut MSI ihre Bewertung dieser Werften schneller abschließen und »sicherstellen, dass akzeptable Bedingungen bestehen, die eine wirksame Umsetzung des Hongkong-Übereinkommens ermöglichen.«