Es geht um mehr als 1 Mio. Barrel Öl aus einem jahrelang vor sich hin liegenden Tanker: Die niederländische Boskalis-Gruppe hat einen Großauftrag von den Vereinten Nationen bekommen, der sie an die Tanks der »FSO Safer« vor dem Jemen führt.
Über die Tochtergesellschaft Smit Salvage wurde eine Vereinbarung mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) getroffen. Dabei geht es um die Ölbeseitigung aus dem vor der jemenitischen Küste des Roten Meeres vertäuten »FSO Safer«, wie Boskalis jetzt bestätigte. Es handele sich um ein Projekt als Teil der von den Vereinten Nationen koordinierten »Operation zur Entfernung und Umladung von mehr als einer Million Barrel Öl aus einem maroden Tankschiff in ein sicheres modernes Tankschiff und zur verantwortungsvollen Entsorgung der ›Safer‹.«
Ein wichtiger Schritt für den Fortgang des Projekts war bereits der Verkauf des Tankers durch die belgische Euronav-Reederei im März. Sie hatte die »Safer« für rund 55 Mio. $ abgegeben. Das 1976 gebaute und 1987 umgebaute Schiff liegt als schwimmende Lagereinheit FSO etwa 9 km vor der jemenitischen Küste des Roten Meeres und 50 km nordöstlich des Hafens von Hodeida.
»Schätzungsweise 1,14 Millionen Barrel Rohöl« dürften noch an Bord seien, heißt es. Der 406.639-Tonner gilt als eines der größten jemals gebauten Schiffe. Es war mehr als dreißig Jahre lang vor dem Jemen positioniert. Seit Ausbruch des Bürgerkriegs 2015 ist es jedoch ohne Strom und ohne Wartung den Witterungsbedingungen vor Ort ausgesetzt und wurde immer stärker zu einer großen Gefahr für die Umwelt.
Die UN will schlimmeres verhindern: Allein die Kosten für die potenziellen Aufräumarbeiten werden auf 20 Mrd. $ geschätzt, sollte es zu einer Ölkatastrophe kommen. »Die Unterbrechung des Schiffsverkehrs durch die Meerenge Bab al-Mandab zum Suezkanal könnte täglich weitere Milliarden an Verlusten im Welthandel verursachen, wie dies nach dem Festfahren der ›Ever Given‹ im Kanal im Jahr 2021 der Fall war«, so ein UN-Statement heute.
Aufgrund der fehlenden Wartung bestehe die Gefahr, dass die »Safer« explodiert oder auseinanderbricht, was katastrophale ökologische und humanitäre Auswirkungen auf die Region hätte, schreibt Boskalis jetzt.
Peter Berdowski, CEO von Boskalis, sagte: »Seit 2021 unterstützen wir die UN bei ihren Bemühungen, eine potenzielle massive Umwelt- und humanitäre Katastrophe vor der Küste des Jemen abzuwenden. Wir sind hocherfreut, dass diese Bemühungen und die Beharrlichkeit der UNO, die notwendigen Mittel aufzubringen, uns zu dieser Vereinbarung geführt haben.«
Das Boskalis-Schiff »Ndeavor« sollte heute aus dem Hafen von Rotterdam auslaufen, ausgerüstet mit der gesamten erforderlichen Bergungsausrüstung.
Liesje Schreinemacher, niederländische Ministerin für Außenhandel und Entwicklungszusammenarbeit betonte: »Die Niederlande haben hart daran gearbeitet, Gelder für die Operation zu mobilisieren, und nun ist ein wichtiger neuer Schritt getan worden. Wir werden die Vereinten Nationen auch weiterhin dabei unterstützen, den Einsatz zu einem guten Ende zu bringen.«
Achim Steiner, UNDP-Administrator, ergänzte, man könne nun eine humanitäre, ökologische und wirtschaftliche Katastrophe verhindern. Gleichzeitig appellierte er »an führende Vertreter von Regierungen und Unternehmen«, sich zu melden und dabei zu helfen, die restlichen 29 Mio. $ aufzubringen, die für den Abschluss dieser komplexen Rettungsaktion erforderlich sind.
Mehrere Projektphasen für Boskalis
Der Projektumfang für Boskalis besteht aus einer Reihe von Phasen. Die »Ndeavor« wurde in den Niederlanden vorbereitet und soll bald in Dschibuti ankommen. Die Bergungsmannschaft wird dort die letzten Vorbereitungen treffen, bevor sie zur »Safer« aufbricht. Die erste Phase vor Ort wird sich auf eine gründliche Inspektion des Schiffes und seiner Ladung sowie auf die Schaffung einer sicheren Arbeitsumgebung konzentrieren.
Sobald das Schiff und seine Ladetanks für sicher erklärt wurden, wird ein von den Vereinten Nationen gekaufter VLCC (Very Large Crude Carrier) längsseits gehen, so dass mit dem Abpumpen des Öls von Schiff zu Schiff begonnen werden kann. Die Tanks der »Safer« werden anschließend gereinigt, und restliche Flüssigkeiten werden ebenfalls auf den VLCC umgepumpt. Für den gesamten Vorgang vor Ort rechnen die Experten mit einem Zeitraum von »voraussichtlich zwei Monaten«. Sobald die »Safer« für sauber und leer erklärt ist, wird sie für das Abschleppen zu einem Abwrackwerft unter der Verantwortung der UN vorbereitet.