VSM Reinhard Lüken
VSM-Hauptgeschäftsführer Reinhard Lüken (Foto: VSM)
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Die Insolvenz gleich vier großer Werftstandorte zum Jahresbeginn zeigt, dass der Schiffbaustandort Deutschland einen Plan B neben den High-end-Nischenmärkten. Den brauchen nicht nur die MV-Werften nun schleunigst, meint  der Hauptgeschäftsführer des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik (VSM).[ds_preview]

Die Pleite der Werftstandorte in Rostock, Stralsund, Wismar und Bremerhaven habe nicht nur die Mitarbeiter und betroffen Regionen schwer erschüttert, so VSM-Hauptgeschäftsführer Reinhard Lüken in einem aktuellen Rundschreiben. Die Insolvenzen unterstrichen auch den dringenden Handlungsbedarf und setzten gleich zu Beginn der Amtsperiode der neuen Bundesregierung das Schiffbauthema auf die Tagesordnung.

Die Insolvenz der Genting-Werften sei als solche wenig überraschend gekommen, meint Lüken. Er kritisiert aber, dass im Vorfeld zu viel wertvolle Zeit vergeudet worden sei. »Fast zwei Jahre lang wurde alle Energie in das Überleben der kommenden Monate investiert – wertvolle Zeit, in der eigentlich ein dauerhaft tragfähiger Plan B hätte reifen müssen. So steht die ohnehin nicht einfache Aufgabe für den Insolvenzverwalter zusätzlich unter Zeitdruck.«

Dabei sei Zeit essenziell, damit nicht nur kurzfristige Probleme abgefedert, sondern langfristig solide Lösungen gefunden werden könnten, sagt Lüken. Er hofft, dass der Bundeswirtschaftsminister einen Plan B unterstützt, dessen wesentliche Randbedingungen vom VSM schon seit Beginn der Pandemie eingefordert wird: die Politik muss geeignete Rahmenbedingungen schaffen, damit Schiffbau in Deutschland und der EU wieder auf einer breiteren Basis realistische Perspektiven erhält.

»Die Pandemie hat uns brutal auf die Schwächen einer Strategie hingewiesen, die allein auf High-end-Nischen setzt. Diese werden auch in Zukunft weiterhin eine tragende Rolle haben, die deutsche maritime Industrie braucht aber zusätzliche Standbeine auch in den Volumenmärkten. Davon gibt es im EU-Binnenmarkt zu Glück reichlich«, so Lüken.

»Dazu muss Europa selbst in der Lage sein«

Um die europäischen Klimaziele zu erreichen, müsse die Handelsflotte schneller umgebaut und ausgetauscht werden, damit sie effizient und klimaneutral arbeiten könne. Hier sieht er Chancen für deutsche Werften, ebenso im Ausbau der erneuerbaren Energiegewinnung offshore durch smarte Konzepte und optimierte Schiffe.

»Wir brauchen Lösungen, um künftig saubere Energieimporte leisten und neue Märkte wie Carbon Capture and Storage bedienen zu können. Dazu muss Europa selbst in der Lage sein. Eine immer weiterwachsende Abhängigkeit von China kann für unseren Lebens- und Wirtschaftsraum keine Lösung sein«, so der VSM-Chef.

Die erforderlichen, enormen Investitionen sollten nach seinem Dafürhalten für ein starkes, nachhaltiges Wachstum für Schiffbau und die gesamte industrielle Wertschöpfungskette in Europa genutzt werden. »Seit Jahrzehnten ist Schifffahrtsförderung in der EU blind bei der Frage, wo Wertschöpfung entsteht«, so Lüken.