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Marc Elsholz, Geschäftsführer bei K17 Consulting aus Hamburg, spricht im HANSA-Interview über Schiffsbesichtigungen in Corona-Zeiten, ganzheitliche Ansätze und Wachstumspotenzial

Überwiegen Surveys in regelmäßigen Abständen oder »besondere Anlässe«?

Marc Elsholz: Banken haben reguläre Inspektionsintervalle, Ankaufsbesichtigungen und Aufträge von[ds_preview] Insolvenzverwaltern sind naturgemäß unregelmäßig. Unsere Kunden sind mittlerweile vermehrt auch Manager und Eigentümer mit eigenem Management, die eine dritte Einschätzung wollen, etwa wenn eigene Inspekteure nicht selbst an Bord können, aus Zeitgründen oder wegen Reiserestriktionen wie in 2020.

Hat die Corona-Pandemie zu mehr Aufträgen geführt?

Elsholz: Zum Teil, ja. Einige Auftraggeber haben Besichtigungen aber auch zurückgefahren, insbesondere Banken. Deutlich mehr Aufträge kamen seit August für An- & Verkaufsbesichtigungen. Nicht nur, aber auch angesichts der Pandemie setzen wir mittlerweile stärker auf neue Technologien, um lokale Besichtigungen weltweit in einem einheitlichen Standard vergleichbar durchzuführen, selbst wenn sie durch unterschiedliche Besichtiger in unterschiedlichen Häfen erfolgen. Wir haben die letzten Monate genutzt, um neue IT-gestützte Inspektionswerkzeuge zu entwickeln, die die Administration verkürzen, Bewertungen vereinfachen und vereinheitlichen und Ergebnisse schneller für den Kunden verfügbar machen, was insbesondere bei Ankaufsbesichtigungen essentiell ist.

Was erwarten Sie für 2021?

Elsholz: Die vorhandenen Schiffe müssen betreut werden, insofern wird sich am Gesamtmarktvolumen nicht deutlich etwas ändern. Ich glaube schon, dass wir eine gute Position im Wettbewerb haben, weil wir anders als viele Wettbewerber zusätzlich zur reinen Schiffsbesichtigung auf Wunsch die drei Punkte Schiffszustand, Kosten (Betriebskosten und Werftkosten) und Ladungsfähigkeit (Einnahmen), also technische, operative und betriebswirtschaftliche Aspekte sehr gut zusammenbringen und somit ein Gesamtergebnis erstellen. Selbst ein technisch gutes Schiff ist für den Eigentümer schließlich problematisch, wenn es keine Charter und damit keine Einnahmen hat. Bereiche wie Nachhaltigkeit und Umwelt- und Beschäftigungsstandards werden auch im Schiffsbetrieb immer wichtiger und wir behandeln diese Themen auch auf Wunsch.

Sind auch Klassifikationsgesellschaften für Sie Konkurrenz?

Elsholz: Jein. Ja, weil sie das gerne möchten. Nein, weil sich deren Knowhow auf den technischen Zustand des Schiffes beschränkt. Auf der anderen Seite gibt es die betriebswirtschaftlich orientierten Beratungsunternehmen. Denen fehlt aber der technische Hintergrund, die Erfahrung im Schiffsbetrieb und bei der Anwendung und Implementierung der gültigen Regularien sowie die Ladungskompetenz. Insofern sehen wir auch das nicht wirklich als Konkurrenz.

Sehen Sie einen »Remote«-Markt für Ferndiagnosen?

Elsholz: Wir machen das zum Teil, es eignet sich allerdings eher für Routinebesichtigungen. Denn wir sind da auf die Zusammenarbeit mit der Crew angewiesen, von der die Daten kommen. Defekte sind nicht immer erkennbar, wenn sie an Bord verschwiegen werden. Besteht also Grund zur Annahme, dass es Reparaturbedarf oder einen Wartungsmangel gibt, dann ist es besser, selbst an Bord zu gehen.

Beobachten Sie – angesichts der Corona-Auswirkungen – Mängel bei Ersatzteillieferungen oder einen Wartungsstau?

Elsholz: Ja, ein großes Problem sind sowohl die Lieferung von Ersatzteilen als auch deren Herstellung, wenn Fabriken zeitweise schließen müssen. Für Techniker und Service-Ingenieure ist es sehr schwer, an Bord zu kommen oder mitzufahren. Problematisch ist auch der Crew-Wechsel. Ist die Besatzung zu lange an Bord, schleicht sich bisweilen ein Schlendrian ein. Das hat nach unseren Beobachtungen bisher keine unmittelbaren Auswirkungen auf den allgemeinen Schiffszustand, aber kleine Reparaturen werden teilweise verschoben und die Kosten zur Behebung von größeren oder dringenden Reparaturen nehmen durch die Corona-Restriktionen zu.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Elsholz: Neben der Entwicklung einer neuen IT-Plattform werden wir zudem neue Besichtiger ins Team holen und weiter international wachsen um eine – auch langfristige – Vergleichbarkeit bei weltweiten Besichtigungen sicherzustellen. Das ist eines unserer Unterscheidungsmerkmale: Bei der Arbeit mit Fremdbesichtigern ist es schwierig, eine gleichmäßige Qualität sicherzustellen. Das trifft uns weniger als Andere, die mit freien Besichtigern arbeiten, vor allem große internationale Firmen. Wir arbeiten dagegen mit eigenen oder exklusiven Besichtigern, die unsere Anforderungen genau kennen.
Interview: Michael Meyer