Der Schiffbauverband VSM sieht die Auftragslage bei den deutschen Werften in akuter Gefahr und fordert eine bessere Krisenabwehr wie ein zeitlich befristetes Flottenprogramm.
Bei den deutschen Werften reichte das Auftragsbuch vor Corona [ds_preview]rein rechnerisch noch für die kommenden vier Jahre, also deutlich länger als in anderen Schiffbauländern wie China, Korea oder Japan mit rund zwei Jahren. Das Orderbuch sei aber akut gefährdet, wenn im Zuge der weltweiten Pandemie Investitionsentscheidungen zurückgestellt und Aufträge storniert werden. Darauf verweist der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM).
Bleiben, wie derzeit erwartet werden muss, Aufträge in den kommenden zwei bis drei Jahren auf breiter Front aus, dürfte auf vielen deutschen Werften die Arbeit ausgehen. Der Kreuzfahrtsektor sei am stärksten betroffen, doch auch alle anderen Segmente litten unter der Krise. Der VSM schätzt den möglichen Einbruch der Kapazitäten im europäischen Schiffbau ohne geeignete Gegenmaßnahmen auf 50-75%.
Öffentliche Aufträge sollen beschleunigt werden
Der Verband fordert daher ein zeitlich begrenztes Flottenprogramm, das sowohl für auf öffentliche Aufträge von Küstenwache, Polizei, Feuerwehr oder des Bundes sorgt als auch auf (finanzielle) Anreize für eine umweltfreundliche Umrüstung der Handelsflotte setzt. Details sind noch offen, »wir müssen und wollen darüber mit der Politik ins Gespräch kommen«, sagt VSM-Hauptgeschäftsführer Reinhard Lüken.
Die Konjunktur im Weltschiffbau lahme bereits seit Jahren. Seit 2016 liegen nach Angaben des VSM die Zahl der Neubauaufträge um um mehr als 40% unter der Zahl der abgelieferten Schiffe. Die anhaltenden Coronakrise könne die Situation noch einmal dramatisch verschärfen.
200.000 Arbeitsplätze in Deutschland betroffen
Ziel müsse es daher sein, einen Teil des erwarteten Nachfrageausfalls zu kompensieren, um einen »unkontrollierten Flurschaden« zu verhindern. In Deutschland sind rund 2.800 Unternehmen und etwa 200.000 Beschäftigte in Schiffbau und Meerestechnik aktiv. Gemeinsam realisieren sie bei Ablieferungen deutscher Werften eine inländische Wertschöpfung von ca. 85%. »Wir müssen jetzt alles dafür tun, um einen möglichen Kahlschlag zu verhindern«, so Lüken.
Zusätzlich müsse es gelingen, effektive Instrumente gegen Wettbewerbsverzerrungen im Schiffbau einzuführen. Schon heute seien verschärfte Dumpingpraktiken und aufflammende Subventionswettläufe vor allem in Asien zu beobachten.