Deutsche Wissenschaftler vom Fraunhofer CML wollen gemeinsam mit Fintraffic den UKW-Funk weiterentwickeln.

Dafür hat das Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen (CML) mit dem Vessel Traffic Service Center (VTS) Fintraffic ein Forschungsprojekt gestartet. In Zukunft soll ein automatisches Spracherkennungssystem, das künstliche Intelligenz nutzt, den Sprechfunkverkehr in Textform für die Schiffsverkehrszentralen von Fintraffic umwandeln und bereitstellen – und zwar in Echtzeit. Dies wird die korrekte Interpretation von Meldungen unterstützen, insbesondere in herausfordernden Situationen.

»Die Vessel Traffic Services von Fintraffic sind rund um die Uhr für das UKW-Sprechfunksystem, das die gesamte finnische Küste abdeckt, in Bereitschaft. Der UKW-Sprechfunk ist eines der zentralen Instrumente in unserer Arbeit. Die jüngste Entwicklung im Zusammenhang mit dem UKW-Sprechfunk auf See ermöglicht die Verknüpfung von Maschinellem Lernen und Künstlicher Intelligenz mit dem traditionellen Funkverkehr, den wir nun in Finnland weiter erforschen«, sagt Olli Soininen, Programmmanager bei Fintraffic’s Vessel Traffic Services.

Prototyp geht 2024 an Start

Fraunhofer CML macht mit Finntrafic den Sprechfunk intelligenter
Fraunhofer CML und Finntrafic wollen den UKW-Funk neu erfinden

»In dem jetzt beginnenden Forschungsprojekt werden wir die Eignung des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung in Finnlands VTS untersuchen. Dafür werden wir einen Prototyp auf nationaler Ebene aufbauen und damit unter anderem die automatische Spracherkennung als Unterstützung für den normalen Funkverkehr testen«, fährt Mika Nyrhilä, Projektleiter bei Fintraffic’s Vessel Traffic Services, fort.

Die Schiffsverkehrszentrale von Fintraffic will bereits im Jahr 2024 diesen Prototyp testen. Neben dem Modell für die Spracherkennung im UKW-Sprechfunk wird im Rahmen des Entwicklungsprojekts eine Grundlage für die Erstellung von Einweg-UKW-Sprechfunkdurchsagen mit Sprachsoftware geschaffen, die Echtzeit-Lagebilder des Schiffsverkehrs nutzt. Die mit der Sprachsoftware erstellten automatischen Übertragungen sollen 2024 erstmals in den nautischen Informationen der finnischen Küstenfunkstelle Turku Radio getestet werden.

Künstliche Intelligenz für die korrekte Verschriftlichung

Das Forschungsprojekt kombiniert die bisherigen Erfahrungen des Fraunhofer CML im Bereich der Spracherkennung mit der Kompetenz von Fintraffic in Bezug auf Betrieb und Besonderheiten des maritimen Sprechfunks.

»Für die Kommunikation auf See gibt es eine Reihe typischer Faktoren, die das Verstehen und Empfangen von Nachrichten erschweren. Oft übertönen Motorengeräusche die Sprache, und die Besatzungen setzen sich aus Menschen aus verschiedenen Ländern mit eigenen Akzenten und Dialekten zusammen. Das alles sind Probleme, die gelöst werden müssen, um die Kommunikation auf See zu verbessern«, sagt Maximilian Reimann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer CML.

Im Seeverkehr werden UKW-Funkgeräte seit Jahrzehnten für die Kommunikation zwischen Schiffen und Land eingesetzt. Mit dem Funkgerät können Schiffe eine direkte Sprechverbindung mit einer Küstenstation oder einem anderen Schiff herstellen sowie Notdienste kontaktieren.

Die Bedeutung des Systems für die Sicherheit des Schiffes ist so groß, dass es auf allen größeren Seeschiffen ausrüstungspflichtig ist. Die Qualität der UKW-Kommunikation auf See wird jedoch von mehreren Faktoren beeinflusst. Neben Sprache und Motorengeräuschen können die Entfernung zwischen den Akteuren, der Höhenunterschied zwischen Sender- und Empfängerantenne sowie unterschiedliche meteorologische Bedingungen die Verständlichkeit einer Nachricht beeinflussen.


Über das Fraunhofer CML

Das Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen CML entwickelt innovative Lösungen für den maritimen Sektor und die maritime Supply Chain. Es unterstützt Unternehmen und Einrichtungen aus Schifffahrt, Hafenwirtschaft und Logistik bei der Initiierung und Umsetzung zukunftsorientierter Technologien und Prozesse.

Ausgehend von alltäglichen Herausforderungen, erarbeiten interdisziplinären Teams vom Fraunhofer CML kundenspezifische Lösungen für private und öffentliche Auftraggeber. In den vier Forschungsfeldern Maritime Logistik, Hafen, Schifffahrt und Autonome Maritime Systeme sie neueste wissenschaftliche Erkenntnisse aus der vielfältigen Forschungstätigkeit in praxisorientierte Anwendungen. Dabei stehen Lösungen für eine durchgängige Digitalisierung und Prozessautomatisierung, Dienstleistungskonzepte sowie KI-gestützte Datenauswertung ebenso im Fokus wie autonome maritime Systeme und die nachhaltige Schifffahrt.

Die innovativen Konzepte werden am CML durch Simulation, Modelle und im Realbetrieb getestet und verbessert. Das Fraunhofer CML wurde 2010 als Teil des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik IML in Hamburg gegründet.

Über Fintraffic VTS

Fintraffic bietet und entwickelt Verkehrskontroll- und -managementdienste in allen Verkehrsformen und sorgt für einen sicheren und reibungslosen Verkehr in Finnland.

Das Schiffsverkehrsmanagement erbringt Schiffsverkehrsdienste (VTS) für die Handelsschifffahrt und den sonstigen Seeverkehr und unterhält den Sicherheitsfunkbetrieb. In Finnland wird der Schiffsverkehrsdienst von den drei VTS-Zentren der Fintraffic’s Vessel Traffic Services angeboten. Die Überwachungsgebiete der Zentren umfassen alle küstennahen Handelsschifffahrtswege und das Saimaa-Tiefwasserfahrwasser.

Ziel des Schiffsverkehrsdienstes ist es, die Sicherheit des Seeverkehrs zu verbessern und die Effizienz und den freien Fluss des Schiffsverkehrs zu erleichtern. Außerdem sollen Unfälle verhindert und mögliche Umweltgefahren eingedämmt werden.