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Verstopfte Häfen und Logistik in den USA sind derzeit in aller (maritimer) Munde. Die Politik will gegensteuern, mit Geld für Infrastruktur, mehr Koordination und Gesetzen gegen Reeder. Von Michael Meyer[ds_preview]

Die Störungen in den globalen Lieferketten belasten weiter auch die US-Häfen. Störungen im globalen Schiffsverkehr und schnelle Nachfrageverschiebungen haben dazu geführt, dass die Kosten für den Transport von Containern zwischen China und der US-Westküste im Vergleich zu 2019 um mehr als 90% gestiegen sind. Das Containeraufkommen stieg in der ersten Hälfte dieses Jahres um 40% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in den Häfen von Los Angeles und Long Beach, die zusammen den größten Teil der Containerladung in den US-Häfen umschlagen.

Vor den Hubs Long Beach und Los Angeles bilden sich lange Warteschlagen, zwischenzeitlich bestehend aus mehr als 90 Containerschiffen. Die Häfen sind zwar selbst nur bedingt schuld an der Misere. Aber derzeit strömen bisweilen so große Mengen an die Küsten, die so in »normalen« Zeiten nicht zu erwarten sind. Die großen Wellen im Konsum und Handel haben zu starken Ballungen geführt. Allerdings haben einige US-Häfen auch eigene Probleme, die zumindest nicht zu einer Entspannung beitragen. Die Verwerfungen der Corona-Pandemie lassen sie nun noch deutlicher hervortreten.

Philaport Philadelphia
In Philadelphia an der Ostküste erhofft sich der PhilaPort als Gateway zum Mittleren Westen
der USA Wachstum im Containersegment. 1 Mrd. $ werden in die Infrastruktur investiert (© Philaport)

Während die US-Behörden einen großen Teil der Schuld bei den Linienreedern und ihrer Container-Positionierungs-Praxis sehen und gesetzlich dagegen vorgehen wollen (HANSA 09/21) sagt der Branchenverband World Shipping Council, das sei schlicht unwahr: »Jedes Glied der Lieferkette, von Terminals über Lkw-Fahrer bis Eisenbahnwaggons und Lagerhäusern – steht unter enormer Belastung.«

Größere Schiffe, wenig Effizienz

Der im Frühsommer veröffentlichte »Container Port Performance Index 2020« (CPPI) führte keinen der großen amerikanischen Häfen unter den Top 50. Besonders bemängelt werden die langen Wartezeiten, und dabei speziell an der Westküste. Neben arbeitspolitischen Faktoren spielen auch mangelnde Investitionen in die Infrastruktur eine Rolle, meinen Kritiker.

Ein nicht ganz unwesentlicher Aspekt: Es gibt nicht nur mehr Schiffe derzeit, sie werden auch größer. So setzt die chinesische Cosco-Reederei als erste einen Megamax-Frachter in einem speziellen Transpazifik-Fahrt ein. Die »Cosco Shipping Aquarius« mit Kapazitäten für 19.273 TEU wurde von einem Fernost-Mittelost abgezogen und auf einen Dienst zwischen Asien und der US-Westküste gesetzt. Die bisher einen US-Hafen anlaufenden Megamax-Carrier kamen aus größeren Rundläufen über Europa und Asien. Im Dienst PSW6 fuhren bislang Schiffe mit 13.400 bis 14.500 TEU. Es sei »nicht das erste Mal«, dass Reedereien große Schiffe aus dem Asien-Mittelost-Verkehr abziehen, um die sehr hohe Frachtnachfrage im Transpazifik zu befriedigen und von den viel höheren Spotfrachtraten zu profitieren, schreibt der Branchendienst Alphaliner.

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Amerikanische Interessen sollen nach dem Willen der US-Behörden stärker berücksichtigt werden und im Zweifel Vorrang haben (© Pixabay)

Die Regierung Biden hat einen neuen Hafenbeauftragten zur Bewältigung der Lieferkettenprobleme ernannt. John D. Porcari soll eng mit Verkehrsminister Pete Buttigieg und dem US-Verkehrsministerium (USDOT) sowie dem Nationalen Wirtschaftsrat zusammenarbeiten, um die Überlastung der US-Häfen anzugehen.

Seit dem Start der Task Force im Juni dieses Jahres hat Buttigieg umfangreiche Kontakte und Gespräche mit Hafenakteuren geführt, etwa mit dem World Shipping Council, der Agriculture Transportation Coalition, Vertretern und führenden Unternehmen der National Retail Federation, Kommissaren der Federal Maritime Commission (FMC), Gewerkschaften und Interessenvertretern aus der gesamten Lieferkette.

17 Mrd. $ für die Infrastruktur

Darüber hinaus arbeitet die Biden-Regierung daran, im Rahmen des Bipartisan Infrastructure Deal 17 Mrd. $ für Investitionen in die Hafeninfrastruktur zu sichern. Die Mittel würden dazu beitragen, Staus und Lieferketten im Laufe der Zeit zu beseitigen, indem in Reparatur- und Wartungsrückstände investiert und Staus und Emissionen in der Nähe von Häfen reduziert werden. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden ist angesichts der deutlich sichtbaren Probleme durchaus gewillt, gegenzusteuern. Im Hinterland soll unter anderem das »America‘s Marine Highway Program« Abhilfe schaffen. Sechs neue Routen wurden angekündigt, die für einen schnelleren Abfluss der Güter aus den Seehäfen über den Wasserweg sorgen sollen. Neben dem Golf von Mexiko und New York soll explizit auch Kalifornien davon profitieren.

In Long Beach, zusammen mit Los Angeles der wichtigste Containerhafen-Komplex an der US-Westküste, sieht man sich verhältnismäßig gut aufgestellt. Der zweitgrößte Containerhafen der USA wickelt jährlich ein Handelsvolumen von 200 Mrd. $ ab. Auf einer Fläche von 3.200 ha mit 31 Meilen Kai, zehn Piers, 66 Post-Panamax-Kränen und einigen der tiefsten Liegeplätze des Landes können die derzeit größten Containerschiffe bedient werden. Seit einiger Zeit wird in die Infrastruktur investiert, 2020 wurde eine neue Brücke eingeweiht, kürzlich wurde die letzte Phase des nach eigenen Angaben »technologisch fortschrittlichsten Containerterminals der Welt«, des Long Beach Container Terminals am Middle Harbor, abgeschlossen.

In den nächsten zehn Jahren plant die Hafenbehörde Modernisierungsprojekte im Wert von 1,7 Mrd. $, um sich weiter auf die Anforderungen des globalen Handels vorzubereiten. Geplant sind unter anderem Investitionen in Höhe von 1 Mrd. $ in Schienenprojekte im Hafen, die die Zuverlässigkeit und Kapazität deutlich erhöhen, die Wettbewerbsfähigkeit stärken und für einen schnelleren Abfluss und Empfang von Waren sorgen sollen.

Häfen fordern mehr Geld

»Wir arbeiten proaktiv an der Bewältigung des anhaltenden Anstiegs der Warenströme, der durch die Nachfrage der Verbraucher nach Importen verursacht wird. Unter anderem wurde der STOR-Hafen (Short-Term Overflow Resource yard) eröffnet, um Importeuren und Exporteuren bei der Bewältigung des Frachtaufkommens zusätzlichen Platz in Hafennähe zu bieten«, heißt es gegenüber der HANSA. Zudem werden Mittel untersucht, um eine 24/7-Lieferkette zu ermöglichen, »die uns hier in den USA auf die gleiche Stufe stellt wie in Asien und in Teilen Europas«.

Insgesamt sind im ganzen Lande aber weitere politische Maßnahmen nötig, meint die Branche. So forderte der Hafenverband AAPA (American Association of Port Authorities) den Kongress unlängst auf, im Rahmen des American Jobs Plan der Biden-Administration sofortige und umfangreiche Investitionen in Häfen zu tätigen. Eine beträchtliche Zufuhr von Bundesgeldern werde auch private Finanzmittel freisetzen, so die Hoffnung.

AAPA-CEO Chris Connor, sagte: »Die gegenwärtigen Störungen werden mit der Zeit abnehmen, aber angesichts des prognostizierten Anstiegs des Welthandelsvolumens ist es jetzt an der Zeit, dass der Bund erheblich und nachhaltig in eine stärkere und widerstandsfähigere Hafeninfrastruktur investiert.«

Der Senat hatte Infrastrukturmittel in Höhe von 1,2 Bio. $ freigegeben, das 5,23 Mrd. $ Dollar ausschließlich für Hafenprogramme und weitere 27,1 Mrd. $ für neuere, förderfähige Programme für Häfen enthält. »Dies ist ein guter Anfang«, so die Reaktion des AAPA, aber mehr müsste getan werden.