Die deutschen Schiffbau-Zulieferer sind mit dem Geschäftsjahr 2022 zufrieden und blicken sehr optimistisch nach vorne.
Die 250 Mitglieder in der Arbeitsgemeinschaft Marine Equipment and Systems des Zuliefererverbands VDMA erwarten auch weiter gute Geschäftsentwicklungen im laufenden Jahr, wie heute in Hamburg betont wurde, als die Ergebnisse der neuesten Umfrage unter den Zulieferern veröffentlicht wurden.[ds_preview]
Die große Mehrheit erwartet demnach steigende Auftragseingänge, sowohl im In- als auch Ausland zeichne sich eine hohe Nachfrage ab. »Die Umfrageergebnisse zeigen deutlich bessere Erwartungen als im letzten Jahr«, sagte Geschäftsführer Hauke Schlegel. Martin Johannsmann, Vorstandsvorsitzender der VDMA-Arbeitsgruppe und Geschäftsführer des Zulieferers SKF Marine, erläuterte die Umfrageergebnisse: »Die deutlich gestiegenen Auftragseingänge des vergangenen Jahres haben nun auch wieder zu einer positiven Umsatzentwicklung geführt.«
Die Reeder würden wieder mehr investieren. So stieg der Umsatz der Branche von 10,3 auf 10,7 Mrd. €. Das Umsatzplus lag im Schnitt bei 3,4%. Zum Vergleich: 2022 lag der Wert mit 2,5% im Minus. Für 2022 wurde außerdem im Durchschnitt ein Plus im Auftragseingang von 7,8% verzeichnet.
76% des Umsatzes der deutschen Zulieferer entfallen auf den Handelsschiffbau, 7% auf Meerestechnik und 17% auf das wachsende Segment Marine-Schiffbau.
Zulieferer erwarten »längere gute Phase«
Die deutschen Zulieferer spüren zwar auch einige »bremsende« Faktoren wie die andauernde Inflation, Lieferkettenprobleme für bestimmte Produkte, etwa aus der Eletronik, sowie geopolitische Krisen. Die Lage hat sich laut Johannsmann aber »deutlich verbessert: »Wir sind gut bis sehr gut ausgelastet. Und wir erwarten, dass sich der Auftragseingang in diesem Jahr mindestens so gut entwickelt wie im vergangenen Jahr.«
Johannsmann blickte auch etwas weiter voraus – und bleibt dabei zuversichtlich: »Wir glauben, dass wir vor einer etwas längeren guten Phase stehen.« In der Vergangenheit war stets eine Herausforderung, dass das Geschäft sehr volatil war, mit starken Steigerungen und starken Rückgängen. Das sei aktuell für die nähere Zukunft nicht zu erwarten.
Einer der zentralen Treiber der Entwicklung sind die Aktivitäten der Reedereien in Richtung einer »grüneren« Schifffahrt – das betrifft sowohl den Neubau- als auch den Retrofit-Markt. Nach Ansicht des VDMA zeige sich gerade an diesem Punkt die Stärke der hiesigen Branche, die aus großen und kleinen maritimen Maschinen- und Anlagenbauern besteht, oft in Kooperation mit Forschungseinrichtungen.
Exportquote liegt bei 80%
»Es gibt noch immer recht viel Nachholbedarf nach den langen Jahren der Krise. Hinzu kommt der große Modernisierungsbedarf angesichts der neuen umweltpolitischen Regularien«, sagte Lars Greitsch, Vorstandsmitglied der VDMA-Gruppe und Geschäftsführer des Propellerherstellers Mecklenburger Metallguss (MMG). Es gebe einige »Energie-Themen«, die ein gewisses Engagement in der Flotte erfordern. Auch die Planungen für die vielen Windparks sollen sich positiv auswirken, denn für den Aufbau und den Service seien viele Schiffe nötig.
Die Exportquote der Zulieferer liegt aktuell bei 80%. Das europäische Ausland bestätigte seine »stabile Rolle« als wichtiger Exportmarkt. Darauf entfallen rund 35% der Exporte. Nordamerika habe als Markt »deutlich zugenommen«, während China und Korea »verhaltener« bestellt hätten. »China will bekanntlich seine eigene Zuliefer-Industrie aufbauen. Das merken wir schon«, bestätigte Greitsch.
Die jüngsten und kommenden umweltpolitischen Regulierungen machen eine weitere Modernisierung zwingend notwendig. Es geht um Emissionen, Effizienz und Einsparungen. »Dies bringt uns als vorausschauende Branche einen eindeutigen Wettbewerbsvorteil«, sagte Greitsch. In der Schifffahrt seien enorme CO2-Einsparungen durch Innovationen möglich. »Alle Unternehmen der Branche können hier aktuelle Beispiele nennen«, so Greitsch weiter.
Johannsmann betonte zudem den Wert der Digitalisierung. Insgesamt sehe er für die nächsten 5-10 Jahre einen kontinuierlichen Innovationsfortschritt gerade durch die internationalen Regularien zur maritimen Nachhaltigkeit. Vor diesem Hintergrund seien auch die Anstrengungen des VDMA bei der Standardisierung der Schnittstellen zwischen den Produkten verschiedener Hersteller zu sehen, hieß es heute in Hamburg. Das VDMA-Einheitsblatt MTP (Module Type Package), welches den Angaben zufolge »eine immer größere Verbreitung findet«, soll die Optimierung des Schiffbaus und des Fahrbetriebs unterstützen.
Aber es gibt auch Hausaufgaben zu erledigen, darunter die stetige Weiterentwicklung von innovativen Technologien. Einen Engpass bilden den Angaben zufolge jetzt tatsächlich die fehlenden Fachkräfte, um die Aufträge fristgerecht erfüllen zu können.
Nahezu alle Unternehmen sind auf der Suche nach Fachkräften. Im vergangenen Jahr ist die Beschäftigung in der Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie um 1,6% auf 64.000 gestiegen. Der Bedarf sei gerade durch die gute Auftragslage weiter hoch. Es gelte neue Wege bei der Rekrutierung zu gehen. Dabei geht es gerade auch um das Image der Branche. »Unser geplante Wachstum erreichen wir nur, wenn wir das Knowhow im Betrieb halten und ausbauen können. Wir erreichen die jungen Menschen, wenn wir ihnen die ›sinnstiftende Wertschöpfung‹ ihrer Tätigkeit bei uns nahebringen können«, so Greitsch weiter.