Die erfolgreich durchgeführte Verbrennung von Ammoniak in einem MAN B&W Zweitaktmotor bezeichnet der Motorenhersteller MAN Energy Solutions als einen »historischer« Schritt für das Unternehmen selbst und für die Seeschifffahrt.
MAN Energy Solutions hat den erfolgreichen Testlauf eines mit Ammoniak betriebenen Motors in seinem Forschungszentrum Kopenhagen (RCC) bekannt gegeben.[ds_preview]
Wie das Unternehmen berichtet, wurde die erfolgreiche Verbrennung mit einem MAN B&W Zweitaktmotor des Typs 4T50ME-X durchgeführt und lieferte vielversprechende Ergebnisse in Bezug auf die Pilotölmenge und die Verbrennungsstabilität.
Gunnar Stiesch, Chief Technical Officer, MAN Energy Solutions, erklärt: »Dies markiert einen wichtigen Meilenstein auf unserem Weg zur Entwicklung eines voll funktionsfähigen Zweitakt-Ammoniak-Schiffsmotors. Für unser Team im RCC war es eine historische Woche. Umfangreiche Vorarbeiten und Forschungsarbeiten haben sich jetzt ausgezahlt und wir haben ein tiefgreifendes Verständnis der einzigartigen Eigenschaften von Ammoniak als Schiffskraftstoff und seine Auswirkungen auf Kraftstoffversorgung und Sicherheitssysteme gewonnen. Die erfolgreiche Ammoniak-Verbrennung stellt einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg zur Dekarbonisierung des Marinemarktes und in Richtung Net Zero dar.«
MAN Energy Solutions berichtet, dass die Sicherheit in allen Phasen, die zu diesem neuen Meilenstein geführt haben, oberste Priorität hatte. Zu den aufgrund der besonderen Eigenschaften des Kraftstoffs getroffenen Vorsichtsmaßnahmen gehörte die Errichtung einer speziell angefertigten »Kalthalle«, die im unwahrscheinlichen Fall einer Leckage Ammoniakdämpfe durch Aktivierung eines Wasserschleiers auffangen kann. Die Konstruktion des Ammoniakmotors ist mit zuverlässigen Sicherheitsfeatures aus dem bestehenden Dual-Fuel-Portfolio des Unternehmens ausgestattet, z.B. mit doppelwandigen Rohrleitungen und einer Systementlüftung.
Voll funktionsfähiger Ammoniak-Testmotor kommt
»Dies ist sowohl für unser Unternehmen als auch für die maritime Industrie insgesamt eine bahnbrechende Entwicklung«, sagt Brian Østergaard Sørensen, Vice President, Head of Research & Development Two-Stroke bei MAN Energy Solutions, »Wir sind uns jedoch bewusst, dass noch viel harte Arbeit auf uns wartet, und werden in den kommenden Monaten ein Testprogramm durchführen, bei dem unter anderem Aspekte wie Wärmefreisetzung, Zündung, Sicherheit, Energieanteil des Pilotöls sowie NOX- und N2O-Emissionen analysiert werden. Im Anschluss daran ist der Umbau des Testmotors mit einem Zylinder, der mit Ammoniak betrieben werden kann, zu einem voll funktionsfähigen Testmotor mit Ammoniakbetrieb gegen Ende dieses Jahres oder Anfang 2024 geplant.«
MAN Energy Solutions rechnet damit, dass der Zeitplan für die Auslieferung des ersten Motors weitgehend eingehalten werden kann und der Betrieb an Bord eines kommerziellen Schiffs ab etwa 2026 möglich ist.
Bjarne Foldager, Head of Two-Stroke Business bei MAN Energy Solutions, ergänzt: »Das Interesse an diesem wichtigen Durchbruch ist überwältigend. Doch während wir die Technologie zur Dekarbonisierung liefern, muss die maritime Industrie aber auch gewillt sein, sie einzusetzen. Nun liegt es an der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO), klare Regeln aufzustellen, die sicherstellen, dass Akteure im maritimen Sektor nicht dafür bestraft werden, wenn sie sich für kohlenstoffneutrale Kraftstoffe entscheiden. Bei MAN Energy Solutions sind unsere Erwartungen im Hinblick auf Ammoniak aufgrund der prognostizierten niedrigeren Produktionskosten im Vergleich zu anderen relevanten E-Kraftstoffen positiv. Wir gehen davon aus, dass bis 2050 der Anteil von Ammoniak als Kraftstoff an Bord großer Handelsschiffe 27 % betragen wird.«
»Der erste Ammoniakmotor von MAN B&W wird eine 60 cm Bohrung sein, der für eine Reihe von Schiffstypen geeignet sein wird. Das Interesse an diesem Motor ist sehr groß und wir haben viele Anfragen von praktisch allen großen Handelsschiffen erhalten. Bei MAN Energy Solutions geht man davon aus, dass sich ammoniakbetriebene Motoren gegen Ende des laufenden Jahrzehnts schnell durchsetzen werden«, so Thomas S. Hansen, Head of Promotion and Customer Support, MAN Energy Solutions.
Die Projektphasen des Ammoniak-Motors
Das F&E-Projekt für die neuen Motoren startete 2019 mit einer Vorstudie und einer Analyse zur Verbrennbarkeit von Ammoniak. Im darauffolgenden Jahr traf ein zweiter Testmotor in Kopenhagen ein und ermöglichte bei RCC den Aufbau einer parallelen Versuchsanlage mit verschiedenen Kraftstoffen; zur gleichen Zeit fanden HAZID-Workshops zu den Motorkonzepten statt.
2021 wurden das Kraftstoffversorgungssystem und die Hilfssysteme spezifiziert, während im Jahr 2022 die Installation der gleichen Systeme im RCC mit der Ausstattung für den Testmotor Nr. 1 zur Erprobung von Ammoniak mit einem Zylinder begonnen wurde.
Im Jahr 2023 wurden Bunkerungs- und Servicetankanlagen mit allen Hilfssystemen errichtet, die im unwahrscheinlichen Fall eines Lecks eine vollständige Eindämmung des Ammoniaks gewährleisten. Ebenso wurden alle Hilfssysteme zunächst mit Wasser und anschließend mit Ammoniak getestet.