Der Ukraine-Krieg hinterlässt auch auf deutschen Schiffen Spuren. Die Gewerkschaft Ver.di hat alle Hände voll zu tun, um die Auswirkungen auf das Leben und die Arbeit von Seeleuten abzufedern. Mit deutschen Reedern arbeitet man vielfach »Hand in Hand« und beobachtet viel Verständnis. Allerdings nimmt man die Unternehmen auch in die Pflicht – in punkto »Ukraine«, aber auch zum Thema »Ausbildung«.
Ver.di-Bundesfachgruppenleiterin »maritime Wirtschaft« Maya Schwiegershausen-Güth spricht in der neuen Folge des HANSA PODCASTs ausführlich über positive und negative Erfahrungen der vergangenen Wochen. Ein großer Teil der Seeleute auf Schiffen deutscher Reeder kommt aus der Ukraine und aus Russland.
Die Situation sei »alles andere als entspannt«, sagt Schwiegershausen-Güth. Angesichts der Gefahr von Verhaftungen für ukrainische Seeleute schaue man, dass man sie von Bord bekommt, wenn der nächste Anlauf in Russland geplant ist. »Das haben wir ganz gut mit den Reedern hinbekommen«, so die Expertin.
Eine große Herausforderung ist die Visa-Thematik, wenn Arbeitsverträge auslaufen. Die Politik müsse außerdem Korridore schaffen, aber es seien natürlich auch Reeder gefordert: »Ihr habt eine Pflicht, euch um eure Leute zu kümmern«, sagt Schwiegershausen-Güth, die auch von unterschiedlichen Ansichten in Bezug auf Heuer-Ansprüche berichtet. »Über einen Kamm scheren« will die Gewerkschafterin alle Reeder aber nicht: »Wir arbeiten gut mit einigen zusammen. Es gibt aber auch solche, die können deutlich mehr tun.«
Es gab und gibt ukrainische Seeleute, die von Bord gehen und für ihr Heimatland in den Krieg ziehen wollen – genauso wie solche, die ihre Verträge bewusst verlängern, um an Bord bleiben zu können. Bisweilen hapere es dann jedoch an der Unterstützung durch den Reeder, wenn einem Seemann beispielsweise nicht ausreichend Zeit gewährt wird, sich um einige Belange für seine in der Heimat festsitzende Familie zu kümmern.
Wichtig ist der Gewerkschaft nicht zuletzt und nach wie vor die Sicherung des maritimen Knowhow in Deutschland. Schwiegershausen-Güth fordert im Podcast mehr Ausbildungsplätze auf Schiffen hiesiger Reeder und erläutert ihre Sorge um den Standort. Die Meinung, dass die Politik den Reedereien für deren Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Geschäft bessere Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen sollte, teilt sie nicht. »Dazu habe ich eine dezidiert andere Meinung«, sagt die Ver.di-Expertin und gibt Einblicke in ihre Ansichten zu »Förderung und Forderung«.
Hören Sie komplette Episode hier oder auf allen gängigen Podcast-Portalen. Maya Schwiegershausen-Güth spricht über:
- Zusammenarbeit mit Reedereien
- die Mühlen der deutschen Bürokratie
- Auswirkungen des Ukraine-Kriegs: Meinungsverschiedenheiten an Bord, Visa-Probleme, Familienzusammenführungen, Heuer-Ansprüche
- politisches Lippenbekenntnis oder echte Hilfe? Seeleute als Schlüsselarbeitskräfte
- Crew Change in Zeiten gestörter Lieferketten
- den nötigen langen Atem in der Arbeit für die Interessen von Seeleuten
- Mängel in der maritimen Ausbildung und Sorgen um den Berufsstand
- »Fatigue« und Belastung an Bord
- deutsche Energie-Importe – Stichwort LNG-Terminals – und Qualifizierungsbedarf für Seeleute