Seatrade, Reefer
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Konventionelle Kühlschiffe erweisen sich als rettender Anker für große Fruchtverlader inmitten der Pandemie. Die Charterraten sind seit Mitte Februar steil gestiegen.

Die Kühlschifffahrt erlebt derzeit einen Aufschwung wie seit langem nicht. Die Charterraten für die [ds_preview]Spezialschiffe mit ihren großen temperaturgeführten Laderäumen sind nach Angaben des irischen Schiffsmaklers Irish Shipbrokers/Seafield auf den höchsten Stand seit fünf Jahren geklettert. Der Reefer Index der Firma zog seit Jahresanfang um rund ein Drittel auf über 1.500 Punkte an. Das letzte Mal erreichte das Ratenbarometer diesen Stand Anfang 2015.

Die Hausse in dem Marktsegment setzte bereits im Januar ein und nahm Ende Februar noch einmal ordentlich Fahrt auf. Zwei Faktoren spielen dabei die Hauptrolle: Zum einen herrscht in vielen Regionen außerhalb Asiens ein massiver Mangel an Kühlcontainern, weil sehr viel Equipment aufgrund der Quarantänemaßnahmen und Abfahrtstreichungen der Linien in Fernost feststeckt. Große konventionelle Kühlschiffe kommen deshalb verstärkt als Alternative zum Einsatz. Des Weiteren hat die Nachfrage nach Offshore-Transhipment- und Transportkapazität seitens der Fischfangflotten im Atlantik in den vergangenen Wochen stark zugenommen. Beide Effekte zusammengenommen haben dazu geführt, dass die Flottenkapazität im konventionellen Segment jetzt nahezu voll ausgelastet ist.

»Wir tun unser Bestes, um so viel Tonnage wie möglich zu mobilisieren. Unsere Schiffe sind in Fahrtgebiete und Ladungssegmente zurückgekehrt, die uns längst vergessen hatten«, berichtet Yntze Buitenwerf, Chef des Reefer-Carriers Seatrade, gegenüber der HANSA. Dazu gehörten große Kunden im Lebensmittelhandel, die ihr Obst direkt in den Erzeugerländern kaufen und nun feststellten, dass sie sich nicht mehr allein auf Containerlinien verlassen können. Auch wenn Industrie, Handel und Schifffahrt in China allmählich wieder in Gang kommen, dürfte es mehrere Monate dauern, bis die Kühlcontainerengpässe weltweit beseitigt seien, so Buitenwerf. Genauso sehen es die Experten bei Irish Shipbrokers, die deshalb auch bei den Charterraten noch Spielraum nach oben sehen. »Es ist kaum vorstellbar, dass die Raten nicht noch weiter steigen. Alle Befrachter merken, dass die Flotte bis an die Grenzen ausgelastet ist«, warnt die Firma in ihrem jüngsten Marktbericht.

Die Spot-Charterraten für große Kühlschiffe mit mindestens 450.000 Kubikfuß (cbft) Kapazität sollen bis auf rund 1$ pro cbft (Charterlaufzeit 30 Tage) angezogen haben – entspricht 15.000 $/Tag. Das ist mehr als doppelt so viel wie vergangenes Jahr um die gleiche Zeit. Auch die Frachtraten pro Box oder pro Tonne auf wichtigen Commodity-Routen wie Ecuador/Russland (Bananen) oder Marokko/Westafrika (Fisch) sind stark gestiegen. In Kombination mit gesunkenen Treibstoffkosten treibt dass die Reiseergebnisse für die Carrier in die Höhe.

Ohnehin herrscht derzeit Hochsaison im Reefergeschäft. Nach dem Ende der Saison in Chile treten nun Neuseeland (Kiwis) und Südafrika (Trauben, Kernobst, Zitrusfrüchte) als Laderegionen für konventionelle Kühlschiffe in den Vordergrund. Zudem sind die Bananenexporteure in Ecuador das ganze Jahr durch auf Kapazität angewiesen – vor allem für Lieferungen in den Ostseeraum, nach Nordafrika und ins östliche Mittelmeer. Verschärft werden die Tonnageengpässe in Ecuador noch durch Wartezeiten von bis zu 12 Tagen für Schiffe an den Panamakanalschleusen. »Die Spotraten für Bananenverschiffungen ab Ecuador könnten aufgrund dessen noch einmal erheblich anziehen«, warnt der Branchendienst Sopisco. Schuld an den Verzögerungen ist der niedrige Wasserpegel infolge einer längeren Trockenheitsphase.

Unterdessen hat sich im türkischen Freihafen von Mersin ein gewaltiger Rückstau an Bananen-Containern gebildet, wie Sopisco berichtet. Es soll sich um über 700 Reefer-Boxen handeln, von denen viele nicht am Stromnetz und folglich außer Betrieb sind. Die überwiegend aus Ecuador stammende Ware sei für den Iran bestimmt, der stark auf Lieferungen über Mersin angewiesen ist. Der Grenzverkehr zwischen dem Iran und der Türkei ist wegen der Pandemie aber stark eingeschränkt. (mph)