Die Unternehmensgruppe Lürssen spaltet die Marinesparte ab, um wettbewerbsfähiger zu werden. Parallel gibt es bei der Traditionswerft Blohm+Voss eine schmerzhafte Zäsur und das Ende einer Ära – das Reparatur-Geschäft wird aufgegeben.[ds_preview] Von Krischan Förster

Im Mai 2020 war es, als eine mögliche Fusion im deutschen Marineschiffbau durch den Blätterwald rauschte. Die Werftengruppe Lürssen aus Bremen und German Naval Yards aus Kiel kündigten ein Zusammengehen an, den Aufbau eines nationalen Champions. Anderthalb Jahre später ist von dem Vorhaben nichts mehr zu hören. Stattdessen räumt Lürssen jetzt im eigenen Haus auf.

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Der Marineschiffbau bleibt bei Blohm+Voss in Hamburg, doch das Reparaturgeschäft für Handels- und Kreuzfahrtschiffe wird aufgegeben (© Lürssen)

In dem Familienunternehmen, seit 1983 in vierter Generation von den Cousins Friedrich (72) und Peter Lürßen (62) geführt, hatten der zivile und militärische Schiffbau viele Jahrzehnte lang bestens nebeneinander und unter einem Dach funktioniert, wurden Mega-Yachten für reiche Kunden ebenso gebaut wie Korvetten oder Fregatten für die deutsche Marine sowie Patrouillenboote für den Export.

Das Unternehmen hatten in der jüngeren Vergangenheit noch einmal kräftig expandiert und sich neue Dock- und Hallenkapazitäten gesichert – für das Marine- und auch das Reparaturgeschäft. Erst die Norderwerft (2012), dann die Peene-Werft in Wolgast (2013) und schließlich vor fünf Jahren Blohm + Voss, die Werft mit dem klangvollen Namen.

Anforderungen und Nachfrage haben sich zuletzt geändert, auch für Lürssen. Yacht-Eigner fragen nicht mehr nur nach Mega-Yachten wie der »Azzam«, die das Bremer Unternehmen als Weltmarktführer baut, sondern nach etwas kleineren, dafür aber umso »grüneren« Schiffen, für die es deutlich mehr Wettbewerber gibt. Der Marineschiffbau ist zwar mittlerweile wegen der Sicherung des technischen Know-hows und der nationalen Sicherheitsinteressen in Deutschland zur Schlüsselindustrie erklärt worden, der Auftrag für die neuen MKS-180-Kampfschiffe ging allerdings an die niederländische Damen Group. Für Lürssen, zuvor im Verbund mit TKMS und GNYK eigentlich in jeder Arge gesetzt, blieb nur eine Junior-Rolle.

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In Bremen baut Lürssen erfolgreich Mega-Yachten (© Lürssen / Klaus Jordan)

Angesichts der verschärften Marktsituation ziehen die Familienpatriarchen vom Weser-Ufer jetzt Konsequenzen und organisieren ihr Unternehmen neu: Der Marineschiffbau wird ausgegliedert und in die neue, selbständige Sparte Naval Vessels Lürssen (NVL) überführt.

Die neue Holding vereint künftig alle sogenannten »Defence«-Standorte in Wolgast (Peene-Werft), Hamburg (Blohm+Voss, Norderwerft), Wilhelmshaven (Neue Jadewerft) sowie die Auslandsstandorte in Australien, Bulgarien und Brunei. Die künftige Dachgesellschaft NVL B.V. & Co. KG wird aus der Fr. Lürssen Werft GmbH & Co. KG ausgegründet und übernimmt ab sofort das operative Geschäft sowie alle bestehenden Aufträge im Marine-Schiffbau. An der Spitze stehen die Lürssen-Manager Klaus Borgschulte und Tim Wagner als Sprecher der Geschäftsführung sowie Lena Ströbele und Dirk Malgowski.

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Die Neue Jadewerft in Wilhelmshaven (© Lürssen)

Die Firmierung lässt gewisse Rückschlüsse zu: Bei einer B.V. handelt es sich um eine Auslandsgesellschaft nach niederländischen Recht. Spekuliert wird daher, dass spätere Kooperationen oder Fusionen erleichtert werden sollen.

Vorerst will man davon bei Lürssen nichts wissen. Es handle sich schließlich um eine Gesellschaft mit Sitz in Bremen. Beide Sparten bleiben den Angaben zufolge unverändert Teil der familiengeführten Unternehmensgruppe.

Von der Trennung des militärischen vom zivilen Schiffbau, die seit längerem geplant und vorbereitet worden sei, erhoffe man sich mehr Flexibilität und bessere Verkaufsaussichten auf dem weltweiten Markt für Marineschiffe, der immer komplexer werde, heißt es.

Strukturen und Prozesse sollen daher noch gezielter auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt und Synergien zwischen den Standorten gehoben werden. »Wir sind überzeugt, auf diese Weise unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken zu können«, ergänzt sein Cousin Peter Lürßen.

Harte Einschnitte bei Blohm+Voss

Blohm+Voss werde in dem Defence-Verbund weiter eine wichtige Rolle spielen, betont ein Unternehmenssprecher. Das gelte für Neubauten wie auch Wartungsaufträge. Auch Yacht-Retrofits werden in Hamburg weiter angeboten.

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Die Norderwerft in Hamburg (© Förster)

Keine Zukunft gibt es hingegen für das zivile Reparaturgeschäft, mit den imposanten Docks an der Elbe gegenüber den Landungsbrücken bislang prägend für das maritime Hamburg.

Künftig werden keine Frachter und keine Kreuzfahrtschiffe mehr zu sehen sein, ultimativ wird eine 144-jährige Tradition beendet und vermutlich einem Viertel der rund 580 Beschäftigten gekündigt. Die Einschnitte begründet Lürssen damit, dass der Vorschlag für eine neue, »beschäftigungssichernde« Tarifvereinbarung mit einer Laufzeit von viereinhalb Jahren von den IG Metall-Mitgliedern in der Belegschaft abgelehnt worden sei.

Als Lürssen die Werft Blohm+Voss 2016 für rund 230 Mio. € vom Finanzinvestor Star Capital Partners übernahm, waren es noch 1.000 Werftarbeiter. Seither wurde verkleinert, aufgeräumt und für bislang 20 Mio. € modernisiert. Dennoch, so lautet jetzt die Begründung, sind die Kosten zu hoch, das Reparaturgeschäft in Hamburg sei international nicht länger konkurrenzfähig.

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Die Peene-Werft in Wolgast (© Behling)

»Unser Ziel, den Standort langfristig erfolgreich aufzustellen, haben wir leider noch nicht erreicht«, so Werftchef Peter Lürßen. Es steht nicht einmal fest, ob die Schwimmdocks, darunter Elbe 10, überhaupt bleiben. Das soll bis Jahresende abschließend überprüft werden, heißt es.

Yacht-Sparte bleibt unverändert

Neubau und Refits in der Sparte Yachten mit den Standorten in Bremen/Lemwerder (Lürssen) und in Schacht-Audorf (Lürssen-Kröger Werft) bleiben unverändert unter der Marke Lürssen mit Peter Lürßen an der Spitze bestehen. Zur Geschäftsführung, der auch alle Aktivitäten im Bereich Yacht-Refits und -Services an den Standorten Bremen und Hamburg inklusive Blohm+Voss zugeordnet sind, gehören außerdem Justus Reinke, Lena Ströbele, Sebastian Rheineck und York Ilgner.