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Im wichtigen Verkehr zwischen China und der US-Westküste haben die Reedereien offenbar das Ruder herumgerissen. Nach einem Jahr sinkender Seefrachtraten sind die Spotraten seit Ende Juni um 73 % gestiegen.

Zum Leidwesen der Verlader, von denen viele angesichts der unsicheren Verbrauchernachfrage in den USA zögerten, neue Verträge zu unterzeichnen, scheinen nun auch die langfristigen Raten zu steigen. [ds_preview]

Die jüngsten Marktdaten des Osloer Marktanalyseunternehmens Xeneta zeigen, dass die kontrahierten Raten auf dem Korridor mit einem Anstieg von 25 % seit den Tiefstständen im Juni nun ebenfalls einem festen Aufwärtstrend folgen.

Während der letzten zwölf Monate sah das Bild aber noch ganz anders aus. Die Spotraten befanden sich über Monate im Sturzflug und die langfristig kontrahierten Frachtraten sind seit dem letzten Sommer um über 60 % eingebrochen. Wie Peter Sand, Chefanalyst bei Xeneta, erklärt, scheinen sich jedoch die gemeinsamen Bemühungen der Linienreedereien, die Kontrolle wiederzuerlangen, auszuzahlen.

»Kapazitätsmanagement ist das A und O, wenn es um die Kontrolle der Raten geht, und angesichts der schwachen Nachfrage und des Überangebots an Schiffen war es für die Reedereien klar, dass etwas getan werden musste«, sagt er. »Was wir als Reaktion darauf gesehen haben, sind einige sehr mutige, gemeinsame Schritte der Branche, die anscheinend den Spieß umzudrehen vermögen.«

Kapazitätskürzungen und GRIs gegen niedrige Spotraten

Im zweiten Quartal 2023 reduzierten die Linienreedereien gemeinsam die angebotene Kapazität zwischen Asien und der nordamerikanischen Westküste um 7 % im Vergleich zum Vorjahr, in der Hoffnung, die Raten zu erhöhen. Die Mitte April und Anfang Juni vorgenommenen allgemeinen Ratenerhöhungen (General Rate Increases, GRIs) blieben jedoch ohne Wirkung. Unbeeindruckt von diesem Misserfolg haben sie diese Taktik weiter verfolgt und ihre Kapazitäten im Juli und August im Vergleich zum Vorjahr um 14 % gekürzt.

Sand zeigt, dass die Spotraten für diesen Trade derzeit ein Elf-Monats-Hoch erreicht haben und auf 2.200 $ pro FEU gestiegen sind. Darüber hinaus sind auch die langfristigen Verträge auf dem Weg nach oben, wobei Vereinbarungen, die im August in Kraft treten, nun die Marke von 2.000 $ pro FEU überschreiten. »In gewisser Weise haben die Spediteure hier die Verlader überlistet«, meint Sand.

Böse Überraschung für Verlader, die mit neuen Verträgen gezögert haben

»Das mag für einige Verlader eine böse Überraschung sein, die sich an sinkende Raten gewöhnt haben und sich angesichts der unsicheren Verbrauchernachfrage mit der Unterzeichnung neuer langfristiger Verträge zurückgehalten haben. Nun befinden sie sich in der schwierigen Lage, einen starken Anstieg der Raten zu erleben, bevor sie einen neuen Vertrag abgeschlossen haben. Dies und jede weitere Verzögerung könnte sich als sehr kostspielig erweisen«, sagt Sand, der bereits in den letzten Wochen vor einer solchen möglichen Entwicklung gewarnt hatte.

Xeneta zufolge werden die Raten dank der gemeinsamen Anstrengungen der Carrier – und der Tatsache, dass nervöse Verlader nun möglicherweise Volumen festschreiben müssen – ihren Aufwärtstrend im September wahrscheinlich fortsetzen. Darüber hinaus könnte die Goldene Woche in China, die in der ersten Oktoberwoche beginnt, einen zusätzlichen Aufwärtsdruck ausüben, wie Sand betont. »In normalen Jahren erleben wir einen Anstieg der angebotenen Kapazitäten vor der Schließung und einen Rückgang danach, aber wie wir wissen, war 2023 kein normales Jahr.«

Die Reedereien konzentrieren sich nach Sand Beobachtung jetzt darauf, die Kapazitäten sorgfältig zu managen, um die Frachtraten unter Kontrolle zu halten, und kündigen bereits für die Woche 39, die Woche vor dem Feiertag, und die Woche 41, in der der Feiertag endet, gestrichene Fahrten an. »Weitere Ankündigungen werden in den kommenden Wochen erwartet, so dass wir sehen können, dass es klare, kollektive Anstrengungen gibt, um das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu erreichen und die Raten auf dem gewünschten Niveau zu halten« sagt Sand.

»Die Verlader müssen sich dessen bewusst sein«, so der Analyst. »Ein kluges Management seitens der Linienreedereien erfordert einen ebenso proaktiven Ansatz seitens der Verlader, die sich ein klares Bild von der Entwicklung der Raten machen müssen, um den Wert zu erhalten, den ihre Unternehmen benötigen. In der Welt der Seefrachtratenverhandlungen gibt es keinen Platz für Selbstgefälligkeit, und in einer so dynamischen Situation war das noch nie so wahr wie jetzt.«