Erneut sorgt ein Rüstungsprojekt in Deutschland für Schlagzeilen: Die Baukosten für drei Aufklärungsschiffe bei Lürssen laufen offenbar aus dem Ruder.
Im Juni 2021 hatte das Verteidigungsministerium den Bau der drei Flottendienstboote für die deutsche Marine bei Lürssen in Auftrag gegeben. Die rund 130 m langen Einheiten sollen mit modernster Spionagetechnik, Abhöranlage, Radaren und weiteren Sensoren ausgestattet sein und ab 2027 die Einheiten der »Oste«-Klasse ersetzen. [ds_preview]
Der Auftrag war allerdings trotz einer Warnung des Bundesrechnungshofs ohne die sonst übliche, detaillierte Leistungsbeschreibung an die Bremer Werftengruppe vergeben worden sein. Die Kosten waren ursprünglich mit 2 Mrd. € veranschlagt. Nach Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung gehen die Hersteller inzwischen von Mehrkosten in Höhe von 800 Mio. € aus.
Als Grund werden inflationsbedingte Kostensteigerungen, aber auch technische Anpassungen sein. Eine Reaktion seitens des Bundesverteidigungsministeriums oder auch der Werft liegt bislang nicht vor.
Auftrag an Lürssen ohne konkrete Spezifikationen?
Bereits in einem vor Monaten verfassten Bericht hatten Prüfer des Bundesrechnungshofes »erhebliche Bedenken« angemeldet. Sie verwiesen schon damals auf ein Kostenrisiko. Es sei in dem Auftrag nicht festgeschrieben worden, welche Leistungen Lürssen überhaupt erbringen soll. Demnach drohe ein Nachschlag im dreistelligen Millionenbereich, hieß es damals.
Das Verteidigungsministerium hatte die Vorgehensweise dem damaligen Bericht zufolge als »innovativen Ansatz« verteidigt. Der Bund wolle gemeinsam mit dem Auftragnehmer die Bauspezifikation noch erarbeiten, um sowohl die Qualität zu verbessern als auch die Bauzeit deutlich zu verringern, lautete die Begründung. Hintergrund: Seit Februar 2020 zählt der Marineschiffbau zu den Schlüsseltechnologien in Deutschland. Damit können Aufträge ohne europaweite Ausschreibung vergeben werden.
Rüstungsprojekte häufiger in der Kritik
Immer wieder kommt es bei Rüstungsprojekten zu ungeplanten Kostensteigerungen, ob bei der Sanierung der »Gorch Fock«, bei den neuen Fregatten und Korvetten oder bei der Instandhaltung bestehender Schiffe.
Zuletzt war auch Kritik am Auftrag für Lürssen zum Bau von zwei neuen Tankern für die Marine laut geworden. Eine interne Prüfung des Bundesrechnungshofes hatte im Sommer vergangenen Jahres ergeben, dass der Preis für die beiden Schiffe 250 Mio. € zu hoch angesetzt wurde. Trotz der Kritik hatte das Beschaffungsamt der Bundeswehr (BAAINBw) dem Verteidigungsministerium empfohlen, den mit Lürssen abgeschlossenen Auftrag im Wert von insgesamt 870 Mio. € zu erteilen.