Die Stadt und der Hafenbetrieb Rotterdam haben mit einem Testprojekt begonnen, kleine Seeschiffe an der Parkkade nahe des Stadtzentrums mit Elektrizität zu versorgen.

Weil Schiffe bei einer Versorgung mit Landstrom ihre Generatoren nicht einzuschalten brauchen, um Elektrizität für die Nutzung an Bord zu produzieren, wird die Luftverschmutzung und Lärmbelästigung reduziert.

»Mit dem Landstrom schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: er führt zu sauberer Luft und senkt die CO2-Belastung«, erklärt Arno Bonte, Beigeordneter für Luftqualität und Nachhaltigkeit der Stadt Rotterdam. »Ich erwarte, dass uns dieser Test Einblick darin gewährt, wie wir an mehreren Orten, und dabei vor allem in städtischen Gebieten, Landstrom einsetzen können.«

Der Testlauf ist für eine Dauer von ungefähr fünf Monaten geplant. Während dieses Zeitraums werden fünf verschiedene Systeme ausprobiert.

»Wir machen in Sachen Landstrom immer mehr Fortschritte. Für die Binnenschifffahrt ist er bereits seit ungefähr zehn Jahren obligatorisch. Die Stena Line in Hoek van Holland verfügt bereits darüber. Wir werden für Heerema in der Nähe von Rozenburg Landstrom anlegen. In den kommenden Jahrzehnten müssen noch viel mehr Schiffe an die Steckdose. Dabei gilt: Je größer das Schiff, desto schwieriger und teurer ist das Ganze. Und das erfordert somit Zeit«, so Allard Castelein, Generaldirektor des Hafenbetriebs Rotterdam.

Mobile Konzepte an der Parkkade

Die Parkkade zeichne sich besonders dadurch aus, dass man nicht einen festen Stromanschluss einsetze, sondern sich mobiler Konzepte bediene, so die Niederländer. Dadurch könne man die Steckdosen dort einsetzen, wo Bedarf an Landstrom bestehe.

Es werden verschiedene Energiequellen in Betracht gezogen – wie zum Beispiel Wasserstoff-, Batterie-, (Bio-)LNG- und Hybrid-Lösungen. Bei der zuletzt genannten Möglichkeit werden verschiedene Quellen miteinander kombiniert. Für die genannten Kraftstoffe ist vor Ort ein Generator erforderlich, damit diese in Strom umgewandelt werden können.

In dem Test werden vor allem die technische und wirtschaftliche Machbarkeit, die Nutzerfreundlichkeit und die Auswirkungen auf die Umgebung untersucht. Es werden Messungen vorgenommen, um den Rückgang der Lärm- und Emissionswerte dieser Systeme festzuhalten. Diese Werte werden verglichen mit den Werten des selben Schiffs, wenn es mit seinen eigenen Generatoren Strom erzeugt.

An der Parkkade legen viele Küstenschiffe von Reedereien wie Wilson, Vertom und Wijnne&Barends an. Im Prinzip kann jedes Seeschiff, das dort anlegt, den mobilen Landstrom nutzen. Es sind jedoch noch lange nicht alle Seeschiffe mit einem Anschlussstecker ausgerüstet.

Auch Landstrom für Seeschiffe im Blick

Die Kosten für das Testprojekt liegen nach Angaben des Hafenbetriebs Rotterdam bei ungefähr 500.000 €. Finanziert wird der Test vor allem mit Mitteln des staatlichen »Nationale Samenwerkingsovereenkomt Luchtkwaliteit« (nationaler Kooperationsvertrag Luftqualität). Ziel sei die Verbesserung der Luftqualität in – vor allem – städtischen Gebieten.

Nach dem Test mit dem mobilen Landstrom an der Parkkade soll 2020 ein zweiter Test gestartet werden. Dieser widmet sich dann vor allem innovativen Landstromkonzepten für größere Seeschiffe. Hierfür stünden dann Gelder in Höhe von 1,5 Mio. € bereit, heißt es.

Der Landstrom für die Schifffahrt ist aufgrund des höheren Stromverbrauchs und der Tatsache, dass die Schiffe viele verschiedene Häfen anlaufen, eine komplexere Angelegenheit als Landstrom für Binnenschiffe und Fähren bereitszustellen. Daher sei hier vor allem die Zusammenarbeit zwischen Häfen, Terminals und Reedereien gefordert. Wichtig sei in diesem Zusammenhang ebenfalls, dass große Seeschiffe sehr viel mehr Elektrizität verbrauchten. Kreuzfahrtschiffe beispielsweise hätten mit ihren Tausenden Passagieren und Besatzungsmitgliedern in etwa den Stromverbrauch einer Kleinstadt.

Die fünf Unternehmen, deren Landstromsysteme in den kommenden Monaten getestet werden, sind:

  • Engie Ventures & Integrated Solutions: Ein Hybrid-System mit einer Big Battery Box, integriert in einen mit Biokraftstoff (HVO) betriebenen Motor-Generator;
  • PON Power & Schwestergesellschaften: Hybrid-Container mit einer Batterie, in Kombination mit einem mit blauem Diesel (HVO) betriebenen Generator in einem 20-Fuß-Container, mit Sonnenkollektoren auf dem Dach;
  • Aggreko Benelux: LNG-betriebener Gasmotor in einem 20-Fuß-Container;
  • Mobiele Stroom: Bio-LNG-betriebene Turbine in einem 20-Fuß-Container; sowie
  • JP-Energiesystemen: Ein mit Wasserstoff betriebenes Brennstoffzellenaggregat, in Kombination mit einer kleinen Batterie.