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Der Einstieg der staatlichen chinesischen Schifffahrtsgruppe Cosco bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen ist zum Politikum geworden. Aus kommerzieller Sicht gewinnen Terminal-Beteiligungen von Reedereien oder Ladungskunden aber an Bedeutung[ds_preview]

Schon länger wird für den Hamburger Hafen die Konkurrenz aus den Westhäfen Antwerpen und Rotterdam immer stärker. Vor allem, wenn Container-Ladung knapp ist und das Umschlaggeschäft volatiler wird, zahlt sich für den niederländischen und belgischen Hafen die Strategie aus, Terminals mit Reedereibeteiligung zu haben. Denn die Schifffahrtsunternehmen lasten dann zunächst ihre eigenen Anlagen aus.

Auch in Deutschland gibt es das: In Bremerhaven sind die Reedereien Maersk und MSC am North Sea Terminal beteiligt – was in den letzten Jahren vermutlich weitere Verluste von Marktanteilen verhindert hat. Während Hapag-Lloyd mit der Bestellung neuer 23.500-TEU-Schiffe beim Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven eingestiegen ist, bleibt Hamburg noch ohne Reedereipartner im Umschlag. Das soll sich nun mit dem Einstieg der chinesischen Schifffahrtsgruppe Cosco über die Tochter Cosco Shipping Ports (CSPL) am HHLA-Terminal Tollerort (CTT) ändern. Nach letzten Verhandlungen darf Cosco aber anstatt der ursprünglich geplanten 35 % nur noch knapp 25% erwerben und erhält kein Mitspracherecht, wie das Bundeskabinett Ende Oktober entschied.

Alle sechs mit der Investitionsprüfung befassten Bundesministerien hatten den Einstieg des Staatskonzerns abgelehnt und davor gewarnt, sich angesichts des wirtschafts- und geopolitischen Gebarens vom Handelspartner China weiter abhängig zu machen, ihm gar Mitspracherechte bei kritischer Infrastruktur zu gewähren.

Eine strategische Beteiligung ist nun abgewendet, die reine Finanzbeteiligung für Cosco ist nun ein politischer Kompromiss. Der Bundeskanzler und ehemalige Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz wollte den Deal allen Warnungen aus den eigenen Ministerien und von internationalen Partnern zum Trotz. Ob Cosco nun den abgespeckten Handel auch noch durchziehen will, muss sich zeigen. Dem Vernehmen nach werden die Chinesen aber die 24,9 % am CTT übernehmen. Der Hamburger Terminalkonzern HHLA hofft damit auf eine gewisse feste Menge an Containerumschlag.

Cosco hält in Europa weitere Terminalbeteiligungen. In Griechenland halten die Chinesen 100 % am Containerterminal Piräus. Am CSP Zeebrugge Terminal hält Cosco 90 %, am CSP Valencia Terminal 51 %. Beim Euromax Terminal in Rotterdam sind es knapp 18 %, in Antwerpen hält Cosco eine 20-prozentige Terminalbeteiligung. Hinzu kommen im Bereich Europa und Mittelmeer weitere Standorte wie Bilbao, Vado Ligure und das Suez Canal Terminal in Port Said.

COSCO Terminal Portfolio Overseas
Coscos Terminalportfolio außerhalb Chinas © Cosco

Auch diverse andere Reeder sind in dieser Art aktiv: Die dänische Reederei Maersk ist im Bereich Europa/Mittelmeer an Terminals in Rotterdam, Bremerhaven, Barcelona, Izmir und Port Said beteiligt. MSC ist über die Terminal-Tochter TiL mit Containerumschlaganlagen in Antwerpen, Rotterdam, Bremerhaven, Liverpool und Le Havre verbunden. Die zur französischen Gruppe CMA CGM gehörenden CMA Terminals und Terminal Link betreibt – zusammen mit China Merchants – Anlagen unter anderem in Rotterdam und Algeciras. Hapag-Lloyd ist nicht nur am Eurogate-Terminal in Wilhelmshaven eingestiegen und in Tanger beteiligt, auch am Mittelmeerhafen im ägyptischen Damietta will die Hamburger Reederei am geplanten neuen Terminal einsteigen.

Minderung des Marktrisikos

Reedereibeteiligungen an Terminals sind aus kommerzieller Sicht sicher sinnvoll, die HHLA und die Hamburger Hafenwirtschaft begrüßen daher das »Ja« zum Cosco-Einstieg. Glaubt man einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens Drewry ist das Engagement von Reedereien ein Schlüssel zum Erfolg für Containerterminals, als ein wichtiger Faktor zur Minderung des Marktrisikos. Dies sei beispielsweise im marokkanischen Hafenkomplex Tanger Med sehr deutlich zu erkennen. Hier hält die Reederei Hapag-Lloyd eine strategische 10 %-Beteiligung am Tanger Alliance Terminal (TC3). Diese habe seit der Eröffnung im Januar 2021 zu einem steilen Anstieg des Umschlags geführt. Im ersten Betriebsjahr wurden über 900.000 TEU umgeschlagen, was einer Auslastung von 60 % der 1,5-Mio.-TEU-Kapazität entspricht. Außerdem wurde im ersten Betriebsjahr ein Gewinn erwirtschaftet.

Für das erste Halbjahr 2022 wurde ein Umschlag von über 500.000 TEU gemeldet (+38 %). Drewry verzeichnete in den zwölf Monaten bis zum 3. Quartal 2022 einen Anstieg der Anläufe um 5 %. Tanger Alliance befindet sich mehrheitlich im Besitz von Marsa Maroc (50 % + eine Aktie), 40 % werden von Eurogate und Contship Italia kontrolliert, und Hapag-Lloyd hält die restlichen 10 %. Da Eurogate und Contship Italia zusammen 40 % der Anteile am Eurogate-Terminal Tanger halten, war das Markteintrittsrisiko für Tanger Alliance laut Drewry bereits gering. Darüber hinaus ist Hapag-Lloyd Mitglied der Linienreedereiallianz THE Alliance, die eine Reihe von Diensten vom Eurogate Tanger Terminal verlagert hat, was zu einem Rückgang des Umschlags um 22 % im Jahr 2021 beigetragen hat, obwohl das Volumen im ersten Halbjahr 5 % über dem Niveau des ersten Halbjahres 2020 lag.

Andere angekündigte Terminalinvestitionen folgen nach Beobachtung von Drewry einem ähnlichen Modell. So zum Beispiel die Investition von TIL/Notarc in den Containerhafen am Panamakanal, die geplanten Joint-Venture-Investitionen von Hutchison Ports mit CMA Terminals und Cosco Shipping Ports in Sokhna und mit TIL in El Dekheila. Im Gegensatz dazu geht DP World eine Partnerschaft mit der indonesischen Maspion Group ein, um einen neuen Hafen und Logistikpark in Gresik zu entwickeln. So wie Reedereien Hafenanläufe garantieren können, wird erwartet, dass die Partnerschaft mit einem großen Ladungseigner ein Basisvolumen für die Entwicklung dieses Gateway-Hafens liefert. Drewry geht davon aus, dass Terminal-Investoren angesichts des sich verlangsamenden Handels und der sinkenden Renditen verstärkt darauf achten werden, sich die Dienste von »Anker-Reedereien« und/oder Verladern zu sichern. fs

Abstract: Cosco-HHLA-terminal-deal – geopolitics vs. business

The state-owned Chinese shipping group Cosco’s investment in a terminal in Hamburg has become a (geo)political issue. From a commercial point of view, however, terminal investments by shipping companies or major cargo customers are gaining in importance.