Print Friendly, PDF & Email

2020 stand für die hanseatischen Transportversicherer im Zeichen der Kontinuität – trotz Corona. Bei Schäden und Objektzahlen gab es nur wenig Schwankungen.

Die deutschen Seekaskoversicherer sind in ihrem Führungsgeschäft im vergangenen Jahr erneut ohne Großschäden davongekommen. Das lässt die aktuelle Jahresstatistik des[ds_preview] Vereins Hanseatischer Transportversicherer (VHT) erkennen, der zentral die Schadenbearbeitung für die deutschen Gesellschaften und Assekuradeure erledigt.

Zwar stieg die Anzahl der bearbeiteten Schäden 2020 gegenüber dem Vorjahr leicht von 519 auf 537 (Stand: Mitte Januar) an. Doch die Gesamtschadensumme einschließlich Reservierungen lag den Angaben zufolge zu Jahresende etwa auf Vorjahresniveau bei rund 70Mio. €. »Man kann sagen, dass das Jahr noch glimpflich verlaufen ist. Der Markt musste keine Totalschäden verkraften«, sagt der VHT-Vorsitzende Robert Mahn vom Bremer Assekuradeur Drewes & Runge mit seiner Schiffsversicherungssparte Minerva. Größter Einzelschaden soll der Brand einer RoRo-Fähre im Umfang von 3,6Mio. € gewesen sein. Die Zahl der durch VHT-Mitgliedsfirmen führend versicherten Objekte – in erster Linie Seeschiffe inklusive Nebeninteressen, Loss of Hire, Krieg sowie Binnenschiffe – lag Ende 2020 bei 2.230. Ein Jahr zuvor hatte sich der Bestand noch auf 2.252 belaufen. Für Mahn sind die Objektzahlen damit aber im Großen und Ganzen stabil, nachdem es im Vorjahr einen ordentlichen Zuwachs von 10% gegeben hatte.

Mehr Beteiligungsgeschäft

Der VHT-Vorsitzende bestreitet jedoch nicht, dass angesichts des Rückzugs von Seekaskoversicherern in anderen Teilen der Welt – vor allem in London – sogar ein Zuwachs der führend versicherten Schiffe in Deutschland zu erwarten gewesen wäre. »Dafür hat es bestimmt deutlich mehr Beteiligungsgeschäft gegeben«, meint Mahn, auch aus eigener Erfahrung bei der Minerva. Wenn die im VHT vertretenen Versicherer mehr Folgeanteile an Seekaskodeckungen im Ausland zeichnen, spiegelt sich dies nicht in den VHT-Bestandszahlen wider. Die Schadenbearbeitung obliegt in solchen Fällen den Führungsversicherern beziehungsweise ihren vertraglichen Claims Handlern im Ausland.

Diesen Trend bestätigt auch Hans Christoph Enge, geschäftsführender Gesellschafter des Assekuradeurs Lampe & Schwartze und ebenfalls Mitglied des VHT-Vorstands: »Beim Beteiligungsgeschäft haben wir richtig zulegen können. Da ist aus allen möglichen Ländern Geschäft zu uns herübergeschwappt.« Enge bezeichnet das Jahr als »nicht schlecht«, vor allem vor dem Hintergrund der Pandemie. »Die Unsicherheit war zu Jahresanfang sehr groß. Aber im Schadensbereich zeigte sich dann, dass Corona nur ganz selten eine Ursache für Schäden war. Bei der Begutachtung gab es natürlich schon hier und da Hindernisse zu bewältigen«, blickt Enge zurück. Als »einzige wirklich sichtbare Reaktion« bezeichnet er die Einführung einer Zeitklausel für Loss of Hire-Deckungen (Betriebsausfall infolge eines Kaskoschadens). Dabei geht es den Versicherern darum, Verzögerungen bei Reparaturen aufgrund der Pandemie (Beispiel: Längere Lieferfristen für Ersatzteile) in den Deckungen auszuschließen. Der Ausblick für das kommende Jahr sei auf jeden Fall viel besser als nach der letzten große Krise 2008/09, als massenhaft Schiffe aufgelegt wurden, Schiffswerte einbrachen und auch die Prämien der Versicherer ins Rutschen gerieten. »Das war auch diesmal unsere Sorge, ist aber zum Glück nicht eingetreten«, so Enge.

Etwas vorsichtigere Töne schlägt der stellvertretender VHT-Vorsitzende Florian Krampitz, Head of Marine Complex Claims für Zentral- und Osteuropa bei Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) an. »Nach wie vor hat die Ocean Hull-Sparte mit hochwertigen Frequenzschäden zu kämpfen, die das Ergebnis belasten.« Zudem seien die Erstversicherer, die im VHT vertreten sind, mit einem immer härteren Rückversicherungsmarkt konfrontiert, was die Kosten nach oben treibe.


Michael Hollmann