Mehr als 200 Abfahrten gestrichen – die Linienreedereien dünnen ihr Service-Netzwerk massiv aus. Es ist der Versuch, Verluste in Milliardenhöhe zu verhindern.
Die Situation ist dramatisch wie seit Jahren nicht mehr. [ds_preview]Experten vergleichen die Auswirkungen der Corona-Krise mit den Folgen der Finanzkrise 2008 und mit den Turbulenzen, die durch die Hanjin-Pleite ausgelöst wurden. Auch wenn in China die Produktion bereits wieder hochfährt, ist der weltweite Seetransport stark im Schlingern.
Die Linienreedereien, darunter Maersk und MSC (2M) oder auch Hapag-Loyd mit »THE Alliance«, haben mittlerweile weit mehr als 200 Abfahrten in ihren Diensten gestrichen. Die Zahl der »blank sailings« haben sich damit in nur einem Monat vervierfacht. Die Absagen treffen vor allem das Hauptfahrtgebiet zwischen Europa und Asien, wo bis ende Mai nicht weniger als ein Drittel der Kapazität aus dem Markt genommen wurde.
Sinkt das Ratenniveau, drohen bis zu 23 Mrd. $ Verlust
Das ist zunächst einmal eine Reaktion auf den Rückgang des Ladungsvolumens, der für die Ost-West-Verkehre bis März bereits mit etwa 10% (17 Mio. TEU) angegeben wurde. Weniger Ladung bedeutet gleichzeitig eine drohende Überkapazität auf der Tonnageseite und führt in der Folge zu einem wachsenden Druck auf die Frachtraten. Das »Streichkonzert« der Carrier ist daher der Versuch, das Preisniveau möglichst lange hoch und stabil zu halten und die Verluste aus der Corona-Krise einzudämmen.
Wenn dieses Vorhaben misslingt und die Raten in den kommenden Wochen und Monaten stark nachgeben sollten, sehen sich die Reedereien mit einem Schreckensszenario konfrontiert, dass global zu Verlusten von 23 Mrd. $ in der weltweiten Linienschifffahrt führen könnte. Zu dieser Einschätzung kommen die Analysten von Sea-Intelligence aus Dänemark.
Ihre Prognose stützt sich dabei auf das Jahr 2009 nach der Finanzkrise. Damals sei es nicht gelungen, rechtzeitig die Kapazität anzupassen und dadurch das Ratenniveau auf einem auskömmlichen Niveau zu erhalten. In einem günstigeren Szenario, bei Ladungsverlusten von etwa -10% und stabilen Raten, wären es immerhin noch –6 Mrd. $ an Einnahmeverlusten für das Gesamtjahr 2020.