Brand Marine Consultants hat den Auftrag als Marine Warranty Surveyor für die Ölbeseitigung aus dem schrottreifen Supertanker FSO »Safer« ergattert.
Bei der Beseitigung des Rohöls aus dem maroden Supertanker »FSO Safer« vor der Küste Jemens nehmen deutsche Experten eine wichtige Rolle ein. Wie die HANSA erfuhr, hat die Bergungs- und Sachverständigenfirma Brand Marine Consultants (BMC) mit Hauptsitz in Hamburg den Auftrag zur Überwachung aller Prozesse als Marine Warranty Surveyor erhalten. [ds_preview]
Das bedeutet: Das Unternehmen prüft und beurteilt alle Planungen und Arbeitsschritte darauf hin, ob sie den Anforderungen der Versicherer für das Bergungsprojekt genügen. Dafür müssen Zeichnungen und Pläne im Umfang von Hunderten Seiten nachgeprüft werden. Auf Anfrage der HANSA bestätigte ein Sprecher von BMC den Auftrag, der in den kommenden Wochen mehrere Mitarbeiter des Unternehmens binden werde.
Zu den Einzelheiten will sich die Sachverständigenfirma unter Verweis auf Vertraulichkeitsklauseln nicht äußern. BMC unterhält inklusive Tochterfirmen mehrere Büros in Deutschland, außerdem in London, Dubai, Mumbai, Singapur, Dalian und Fort Lauderdale mit insgesamt rund 40 Mitarbeitern. Gründer und Chef des Unternehmens ist der Nautiker und Bergungskapitän Dennis Brand.
FSO »Safer« soll geleichtert werden
Die Ölbeseitigung von der »FSO Safer« obliegt der Boskalis-Tochtergesellschaft Smit Salvage. Auftraggeber ist das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP). Die Versicherung aller Risiken für die 1976 gebaute FSO »Safer« (406.640 tdw), für den Tanker »Nautica« (307.284 tdw), der das Öl aufnehmen soll, sowie für die Umwelt und Dritte wurde durch den Versicherungsmakler Howden im Londoner Markt sowie bei den P&I Clubs eingedeckt. Einer der beteiligten führenden Versicherer ist nach Howden-Angaben die Gesellschaft Fidelis MGU mit Hauptsitz in Bermuda.
Die im Verfall begriffene FSO »Safer« gilt seit Jahren als tickende Zeitbombe. Sie diente als schwimmendes Öl-Lager im Roten Meer. Wegen des Bürgerkriegs im Jemen konnte seit 2015 keine Jahresinspektion mehr auf dem 360 m langen Schiff stattfinden. Rund 150.000 t Öl (1,1 Mio. Barrel) befinden sich noch in den Tanks. Wann mit dem Abpumpen begonnen wird, steht noch nicht fest. In früheren Mitteilungen des UNDP war von einem Beginn im Mai die Rede.
Bergungskosten für FSO »Safer« bei 160 Mio. $
Aktuell liegt der Tanker »Nautica«, den das UNDP zur Aufnahme des Öls von der belgischen Reederei Euronav gekauft hat, noch im Hafen Dschibuti. Wenn die Ölbeseitigung abgeschlossen ist, soll die FSO »Safer« in einer zweiten Projektphase umweltgerecht abgewrackt und recycelt werden. Die Gesamtkosten werden auf mindestens 160 Mio. $ geschätzt.
DAs UNDP hatte kürzlich eine Vereinbarung mit Smit Salvage getroffen. Ein wichtiger Schritt für den Fortgang des Projekts war bereits der Kauf des Tankers von der belgischen Euronav-Reederei im März. Sie hatte die »Safer« für rund 55 Mio. $ abgegeben. Das 1976 gebaute und 1987 umgebaute Schiff liegt als schwimmende Lagereinheit FSO etwa 9 km vor der jemenitischen Küste des Roten Meeres und 50 km nordöstlich des Hafens von Hodeida.
Die UN will schlimmeres verhindern: Allein die Kosten für die potenziellen Aufräumarbeiten werden auf 20 Mrd. $ geschätzt, sollte es zu einer Ölkatastrophe kommen. »Die Unterbrechung des Schiffsverkehrs durch die Meerenge Bab al-Mandab zum Suezkanal könnte täglich weitere Milliarden an Verlusten im Welthandel verursachen, wie dies nach dem Festfahren der ›Ever Given‹ im Kanal im Jahr 2021 der Fall war«, so ein UN-Statement heute.
Aufgrund der fehlenden Wartung bestehe die Gefahr, dass die »Safer« explodiert oder auseinanderbricht, was katastrophale ökologische und humanitäre Auswirkungen auf die Region hätte, heißt es bei Boskalis.
Der Projektumfang für Boskalis besteht aus einer Reihe von Phasen. Das für die Bergungsarbeiten vorgesehene Spezialschiff »Ndeavor« wurde in den Niederlanden vorbereitet und soll bald in Dschibuti ankommen. Die Bergungsmannschaft wird dort die letzten Vorbereitungen treffen, bevor sie zur »Safer« aufbricht. Die erste Phase vor Ort wird sich auf eine gründliche Inspektion des Schiffes und seiner Ladung sowie auf die Schaffung einer sicheren Arbeitsumgebung konzentrieren.
Sobald das Schiff und seine Ladetanks für sicher erklärt wurden, wird der von den Vereinten Nationen gekaufte VLCC (Very Large Crude Carrier) »Nautica« längsseits gehen, so dass mit dem Abpumpen des Öls von Schiff zu Schiff begonnen werden kann. Die Tanks der »Safer« werden anschließend gereinigt, und restliche Flüssigkeiten werden ebenfalls auf den VLCC umgepumpt. Für den gesamten Vorgang vor Ort rechnen die Experten mit einem Zeitraum von »voraussichtlich zwei Monaten«. Sobald die »Safer« für sauber und leer erklärt ist, wird sie für das Abschleppen zu einem Abwrackwerft vorbereitet. (mph)