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Wachsende Verluste läuten Ende des »weichen« Marktes ein. Schuld sind steigende Schadensquoten bei gleichzeitig sinkenden Kapitalerträgen, schreibt Michael Hollmann

Über Jahre konnten die P&I-Versicherer ihre freien Reserven kontinuierlich ausweiten. Entweder lief es im Underwriting so gut, dass[ds_preview] ein Gewinn für sie heraussprang, oder eben sonst bei den milliardenschweren Kapitalanlagen. Jetzt aber weht der Wind von vorn: Statt Überschüssen häufen sich in der laufenden Berichtssaison für das Jahr 2018/19 (per 20.02.) die Verlustmeldungen.

Bei der Mehrzahl der Clubs schrumpfen die Kapitalpolster merklich. Die Gründe liegen in steigenden Schadensquoten und negativen bzw. stark verringerten Kapitalerträgen infolge der Aktienbaisse zu Jahresende.

Der Marktführer Gard verzeichnete einen Nettoverlust von -53Mio. $ auf Basis der vollen Prämie (ETC), im Vergleich zu 193Mio. $ Gewinn im Vorjahr. Schuld daran ist vor allem die auf 110% hochgeschossene Schaden-Kosten-Quote (Verhältnis von Schäden und Betriebskosten zu Prämieneinnahmen), d.h. die Kosten übertrafen die Einnahmen um 10%.

Es ist eine massive Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr (91%) und auch gegenüber dem Zwischenergebnis der ersten sechs Monate, als die Quote bei nur 78% lag. Den Einbruch erklärt das Management um CEO Rolf Thore Roppestad mit einer Zunahme der Großschäden sowie mit erheblichen Wertberichtungen auf ein problembehaftetes IT-Projekt, das der P&I-Sparte zugeordnet war.

Deutlich hoher noch als bei P&I fiel der Fehlbetrag in der Seekasko- und Energiesparte aus: -37Mio. $. Das entspricht einer Schaden-Kosten-Quote von 118%. Trotz dem Rückschlag pocht Gard-Chef Roppestad darauf, dass der Club langfristig eine gute Performance hingelegt habe. Auch hindert der Fehlbetrag den Club nicht daran, die Mitglieder abermals zu entlasten. Durch Absenkung der letzten Prämienrate für 2018/19 können sie erneut 37Mio. $ sparen. Das muss freilich gegenfinanziert werden und treibt den Gesamtverlust sogar auf -90Mio. $ hoch. Gards freie Reserven schmelzen somit von knapp 1,25 Mrd. auf 1,16 Mrd. $ ab.

Tiefrote Zahlen legte auch der UK P&I Club vor – die Nummer 3 unter den Clubs der International Group. Er landete mit -32Mio. in den Miesen, nach einem Gewinn von 72Mio. $ im Vorjahr. Die Schaden-Kosten-Quote kletterte auf 114%, was die Managementfirma Thomas Miller auf eine Verdoppelung der besonders schweren Schäden von je über 3Mio. $ zurückführt. Allein dadurch habe es einen Anstieg der Schadenskosten um 40Mio. $ gegeben, was die Quote um 15 Prozentpunkte hochgetrieben habe. Begrenzt werden konnten die Verluste noch durch eine leichte Rendite von 1,4% auf die Kapitalanlagen. Die freien Reserven schrumpfen infolge des Verlusts von 540Mio. $ auf 505Mio. $.

Nicht ganz so schwer traf es den fünftgrößten P&I Club Britannia, der einen Fehlbetrag von -9,3Mio. $ meldet (2017/18: 50,6Mio. $ Gewinn) – auch dies auf Basis der vollen Prämie, d.h. die Kapitalausschüttungen an die Mitlieder in Höhe von 30Mio. $ kommen noch oben drauf. Zusammen ergibt sich ein deutlicher Rückgang der freien Reserven des Clubs sowie seiner Rückversicherungstochter Boudicca auf rund 587,6Mio. $.

Genau wie Gard kündigt Britannia weitere Entlastungen von zusammen 10Mio. $ für die Mitglieder an. Das schlechtere technische Abschneiden (-6,7Mio. $ Underwriting-Verlust) erklärt Britannia mit einem Anstieg der Schäden über 1Mio. $ sowie mit leicht erhöhten Pool-Schäden über 10Mio. $, welche die 13 IG Clubs untereinander aufteilen.

Verhältnismäßig hoch fällt der Fehlbetrag für den kleinen Shipowners’ Club aus: -37,9Mio. $. Dadurch verpuffen mehr als 10% der freien Reserven, die jetzt bei nur noch 303,8Mio. $ liegen. Der Großteil des Verlustes kommt durch die Investments zustande. 29,7Mio. $ gingen dem Club durch Wertschwankungen an den Kapitalmärkten flöten.

Negative Kapitalerträge belasteten auch den Swedish Club schwer, der das Jahr mit einem Verlust von -9,6 Mio. vor Rückstellungen und Steuern beschloss. (2017: 18,8Mio. $ Gewinn). 5,9 Mio. $ verlor der Club durch sein Investment-Portfolio. Dazu kommen -7Mio. $ Verlust aus dem Seekaskogeschäft, das auf eine Schaden-Kosten-Quote von 122% kommt. Da reichte auch eine deutliche Steigerung in der P&I-Sparte auf rund 7 Mio. $ Gewinn (Quote: 89%) nicht aus.

Beim Steamship Mutual lagen die Probleme hauptsächlich im technischen Bereich. Die Schaden-Kosten-Quote verschlechterte sich noch einmal drastisch von 102,1 auf 116,1%. Laut Management nahmen die Schäden deutlich zu, während das Prämienvolumen merklich zurückging – trotz eines Zuwachses der Gesamttonnage um fast 5% im Vorjahr. Auch überraschend hohe Kapitaleinkünfte von 18,8 Mio. $ halfen da nichts: So verzeichnete Steamship einen Verlust von 27Mio. $ zuzüglich einer Kapitalausschüttung von 21,9 Mio. $. Insgesamt sanken die Reserven von 516 Mio. $ auf 467 Mio. $ (-9,5%).

So konnte nur der norwegische Club Skuld – nach versicherter Tonnage die Nummer 7 der Branche – einen Absturz in die roten Zahlen verhindern. 11 Mio. $ Gewinn weist der Club aus, nach 58Mio. $ in 2017. Sowohl im Underwriting (+8 Mio. $) als auch mit seinen Investments (+3 Mio. $) fuhr Skuld einen Überschuss ein, was Vorstandschef Stale Hansen angesichts der erschwerten Rahmenbedingungen als »starkes Ergebnis« wertet.

Vielen Reedern dürfte mit Blick auf die Finanzlage der P&I Clubs mulmig werden, weil die Verluste wohl dazu beitragen, dass der »weiche« Prämientrend ein Ende findet. Die Manager des UK P&I Club fanden dazu klare Worte. Nach den erheblichen Prämienrückgängen der vergangenen acht Jahre und dem starken Anstieg der Schadensquoten seien Anpassungen nach oben erforderlich.

Michael Hollmann