(Finanz-)Politische rote Karte für LNG

Rumms! Diese Nachricht aus der Weltbank dürfte in so manchem maritimen Kontor für mehr als nur ein Stutzen gesorgt haben: Die Finanzexperten empfehlen den Regierungen der Welt, ihre Förderungen für LNG als Kraftstoff in der Schifffahrt zurückzufahren, nicht weiter zu verfolgen oder zumindest zu überdenken – das betrifft auch den Aufbau einer Bunker[ds_preview]-Infrastruktur, die als zentrale Grundvoraussetzung dafür gilt, dass Reeder Neubauten mit Flüssiggas-Antrieb bauen lassen und die Weltflotte so »grüner« gestalten.

Wasserstoff und vor allem Ammoniak werden als deutlich vielversprechendere Alternativen auf dem Weg zur dekarbonisierten Schifffahrt und der Effekt von LNG auf die Emission von Treibhausgasen als zu gering bewertet. Selbst Bio- und synthetische kohlenstoffbasierte Kraftstoffe würden voraussichtlich nicht zu einer wichtigen Energiequelle werden.

Was nun? Waren all die Entwicklungen und Berechnungen über Verbräuche, Emissionen, Laufzeiten und Armorti­sationszeiträume von Gas-Antrieben und Hafeninfrastrukturen umsonst? Nach dem Motto: Strich drunter? Schwamm drüber?

Und viel wichtiger: Was heißt das für die dringend benötigte Flottenmodernisierung? Zunächst einmal trägt der Bericht sicher nicht zu einem Abbau der Unsicherheit bei, der noch immer viele Reeder von Neubau-Aufträgen abhält. Wasserstoff- oder Ammoniak-Antriebe sind noch weiter von einem flächendeckenden Einsatz entfernt als LNG.

Angesichts der Markt- und Ratenentwicklungen in einigen Segmenten wie der Container- oder der Mehrzweck- und Heavylift-Schifffahrt ziehen die Neubaupreise schon wieder kräftig an. So mancher ärgert sich, dass er den idealen Zeitpunkt für den Sprung verpasst haben könnte. Sollte er vor allem LNG-Antriebe im Auge gehabt haben, dürfte sich der Ärger nun wieder etwas legen. Ohnehin war die Vorsicht nach wie vor sehr groß, unter anderem wegen der Finanzierung und damit verbunden mit einem möglichen Charter-Commitment – sowie nicht zuletzt wegen der Unwägbarkeiten bei künftigen Kraftstoffen und Bunker-Möglichkeiten. Dass LNG nur eine Übergangslösung ist, war klar. Aber es ist eben auch Teil der kurzfristigen Lösung. So ehrlich müssen auch die Weltbank-Manager sein.

Mal sehen, was die Politik zu all dem sagt. Es ist letztlich die Weltbank, die für LNG die rote Karte gezückt hat, nicht eine Weltregierung. Hierzulande steht ja die »Nationale Maritime Konferenz« an, bei der es um Themen der Schifffahrt gehen soll – wenn sich die Damen und Herren denn aus den selbstangelegten Fesseln der bizarren Kanzlerkandidatur-Posse befreien können, die mittel- oder unmittelbar alle Parteien auf Trab hält. Klare Signale sind gefragt. Aber welche?

Michael Meyer
Stellvertretender Chefredakteur
HANSA International Maritime Journal