EU, Europäische Union, Schifffahrt und Politik in der EU
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Die EU-Kommission hat fünf Gesetzgebungsvorschläge zur Modernisierung der EU-Vorschriften über die Sicherheit im Seeverkehr und die Vermeidung von Umweltverschmutzung durch Schiffe vorgelegt.

75 % des Außenhandels der EU werden auf dem Seeweg abgewickelt. Auch wenn die Sicherheit des Seeverkehrs in den EU-Gewässern derzeit sehr hoch sei und nur wenige Todesfälle und keine größeren Ölunfälle in jüngster Zeit zu beklagen seien, würden noch immer jedes Jahr mehr als 2000 Unfälle und Vorfälle auf See gemeldet, so die Kommission. [ds_preview]

Drei der fünf Vorschläge betreffen die Modernisierung und Verbesserung der Vorschriften für die Sicherheit im Seeverkehr. Schwerpunkte sind insbesondere die Hafenstaatkontrolle und die Untersuchung von Unfällen im Seeverkehr. Dadurch soll die Durchsetzung der Vorschriften zur Verringerung von Störungen und Unfällen verbessert werden, sodass letztlich Menschenleben gerettet und Umweltverschmutzungen verhindert werden.

Mit den Vorschlägen will sich die EU neue Instrumente zur Förderung einer sauberen und modernen Schifffahrt geben. Sie sollen den Angaben zufolge der Anpassung des EU-Rechts an die internationalen Vorschriften dienen, für gleiche Wettbewerbsbedingungen im Seeverkehr sorgen und durch mehr Digitalisierung und Zusammenarbeit in der EU die Umsetzung und Durchsetzung verbessern.

Die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) soll eine »herausragende Rolle« bei der Umsetzung der neuen Anforderungen spielen, indem sie die Behörden der Mitgliedstaaten bei der Durchsetzung der neuen Vorschriften unterstützt. In einem separaten Vorschlag werden daher Änderungen am Mandat der EMSA vorgeschlagen, damit sie diese neuen Aufgaben übernehmen kann.

Klare Anforderungen an Flaggenstaat-Inspektionen

Das Vorschlagspaket umfasst klare Anforderungen an Flaggenstaat-Inspektionen, die auf internationalen Vorschriften beruhen, sowie spezielle EMSA-Schulungen für nationale Verwaltungen, um die von den Behörden der Mitgliedstaaten wahrgenommene Flottenaufsicht zu verbessern. »Dies wird die Sicherheit im Seeverkehr erhöhen und die Risiken der Umweltverschmutzung verringern, wodurch sichergestellt wird, dass die EU-Flaggenstaaten weiterhin für hochwertige Seeverkehrsdienste bürgen können«, heißt es.

Der Vorschlag erleichtere zudem den Informationsaustausch zwischen Flaggenstaaten über die Ergebnisse von Inspektionen, die sie durchführen, und über Fragen der Einhaltung der Vorschriften im Allgemeinen. Die EMSA wird diese Zusammenarbeit mit einem überarbeiteten Fortbildungs- und Schulungsprogramm für die Inspektoren der Flaggenstaaten unterstützen.

In die Hafenstaatkontrolle werden weitere internationale Vorschriften einbezogen, beispielsweise neue Übereinkommen über Ballastwasser und Sedimente und die Beseitigung von Wracks. Außerdem wird mit dem Vorschlag auch die Art und Weise, wie Schiffe zur Überprüfung ausgewählt werden, überarbeitet, um neuen Anforderungen Rechnung zu tragen und der Umweltleistung und den Mängeln von Schiffen bei der Bestimmung ihres Risikoprofils größere Bedeutung beizumessen. Andere Änderungen dienen dem weiteren Ausbau der Kapazitäten der Mitgliedstaaten zur Aufdeckung und Abstellung von Verstößen gegen Vorschriften und Normen bezüglich der Sicherheit, des Umweltschutzes und der Vermeidung von Umweltverschmutzung.

Der Anwendungsbereich der Hafenstaatkontrolle und der Unfalluntersuchung wird auf Fischereifahrzeuge ausgeweitet, bei denen nach wie vor erhebliche Sicherheitsbedenken bestehen. Die Mitgliedstaaten können die Hafenstaatkontrolle auf Fischereifahrzeuge mit einer Länge von mehr als 24 m anwenden, wenn diese EU-Häfen anlaufen. Gleichzeitig sollen die Mitgliedstaaten die schwersten Unfälle, an denen kleinere Fischereifahrzeuge mit einer Länge von weniger als 15 m beteiligt sind, künftig melden und überprüfen, um mögliche Lehren daraus zu ziehen.

Die Abläufe der Flaggenstaat- und Hafenstaatkontrollen werden digitalisiert, und die Einführung elektronischer Zertifikate wird gefördert. Dies werde insbesondere dank der IT-Systeme und Datenbanken der EMSA ermöglicht, heißt es.

Die nationalen Unfalluntersuchungsstellen werden weiterhin von der EMSA unterstützt. Auf Anfrage soll ihnen ein Pool von Experten aus verschiedenen Fachgebieten sowie eine Reihe von Spezialwerkzeugen und -ausrüstung zur Verfügung stehen.

Breiteres Spektrum von Schadstoffen, auch Scrubber-Abwasser

Die Vorschläge zielen auch darauf ab, alle Arten illegaler Einleitungen in europäische Meeresgewässer zu verhindern, denn dies ist von entscheidender Bedeutung, um die Umweltauswirkungen des Seeverkehrs zu verringern und das Meeresökosystem zu erhalten. »Dazu müssen auch illegale Einleitungen aufgedeckt, Verstöße verfolgt und die Täter bestraft werden«, heißt es.

Angestrebt wird eine Angleichung des EU-Rechts an internationale Vorschriften und eine Ausweitung des Anwendungsbereichs auf ein breiteres Spektrum von Schadstoffen. Neben illegalen Einleitungen von Erdöl und schädlichen flüssigen Stoffen, die schon unter die bestehenden Vorschriften fallen, sollen nach den Vorschlägen der Kommission nun auch Einleitungen von Schadstoffen in verpackter Form, von Abwasser und Unrat sowie von Abwässern und Rückständen aus Abgasreinigungssystemen (Scrubber) erfasst werden.

Die EU-Kommission will auch CleanSeaNet – die EMSA-Datenbank für Überwachung und Informationsaustausch – optimieren und einen Informationsaustausch und Follow-up-Verpflichtungen der für die Erkennung und Überprüfung potenzieller Verschmutzungen zuständigen nationalen Behörden einführen. Das verbesserte System soll die rechtzeitige Durchsetzung sowie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei durch Schiffe verursachter grenzüberschreitender Verschmutzung erleichtern.

Außerdem will man den Rechtsrahmen für Sanktionen und deren Anwendung stärken. Der Rahmen soll es den nationalen Behörden ermöglichen, bei illegalen Einleitungen angemessene Maßnahmen zu ergreifen und Sanktionen wie Geldbußen zu verhängen. Der Vorschlag enthält Mindestkriterien für die wirksame Anwendung verwaltungsrechtlicher Sanktionen, wie zum Beispiel die Schwere der Einleitung, ihre Umweltfolgen oder die Finanzkraft der Verantwortlichen.

Ein überarbeitetes Mandat für EMSA

Durch den Vorschlag wird das Mandat der EMSA aktualisiert, um der wachsenden Rolle der Agentur in vielen Bereichen des Seeverkehrs besser gerecht zu werden. Dies betrifft unter anderem die Bereiche Sicherheit, Vermeidung von Umweltverschmutzung, Umweltschutz, Klimaschutz, Gefahrenabwehr, Überwachung und Krisenmanagement sowie Digitalisierung. Hierzu zählen auch die neuen Aufgaben in Bezug auf die Sicherheit und Nachhaltigkeit, die sich aus diesem Gesetzgebungspaket ergeben.

So wollen sich die Kommission und die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der »FuelEU Maritime«-Verordnung und bei der Ausweitung des EU-Emissionshandelssystems (EU-ETS) auf den Seeverkehr auf die EMSA stützen. »Die Agentur wird der Kommission und den Mitgliedstaaten auch weiterhin bei der Meeresüberwachung, der Cyber-Resilienz und der Krisenvorsorge zur Seite stehen. Sie wird durch den Einsatz von IT-Instrumenten eine wichtige Rolle bei der Vereinfachung der Berichterstattung zwischen den Mitgliedstaaten spielen und den Verwaltungen der Mitgliedstaaten weiterhin Schulungen und Hilfestellung beim Kapazitätsaufbau anbieten«, heißt es.

Die Vorschläge für mehr Sicherheit im Seeverkehr und Umweltschutz werden nun vom Europäischen Parlament und vom Rat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beraten.