Eine französische Großbank soll ihre Fühler nach der ehemaligen HSH Nordbank ausstrecken. Experten befürchten Engpässe für Schiffsfinanzierungen, wenn das Hamburger Institut geschluckt wird.[ds_preview]
Erste Meldungen über einen angeblich bevorstehenden Verkauf der Hamburg Commercial Bank (HCOB) tauchten schon im März auf. Jetzt verdichten sich die Spekulationen, dass die Mehrheitseigner des Instituts – die Finanzinvestoren Cerberus und JC Flowers – konkrete Interessenten für die 2018 privatisierte ehemalige HSH Nordbank am Haken haben.
In Hamburger Finanzkreisen machen Gerüchte die Runde, wonach die Crédit Agricole, eine der größten französischen Geschäftsbanken, jetzt eine eingehende Prüfung der HCOB vornehme. »Da sind echte Verkaufsaktivitäten im Gange«, berichtet ein Marktinsider. Von der Bank selbst heißt es dazu gegenüber der HANSA, dass man die Gerüchte nicht kommentieren wolle. Allerdings hatte Vorstandschef Stefan Ermisch bereits im Februar eindeutige Signale ausgesendet, als er anlässlich der Bekanntgabe der Jahresbilanz 2021 sein Institut als »super attraktiv« und aufgeschlossen für eine Beteiligung am Konsolidierungsprozess der Branche bezeichnete.
Die Transformation – will heißen: die Sanierung und Neuausrichtung der HCOB nach ihrer staatlichen Rettung und späteren Privatisierung – sei erfolgreich abgeschlossen, hatte Ermisch erklärt. So konnte die Bank für 2021 einen Gewinn von 351 Mio. € vorweisen, nach 102 Mio. € im Vorjahr.
Unruhe im Markt
In Schiffsfinanzierungskreisen sorgen die Gerüchte über einen möglichen Verkauf an die Crédit Agricole für Unruhe. Zwar gehört die französische Bank selbst zu den ganz großen Schiffskreditgebern. Die griechische Marktforschungsfirma Petrofin führt die Crédit Agricole mit einem Schiffskreditbuch von 13,5 Mrd. per Ende 2020 auf Platz 6 unter den internationalen Schiffsbanken. Doch ihre Kreditpolitik soll sich deutlich von der des kleineren Wettbewerbers HCOB mit seinem Schiffskreditvolumen von 3,9 Mrd. € (per Ende 2021) unterscheiden.
So betreiben die Franzosen das Geschäft hauptsächlich als Unternehmens- bzw. »Corporate«-Finanzierung mit zusätzlicher Besicherung durch Schiffe, wohingegen die HCOB noch klassische Objektfinanzierung (»non-recourse«) für einzelne Schiffsgesellschaften anbietet. »Die HCOB gibt auch mal eine Finanzierung von 60% auf ein Schiff oder eine Flotte und braucht nicht unbedingt einen starken Corporate dahinter«, berichtet ein Manager aus der Schifffahrt.
Dieser Ansatz der reinen »Asset-Finanzierung« gekoppelt mit einer Schiffshypothek sei gerade für den deutschen Markt sehr wichtig, weil viele Tramp-Reedereien hierzulande keine ausreichend starke Bilanz als Haftungsbasis vorweisen können. »Beim Eigenkapital drückt nach wie vor der Schuh, seit der KG-Markt mit großem Publikum unwiederbringlich verloren gegangen ist«, so der Manager.
Sollte die HCOB unter das Dach einer Bank wie die Crédit Agricole wechseln und ihre eigene Kreditpolitik aufgeben, drohe ein »signifikanter Einschlag« für die deutsche Schiffsfinanzierung, heißt es. Für reine Asset-Finanzierungen stünden dann in Deutschland nur noch deutlich kleinere Player zur Verfügung wie die Ostfriesische Volksbank (OVB), die Oldenburgische Landesbank (OLB), die NIBC oder die CIT. Die größten unter ihnen – die OVB und die zur First Citizens Bank gehörende CIT – kommen jeweils auf ein Schiffskreditbuch von knapp 1 Mrd. €. Einen Wegfall der HCOB im Segment der reinen Asset-Finanzierungen könnten sie demnach kaum auffangen. (mph)