Corona-Krise – Meyer Werft fürchtet um Aufträge und Jobs

Die Meyer Werft ist derzeit mit Kreuzfahrtschiffen gut ausgelastet. Doch die Corona-Krise könnte zu drastischen Folgen für Aufträge und Arbeitsplätze führen.

Gerade erst hat das Traditionsunternehmen mit Stammsitz in Papenburg [ds_preview] mit seinen Tochtergesellschaften in Rostock-Warnemünde und Turku sein 225-jähriges Jubiläum gefeiert. Kurz darauf brach die weltweite Corona-Krise aus – mit Folgen für die Schiffbauer. Viele Kreuzfahrtreedereien legen jetzt ihre Investitionspläne auf Eis oder schrauben sie zurück. Eine Vielzahl von Schiffen liegt beschäftigungslos auf, zumindest vorübergehend.

Es gibt zwar auch Experten, die eine »Rückkehr« der Branche erwarten – lesen Sie dazu den jüngsten Beitrag in der »Speakers Corner« der HANSA.  Doch bei der Meyer Werft stellt man sich auf schwierige Zeiten ein. Das betrifft das Auftragsbuch, die Auslastung der Werften und auch Arbeitsplätze.

In einer Video-Botschaft hat sich die Geschäftsleitung um Bernard Meyer an die Öffentlichkeit gewandt. Über alle Werften der Gruppe hinweg stehen noch 16 seegängige Kreuzfahrer im Orderbuch. Bis 2023 gilt die Auftragslage als gut. Allerdings haben offenbar einige Kunden bereits signalisiert, von den Aufträgen zurücktreten zu wollen. Werftchef Bernard Meyer ist pessimistischer als manch Beobachter: »Erst 2030 werden wir wieder die Situation aus dem letzten Jahr haben.«

In der Video-Botschaft nannte Geschäftsführer Thomas Weigend die aktuelle Situation die größte Krise in der modernen Kreuzfahrt – »bei weitem drastischer« als die Situation nach den Terroranschlägen am 11.9.2001 oder nach der Finanzkrise 2008/2009.

Bis 2023/2024 sei nicht mit neuen Bestellungen zu rechnen, weil die Reedereien durch die Reise-Restriktionen derzeit große Verluste anhäuften. Im besten Fall könne 2021 ein auskömmliches Jahr für sie werden. Sollten zwischenzeitlich Reedereien in die Insolvenz rutschen, kämen Secondhand-Schiffe auf den Markt, wodurch Neubau-Aufträgen noch stärker verzögert würden, so Weigend. »Es ist klar abzusehen, dass alle Kreuzfahrtwerften eine massive Überkapazität haben werden«, sagt der Geschäftsführer.

Ein weiterer Faktor für ihn: 70% der weltweiten Kreuzfahrtwerften befinde sich in staatlichem Eigentum. Für Meyer als Privatwerft mit rund 3.600 Beschäftigten sei es eine »riesige Herausforderung«, gegen diese Konkurrenz zu bestehen. Die Werft will daher versuchen, das Auftragsbuch auf allen Werften zu strecken. »Das würde bedeuten, dass wir unsere Arbeitsleistung um etwa 40% kürzen müssen«, so Weigend.

Als erste Maßnahmen wurden bereits Investitionen reduziert sowie Neueinstellungen und Vergaben gestoppt. Zudem wird derzeit mit dem Betriebsrat über Kurzarbeit verhandelt. Der Anteil der Werkverträge soll kurzfristig reduziert werden.

»So etwas habe ich noch nie erlebt«

Werftchef Bernard Meyer sagte: »Ich bin seit 47 Jahren auf der Werft. Ich habe noch nie eine solche Krise erlebt.« Denn noch nie habe die ganze weltweite Flotte mit über 400 Schiffen stillgelegen. »Wir müssen versuchen, gemeinsam mit unseren Kunden eine Lösung zu finden, die für beide Seiten erträglich ist«, so Meyer. Daher wolle man das Bauprogramm strecken, um Stornierungen zu vermeiden.

»Wir müssen in allen Bereichen über Kurzarbeit aber auch über den Abbau von Arbeitsplätzen nachdenken«, sagte der Werftchef. »Wir müssen die Werft an die neue Situation anpassen, über unsere Strukturen nachdenken, wie jeder seinen Arbeitsplatz in Zukunft sehen wird und wie wir unsere Kosten neu strukturieren.«

Man brauche nun gute Ideen für die Zukunft. »Nur mit gemeinsamen Kräften werden wir es schaffen. Ich bin sicher, dass das gelingt«, so Bernard Meyer abschließend.