Bei einem Auftrag der Marine für drei Flottendienstboote droht eine Kostenexplosion. An der Vergabe ohne vorherige Leistungsbeschreibung wächst die Kritik.[ds_preview]
Lürssen war im Juni 2021 mit dem Bau von insgesamt drei neuen Flottendienstbooten für die deutsche Marine beauftragt worden. Investitionsvolumen: rund 2 Mrd. €. Der Auftrag soll allerdings trotz einer Warnung des Bundesrechnungshofs ohne die sonst übliche, detaillierte Leistungsbeschreibung an die Bremer Werftengruppe vergeben worden sein. Das haben Recherchen von WDR, NDR und »Süddeutscher Zeitung« ergeben.
Die rund 130 m langen neuen Flottendienstboote sollen der Marine zur elektronischen Aufklärung und Informationsbeschaffung dienen und dafür mit modernster Sensorik ausgerüstet werden. Sie werden ab 2026 die Einheiten der »Oste«-Klasse ersetzen.
Die Prüfer hatten laut einem vertraulichen Bericht noch vor der Auftragsvergabe »erhebliche Bedenken« angemeldet. Grund: Es sei nicht festgeschrieben worden, welche Leistungen Lürssen überhaupt erbringen soll. Der Rechnungshof warnte demnach vor dem Risiko, dass die Kosten aufgrund des lückenhaften Vertrages deutlich steigen könnten. Dies zeichnet sich nach Angaben des SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz jetzt ab.
»Es kommen klare Signale aus dem Verteidigungsministerium, dass die kalkulierten Festpreise, entgegen den Erklärungen der Vergangenheit, nicht auskömmlich sind und ein finanzieller Nachschlag in einem bestimmt dreistelligen Millionenbereich benötigt wird«, sagt Schwarz. Nähere Angaben machte keine der beteiligten Parteien. Das Beschaffungsvorhaben ist als »Verschlusssache« eingestuft.
Das Verteidigungsministerium rechtfertigte die Vorgehensweise dem Bericht zufolge als »innovativen Ansatz«. Der Bund erarbeite gemeinsam mit dem Auftragnehmer die Bauspezifikation, um sowohl die Qualität als auch die Erstellungsdauer deutlich zu verbessern, wie es heißt.