Die Unternehmensgruppe Lürssen spaltet die Marinesparte ab. Parallel gibt es in Hamburg bei Blohm+Voss eine schmerzhafte Zäsur.[ds_preview]
Das Familienunternehmen Fr. Lürssen, seit 1983 in vierter Generation von den Cousins Friedrich (72) und Peter Lürßen (62) geführt, spaltet den Marineschiffbau (Neubauten und Reparatur) ab und bündelt sie ab heute in der neuen Sparte Naval Vessels Lürssen (NVL).
NVL vereint künftig alle sogenannten Defence-Standorte in Wolgast (Peene Werft), Hamburg (Blohm+Voss, Norderwerft), Wilhelmshaven (Neue Jadewerft) sowie in Australien, Bulgarien und Brunei.
Auch die künftige Dachgesellschaft NVL B.V. & Co. KG wird aus der Fr. Lürssen Werft GmbH & Co. KG ausgegründet und übernimmt ab sofort das operative Geschäft sowie alle bestehenden Aufträge im Marine-Schiffbau. An der Spitze stehen künftig die Lürssen-Manager Klaus Borgschulte und Tim Wagner als Sprecher der Geschäftsführung sowie Lena Ströbele und Dirk Malgowski.
Der Sitz bleibt in Bremen, doch die Firmierung lässt gewisse Rückschlüsse zu: Dabei handelt es sich um eine Auslandsgesellschaft nach niederländischen Recht. Sowohl von der Abspaltung als auch von der neuen Firmierung, die seit längerem geplant und vorbereitet worden sein soll, erhofft sich Lürssen mehr Flexibilität und bessere Verkaufsaussichten auf dem weltweiten Markt für Marineschiffe, ist zu hören.
»Mit den Sparten Yachten und Defence bedienen wir sehr unterschiedliche und zunehmend heterogene Märkte und Zielgruppen. Zusätzlich wächst die Komplexität im Schiffbau«, erklärt Friedrich Lürßen als Gesellschafter. Strukturen und Prozesse sollen daher noch gezielter auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt und Synergien zwischen den Standorten gehoben werden. »Wir sind überzeugt, auf diese Weise unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken zu können«, ergänzt sein Cousin Peter Lürßen.
Yacht-Sparte bleibt unverändert
Neubau und Refits der Sparte Yachten mit den Standorten In Bremen/Lemwerder (Lürssen) und in Schacht-Audorf (Lürssen-Kröger Werft) bleiben dagegen unverändert unter der Marke Lürssen mit Peter Lürßen an der Spitze bestehen. Zur Geschäftsführung, der auch alle Aktivitäten im Bereich Yacht-Refits und -Services an den Standorten Bremen und Hamburg inklusive Blohm+Voss zugeordnet sind, gehören außerdem Justus Reinke, Lena Ströbele, Sebastian Rheineck und York Ilgner.
»Damit stellt die familiengeführte Bremer Unternehmensgruppe die Weichen für eine nachhaltige und langfristige Zukunft beider Sparten«, heißt es. Zwar operieren beide Sparten mit allen zugeordneten Gesellschaften künftig getrennt voneinander, bleiben den Angaben zufolge aber unverändert Teil der familiengeführten Unternehmensgruppe.
Blohm+Voss verliert Reparaturgeschäft
Parallel dazu gibt es bei Blohm+Voss in Hamburg heftige Einschnitte, die aber nicht im Zusammenhang mit der Neuordnung stehen sollen. Das Reparaturgeschäft für Kreuzfahrtschiffe und Handelsschiffe soll nach 144 Jahren Werftgeschichte eingestellt werden. Das wurde gestern der Belegschaft auf einer Betriebsversammlung mitgeteilt. Ob die sechs, oft nicht ausreichend ausgelasteten Schwimmdocks an der Elbe verbleiben, soll bis Jahresende überprüft werden.
Stellenabbau geplant
Lürssen hatte Blohm+Voss 2016 für rund 230 Mio. € vom Finanzinvestor Star Capital Partners übernommen. Von den damals rund 1.000 Werftarbeitern sind noch etwa 580 geblieben. Obwohl seither rund 20 Mio. € in moderne Werfttechnik investiert und das Werftgelände deutlich verkleinert wurde, sind die Kosten dem Vernehmen nach zu hoch und das Reparaturgeschäft in Hamburg deshalb international nicht wettbewerbsfähig, heißt es.
»Unser Ziel, den Standort wettbewerbsfähig und langfristig erfolgreich aufzustellen,
haben wir leider noch nicht erreicht«
Werftchef Peter Lürßen.
Die Bereiche Marineschiffbau (Neubauten) und Yachts (Retrofit) sollen dagegen auch künftig bei Blohm+Voss verbleiben. Die jetzt angekündigten Einschnitte begründet Lürssen damit, dass der Vorschlag für eine neue, »beschäftigungssichernde« Tarifvereinbarung mit einer Laufzeit von 4,5 Jahren von den IG Metall-Mitgliedern in der Belegschaft mehrheitlich abgelehnt worden sei. Nun droht ein Stellenabbau – die geplanten Kosteneinsparungen sollen mit dem Betriebsrat noch ausgehandelt werden, heißt es. (KF)