Eben noch hatte Logistik-Milliardär Klaus-Michael Kühne eine Übernahme angeboten, jetzt greift MSC nach dem Terminalbetreiber HHLA und ist sich mit der Stadt Hamburg bereits einig.
Das von Gianluigi Aponte geführte Schifffahrtsunternehmen aus der Schweiz hat ein Übernahmeangebot hinterlegt. Dies sei über die Port of Hamburg Beteiligungsgesellschaft SE erfolgt, eine eigens gegründete 100%-ige Tochtergesellschaft der Schweizer. [ds_preview]
Anders als bei der Beteiligung von Hapag-Lloyd in Altenwerder geht es nicht um eine Terminalbeteiligung, sondern um den Einstieg bei der HHLA-Holding. Das Angebot richtet sich an alle Inhaber von Namensaktien, es geht demnach um knapp 50% der Anteile. Der größte Teil ist im Besitz der Stadt Hamburg, der Rest im Streubesitz. Das Aponte-Unternehmen bietet 16,75 € für jede sogenannte A-Aktie.
MSC hat Vereinbarung mit der Stadt geschlossen
Mit der Stadt ist alles geklärt. Hamburg und die Nr. 1 der Linienschifffahrt haben bereits eine verbindliche Vereinbarung geschlossen, in der die grundlegenden Parameter und Bedingungen des Übernahmeangebots geregelt sind. »Wir gewinnen einen strategischen Partner für den Hafen«, kommentierte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher.
Demnach wird die Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH (HGV), eine städtische Gesellschaft ihre Anteile nach Vollzug des Übernahmeangebots auf MSC übertragen und im Gegenzug Aktien der Port of Hamburg Beteiligungsgesellschaft erhalten. Geld fließt auch, es sei aber »um die bestmögliche Lösung und nicht um einen monetären Gewinn« gegangen, betont Tschentscher.
Sollte sich MSC neben den städtischen Anteilen auch sämtliche Aktien aus Streubesitz sichern können, hätte die Nr. 1 in der globalen Linienschifffahrt künftig eine Beteiligung von 49,9%. Die Mehrheit bliebe bei der HGV mit 50,1%. Hamburg behält also die Kontrolle über die HHLA.
MSC will mehr Ladung nach Hamburg bringen
Hamburgs Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard verwies auf einer morgendlichen Pressekonferenz gemeinsam mit Tschentscher, Finanzsenator Andreas Dressel und MSC-CEO Søren Toft darauf, dass die HHLA im globalen Wettbewerb in ihrer heutigen Konstellation, sprich als städtische Gesellschaft, nicht mehr bestehen könne. MSC sei ein starker Partner, der zusätzliche Ladung für Hamburg versprochen habe und damit neue Entwicklungsmöglichkeiten im Hafen eröffne. Angeblich sichert MSC rund 1 Mio. TEU im Jahr zu. Leonhard hatte erst kürzlich im HANSA Podcast davon gesprochen, gern politische Steuerungsmöglichkeiten in der Hafenpolitik zurückzugewinnen.
»Das ist eine strategische Entscheidung für Hamburg«, sagte Søren Toft. Bislang fuhren die Schiffe zum Eurogate-Terminal in Waltershof. Ob dies auch künftig passiert, bleibt nun abzuwarten. Der Einstieg in Hamburg dürfte zu Lasten des bisherigem Standortes Bremerhaven gehen, auch wenn der nach den Worten von Toft nicht aufgegeben werden soll. Am MSC-Gate, einem »dedicated terminal«, hält die Reederei eine 50%-ige Beteiligung. MSC wolle weiter wachsen und sich dabei stärker auf Deutschland und damit künftig auf Hamburg konzentrieren, so Toft.
Das schließt auch die Verlegung des bisherigen Deutschland-Büros von Bremerhaven nach Hamburg und den Umzug der Niederlassung der Kreuzfahrtgesellschaft MSC Cruises von München nach Hamburg ein.
MSC ist nicht nur die weltweit größte Containerreederei, sondern auch einer der global größten Terminalbetreiber. Über die Tochter TIL hält das Unternehmen Beteiligungen an weltweit mehr als 70 Standorten. Mit der jüngst erfolgten Übernahme von Bolloré Logistics in Afrika kamen weitere Anlagen und Konzessionen hinzu.
MSC sticht Klaus-Michael Kühne aus
Erst vor wenigen Tagen hatte der milliardenschwere Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne sein Interesse bekundet, über seine Beteiligung an Hapag-Lloyd (30%) die HHLA zu übernehmen. Konkurrenten wie eben MSC oder CMA CGM hätte er nach eigenen Worten eine Beteiligungen angeboten, um sie an Hamburg zu binden und ihnen ein Mitspracherecht zu geben.
Der 86-Jährige wäre nach eigenem Bekunden bereit gewesen, rund 500 Mio. € für die Aktienmehrheit der HHLA zu zahlen und darüber hinaus in die Modernisierung der Anlagen zu investieren. Der Hamburger Senat hatte postwendend abgelehnt – nun weiß man auch, warum. Denn die Verhandlungen mit MSC liefen bereits seit Monaten, hieß es jetzt. Die Schweizer hätten zudem die deutlich attraktivste Offerte auf den Tisch gelegt, sagt Wirtschaftssenatorin Leonhard.
HHLA auf absteigendem Ast – leichte Beute für MSC?
Die HHLA hat in der aktuellen Marktsituation zu kämpfen.Über die Kajen der verschiedenen Terminals gingen im ersten Halbjahr nur noch knapp 2,9 Mio. Boxen. Das entspricht einem Rückgang von 14,6% im Vergleich zum bereits ernüchternden Vorjahr (3,4 Mio. TEU). In Hamburg selbst lag das Minus bei 12,7% auf 2,76 Mio. TEU (Vorjahr: 3,2 Mio. TEU).
Insgesamt sank der Umsatz der HHLA im ersten Halbjahr um 6,7% auf 727,1 Mio. € (Vorjahr: 779,5 Mio. €). Das Konzern-Betriebsergebnis (EBIT) reduzierte sich sogar um 50,3% auf 50,4 Mio. € (Vorjahr: 101,3 Mio. €). Die EBIT-Marge betrug 6,9% (im Vorjahr: 13%). Das Ergebnis nach Steuern und nach Anteilen anderer Gesellschafter ging um rund 80% zurück belief sich auf nur noch 8,2 Mio. € (Vorjahr: 43,9 Mio. €).
In dem Vertrag mit der Stadt Hamburg sichert MSC zu, an den Strukturen der HHLA nicht zu rütteln, gibt quasi eine Beschäftigungsgarantie für die Mitarbeiter. Das gilt auch für den Vorstand um HHLA-Chefin Angela Titzrath. Sie bleibt im Amt.