Die Havarie der »MSC Zoe« hat ein Schlaglicht auf eine bekannte Debatte geworfen: Schifffahrt und Sicherheit im Wattenmeer. Ein neuer »Runder Tisch« soll das Thema vorantreiben

[ds_preview]Seit dem Beginn der trilateralen Watten­meer Kooperation zwischen den Niederlanden, Dänemark und Deutschland spielt das Thema Schifffahrt eine wichtige Rolle. Viele (Beinahe-)Kollisionen oder Havarien zeugen weiterhin von der hohen Relevanz des Themas für den Schutz des sensiblen Wattenmeeres.

Abstract: Round Table for safety in the Wadden Sea

The incident of the »MSC Zoe« has thrown a spotlight on a familiar debate: Shipping and safety in the Wadden Sea. A new »round table« is to push the issue forward. Interested parties are invited to join the debate. The focus is on ship safety but also on land-based consideration.

Mit der Anerkennung des Wattenmeergebietes als »Particular Sensitive Sea Area« (PSSA) in 2002 durch die International Maritime Organization (IMO) wurde dies unterstrichen. Im Januar 2019 geriet die »MSC Zoe« in schwere See und verlor mehr als 300 Container vor der niederländischen und deutschen Wattenmeerküste. In enger Zusammenarbeit mit der Trilateralen Wattenmeer-Kooperation wird das Forum für die trilaterale Wattenmeer Region (WSF) einen Runden Tisch zum Thema Schifffahrt durchführen.

Als sich nach der letzten Eiszeit die Flachmeerküste in der südlichen Nordsee bildete, war dies mit ertragreichen Fanggründen und diffizilen Schifffahrtswegen durch das Wattenmeer verbunden. Die ersten Häfen in der tidebeeinflussten Landschaft konnten nur mit Schiffen, die einen geringen Tiefgang aufwiesen, und nur zu bestimmten Zeiten erreicht werden.

Mit zunehmendem Handel über den Seeweg stieg der Bedarf an Anlandekapazitäten. Die Kapazität der Containerschiffe hat sich seit 1980 ungefähr verfünffacht. Die Flussläufe wurden und werden an größer werdende Schiffe und veränderte Schiffstypen angepasst.

Zufahrt zu Haupthäfen

Durch die menschlichen Eingriffe in die natürlichen Gegebenheiten wurde die Abhängigkeit von Tidefenstern und ausreichender Wassertiefe immer geringer.

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Im Wattenmeer – hier mit der Insel Juist – sorgt man sich um die Risiken, die von der Schifffahrt ausgehen. Die Havarie »MSC Zoe« ist noch sehr präsent (© Hero Lang)

Die stetigen Verbesserungen in der Navigation, der verbesserten Konstruktion von Schiffen sowie die Weiterentwicklung gesetzlicher Vorgaben haben über die vergangenen Jahrhunderte zu einem geringer werdenden Risiko von Schiffsunfällen und deren Folgen geführt. Gleichwohl kann ein Seeunfall bei den heutigen Schiffsgrößen einen erheblichen Schaden verursachen. Der umfangreiche Schiffsverkehr – 2018 waren es beispielsweise etwa 30.000 Schiffsbewegungen – in der Nordsee kann zu Kollisionen oder Havarien führen, die eine unterschiedliche Schwere und unterschiedliche Folgen nicht nur für die Natur aufweisen können.

In der südlichen Nordsee hat sich über die Jahrtausende eine einzigartige Naturlandschaft entwickelt, deren bisherigen Höhepunkt die Anerkennung als »Welterbe Wattenmeer« im Jahr 2009 darstellt. Seit dem vergangenen Jahrhundert ist das rund 13.000 km² große trilaterale Gebiet entweder besonders schützenswertes Naturschutzgebiet oder Nationalpark.

Für verschiedene Nutzungen im Wattenmeer gelten bestimmte Erlaubnisse und Regelungen. Die Schifffahrt ist weiterhin im Wattenmeer möglich. An oder im Wattenmeer verlaufen die Schifffahrtsrouten zu Häfen wie Harlingen, Eemshaven, Delfzijl, Emden, Wilhelmshaven, Bremerhaven, Hamburg oder Esbjerg. Darüber hinaus gibt es unzählige kleinere Wattenmeerhäfen, die entweder zur Inselversorgung, als Standorte für die Offshore-Industrie oder für die Küsten- und Hochseefischerei dienen.

Runder Tisch »Schifffahrt«

Im Rahmen der Trilateralen Wattenmeer Kooperation wird vom WSF nun ein Runder Tisch durchgeführt werden. Inhalt der Initiative wird ein gemeinsamer Dialog zum Schutz und Erhalt des Welterbegebietes Wattenmeer im Zusammenhang mit der Schifffahrt sein. Es lassen sich folgende grundsätzlich geltenden Kategorien unterscheiden, in denen Maßnahmen getroffen werden könnten:

  • Sicherheit in der Schifffahrt: In dieser Kategorie geht es um infrastrukturelle und navigatorische Regelungen und Maßnahmen, die der Sicherheit des Schiffsverkehrs dienen. Hierunter fallen auch Aspekte der vorhandenen Infrastruktur und Organisation des Risikomanagements und in der Seeunfallbekämpfung.
  • Schiffssicherheit: Zu dieser Kategorie werden Design, Konstruktion, Ausstattung und Besatzung eines Schiffes gezählt, die durch die jeweiligen Flaggenstaaten und die geltenden Standards der IMO geregelt sind bzw. werden.
  • Häfen: Landseitig können ebenfalls Maßnahmen zur Reduktion negativer Auswirkungen auf das Welterbe Watten­meer durch die Schifffahrt getroffen werden.

Die Regelungen oder Maßnahmen in den ersten beiden Kategorien dienen unter anderem dem Schutz vor möglichen negativen Umwelteinflüssen aus der Schifffahrt auf See. Denkbare Beeinträchtigungen auf das Wattenmeer können vielfältig sein, zum Beispiel Ladungsverlust, Eintrag gefährlicher Substanzen oder Begünstigung der Verbreitung invasiver Arten. Somit wird deutlich, dass zur Erhöhung der Sicherheit in der Schifffahrt Maßnahmen aus beiden Kategorien beitragen werden. Auch Maßnahmen an Land (Kategorie 3) können zur Minimierung möglicher Einflüsse führen. In den vergangenen Jahren auf europäischer Ebene eingeführte Regelungen, wie die zur kostenlosen Abnahme von Müll und Abwasser in Häfen führt zu einer Reduktion der Entsorgung auf dem Meer. Die Kontrolle von Schiffen und Ladungen in den Häfen sollen den Schiffsverkehr auf See sicherer machen.

Maßnahmen an Land

Das WSF hat eine Analyse der zu beteiligenden Institutionen am Runden Tisch durchgeführt. Die umfangreiche Auflistung zeigt, dass sehr viele Institutionen und Organisationen sich mit verschiedensten Aspekten der Schifffahrt im und am Welterbegebiet auseinandersetzen. Die Zusammensetzung des Runden Tisches wird zunächst aus Vertretern relevanter Institutionen und Organisationen bestehen. Auf dem ersten Treffen soll es um die Identifizierung der wichtigsten Themenkomplexe im Zusammenhang zwischen Wattenmeer und Schifffahrt gehen. Ebenso ist eine Priorisierung der zu bearbeitenden Themenkomplexe angedacht. Im Anschluss daran ist geplant, dass die identifizierten Themenkomplexe in kleineren Arbeitseinheiten vertieft werden.

Über die Ergebnisse des Runden Tisches wird auf der Internetseite des WSF berichtet (www.waddensea-forum.org). Mit der Durchführung des Runden Tisches ist die Zusammensetzung der kleineren Arbeitseinheiten allerdings noch nicht festgelegt. Daher an dieser Stelle die Einladung, sich mit dem WSF in Verbindung zu setzen, wenn ein Interesse an der Mitarbeit besteht.

Autor:
Frank Ahlhorn
Geschäftsführer Wadden Sea Forum