Zwilling, Praxis
Krischan Förster

Mega-Deal oder Bumerang? Das ist gerade die Frage in Hamburg. Denn kaum sind die Wogen um den Cosco-Einstieg am Hamburger Terminal Tollerort (CTT) halbwegs geglättet, schlagen die Wellen erneut hoch, sogar bedrohlich hoch.

Denn die Hamburger Senatsspitze hat die Öffentlichkeit ebenso wie die Hafenwirtschaft mit einem vermeintlichen Coup überrascht.[ds_preview]

Die weltgrößte Containerreederei MSC soll als neuer strategischer Partner der HHLA knapp die Hälfte der Anteile erhalten. Im Gegenzug will das Unternehmen des milliardenschweren Unternehmers Gianluigi Aponte mehr Ladung nach Hamburg bringen, mehr Arbeitsplätze schaffen und sich an den kommenden Investitionen beteiligen. Dafür hat die Nr. 1 in der Containerschifffahrt nicht einmal die Mehrheit der Anteile verlangt. Anders als zum Beispiel die heimische Reederei Hapag-Lloyd, mit der noch im Frühjahr gesprochen wurde.

Im Rathaus nahe der Binnenalster feiern sie sich für diese Vereinbarung, diesen »Meilenstein für den Hafen«, der in der jüngeren Vergangenheit so arg unter Ladungsverlusten gelitten hat und nun mit MSC-Hilfe zurück in die Erfolgsspur finden soll.
Verwundert müssen der Bürgermeister und seine Senatoren nun allerdings zur Kenntnis nehmen, dass längs der Elbe bei weitem nicht alle ihre Begeisterung über den vermeintlichen Coup teilen. Etliche, für Hamburg mindestens ebenso wichtige Akteure fühlen sich sogar vor den Kopf gestoßen.

Welche Auswirkung hat der MSC-Deal?

Allen voran Hapag-Lloyd, die letzte verbliebene deutsche Containerreederei und an der Elbe ein wirtschaftliches Schwergewicht. Auf markige Worte verzichtete CEO Rolf Haben Jansen, anders als etwa sein Hauptaktionär Klaus-Michael Kühne. Auch der milliardenschwere Logistikunter­nehmer und Mäzen hatte für die HHLA geboten und war zweimal beim Hamburger Senat abgeblitzt.

Nun fragt man sich, welche möglichen Konsequenzen drohen, wenn sich der Weltmarktführer in der Seefracht-Logistik und die Nr. 5 in der Containerschifffahrt gegen das »Port of Hamburg«-Konstrukt stellen. Eher schmallippig kommentierte Hapag-Chef Habben Jansen die Ausbootung. Letztlich könnte sich der Hamburger Senat durchaus einen Bärendienst erwiesen haben.

Der Aussicht auf 1 Mio. TEU an Umschlag durch MSC steht ein möglicher Ladungsverlust bei Hapag-Lloyd und bei deren Allianzpartnern One, HMM und Yang Ming gegenüber. Rund 2,1 Mio. TEU wuppt allein die Hamburger Reederei über die Kaikanten, zieht nun aber in Betracht, etwa 20 % des Volumens künftig nicht mehr über Hamburg abzuwickeln. Das wären rein rechnerisch in etwa so viele Container, wie MSC zusätzlich verspricht – dann wäre der Deal ein reines Nullsummenspiel.

Dazu kommt die nationale Komponente. Eine Hafenkooperation an der deutschen Küste, quasi als Gegengewicht zu der immer weiter erstarkenden Konkurrenz in Rotterdam und Antwerpen, wäre nach dem Stopp der Gespräche zwischen HHLA und Eurogate und, erst recht, mit dem Einstieg des privaten Unternehmens MSC bei der HHLA endgültig vom Tisch. Es bleibt somit ein Vabanque-Spiel an der Elbe, dessen Ausgang alles andere als gewiss ist.

Krischan Förster
Chefredakteur
HANSA International Maritime Journal