Container Stapel Frachtraten und Seefracht Symbolbild

Geringe Marktnachfrage in der Seefracht und hohe Kapazität drücken die langfristigen Frachtraten auf breiter Front nach unten. In allen regionalen Fahrtgebieten waren im April Rückgänge gegenüber dem Vormonat zu verzeichnen.

Der Shipping Index (XSI) von Xeneta, der Daten über Containerraten aus einer Vielzahl von Quellen bezieht, um Entwicklungen in Echtzeit zu verfolgen, zeigt, dass die Preise allein im bisherigen Jahresverlauf um 13,6 % gesunken sind. [ds_preview]

Im April verloren die Raten noch einmal 10,6 % gegenüber dem Vormonat, zeigt Xenetas Analyse einer Reihe aktuell ausgehandelter Verträge.

»Dies ist nun der achte Monat in Folge, in dem die Preise sinken, und mit über 10 % sicherlich einer der bemerkenswertesten«, kommentiert Xeneta-CEO Patrik Berglund. »Das zeigt, wie bereits erklärt, dass der Rückgang um nur 0,5 % im März etwas irreführend war. Es war im Grunde die Ruhe vor dem Sturm, da neue Verträge mit deutlich niedrigeren Preisen darauf warteten, im April in Kraft zu treten. Jetzt sehen wir die dramatischen Auswirkungen dieser Entwicklung.«

Die Reedereien befänden sich angesichts der weltweiten wirtschaftlichen und geopolitischen Faktoren, die die Nachfrage beeinträchtigen, in einer schwierigen Lage. Die Verlader hätten bei langfristigen Verhandlungen der Frachtraten das Sagen. Dennoch lägen die Raten immr noch um 5% über dem Vorjahreswert.

»Um jedoch zu verdeutlichen, wie sehr sich die Marktstimmung geändert hat, stiegen sie zwischen April 2021 und April 2022 um 118,5 %. Angesichts der nach wie vor schwachen Fundamentaldaten ist es also unwahrscheinlich, dass das jährliche Wachstum noch lange aufrechterhalten werden kann. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es zu weiteren Rückgängen kommen wird«, so Berglund

Langfristige Frachtraten fallen flächendeckend

Der XSI für April sei für die Reedereien eine »düstere Lektüre«. Nach mehr als zwei Jahren spektakulären Ratenwachstums müssten sie nun mit ansehen, wie sich sowohl die Volumina als auch die Gewinnspannen stetig auflösen. Jeder der regionalen Subindizes des XSI spiegelt diese Realität wider.

In Europa verzeichnete der Import-XSI den stärksten Rückgang aller Zeiten, und die langfristigen Raten fielen im Vergleich zum Vormonat um 19,5 %. Bei den Exporten sah es nicht viel besser aus: Der Teilindex sank um 15,8 %. Sowohl das eingehende als auch das ausgehende Containervolumen für die Region ist im Jahr 2023 zurückgegangen: Das ausgehende Volumen sank um 10 %, während das eingehende Volumen allein in den ersten beiden Monaten um 9,1 % zurückging. Im Februar war das niedrigste Importvolumen der letzten drei Jahre in diesem Sektor verzeichnet worden.

Die Fernost-Korridore schnitten nicht besser ab. Der Teilindex für die Ausfuhren sank gegenüber März um 10 % und hat damit seit Jahresbeginn 18,2 % seines Wertes eingebüßt. Die Reedereien bemühen sich intensiv um einen Kapazitätsabbau, indem sie Dienste streichen und Fahrten auslassen, was dazu beiträgt, den durchschnittlichen Auslastungsfaktor zu erhöhen – von 84 % im vierten Quartal 2022 auf 87 % im ersten Quartal 2023 für den Fernen Osten nach Europa, in die USA und an die Ostküste Südamerikas –, den Ratenverfall aber nicht aufhalten kann. Die Volumina sind unterdessen um 14 % gesunken.

Auch die Fernost-Importraten sind im April gesunken, wobei der Teilindex für den Backhaul-Verkehr den Monat mit einem Minus von 15,5 % abschloss.

Frachtraten für USA-Importe mit starken Einbrüchen

Der Import-XSI für die USA verzeichnete mit einem Rückgang um 1,5 % den geringsten Rückgang gegenüber dem Vormonat von allen regionalen Teilindizes. Allerdings stand zum Zeitpunkt der Erhebung noch das Inkrafttreten einiger neuer Verträge zum 1. Mai aus. Damit könnte die geringfügige Verschiebung im April die tatsächliche langfristige Vertragslage nur verschleiern. Berglund erwartet, dass sich der Rückgang im nächsten Monat beschleunigen wird. Er stellt jedoch auch fest, dass die Spotraten im April an beiden US-Küsten gestiegen sind, da die Spediteure die GRIs erfolgreich durchgesetzt haben.

Im Gegensatz zu den US-Importen verzeichnete der XSI für US-Exporte mit einem Minus von 18,9 % den stärksten Rückgang aller Teilindizes im Vergleich zum Vormonat. Dies ist nun die Branche mit den niedrigsten Steigerungsraten seit Januar 2017.

»Das Bild ist komplex, und, wie bei den weiteren Markttreibern und geopolitischen Manövern, schwer vorherzusagen. Aber es ist schwierig, Anzeichen für einen Aufschwung im zweiten Quartal zu erkennen, nachdem wir ein schwieriges erstes Quartal hinter uns gelassen haben. Die Reedereien werden wohl kämpfen müssen, wenn sie ihre äußerst wichtigen langfristigen Vertragstarife schützen wollen. Unsere Daten werden zeigen, wie gut ihnen das in den kommenden Monaten gelingt«, so Berglund.