Der Hafen Hamburg hat im Jahr 2023 weniger Container umgeschlagen, der Massengutumschlag konnte stabil gehalten werden. In der Nordrange hält Deutschlands größter Seehafen seinen Marktanteil.
Neben den geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, die 2023 den Umschlag in allen Häfen der Nordrange beeinträchtigt haben, wirkten sich auf das Geschäft des Hamburger Hafens zudem die rückläufige Entwicklung der deutschen Wirtschaft und das verhaltene Konsumklima aus. Der Containerumschlag verzeichnete 2023 im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang, wenngleich sich im zweiten Halbjahr eine leichte Erholung einstellte. Verglichen mit den nordeuropäischen Wettbewerbern ist in Hamburg ein geringerer Rückgang bei containerisierter Ladung zu verzeichnen, sodass der Hamburger Hafen seine Marktanteile hält. [ds_preview]
Im Jahr 2023 wurden im Hafen Hamburg insgesamt 114,3 Mio. t an Gütern umgeschlagen. Der Seegüterumschlag liegt damit 4,7 % unter dem Vorjahresniveau. Auf den Export und Import verteilten sich 2023 48 bzw. 65,6 Mio. t. Der Containerumschlag lag nach zwölf Monaten bei 7,7 Mio. TEU gegenüber 8,3 Mio. TEU im Vorjahr. Dies entspricht einem Rückgang von 6,9 %. Im ersten Halbjahr 2023 betrug der Rückgang beim Containerumschlag noch 11,7 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. »Wir liegen mit der Entwicklung unserer Umschlagzahlen auf einem Niveau mit dem nordeuropäischen Wettbewerbsumfeld und können uns im Vergleich mit anderen Häfen gut behaupten. Der Rückgang ist in erster Linie der schwierigen geopolitischen und wirtschaftlichen Situation geschuldet, mit der sich alle Marktteilnehmer konfrontiert sehen«, erklärt Axel Mattern, Vorstand bei Hafen Hamburg Marketing. Im 4. Quartal habe sich der Umschlagrückgang abgeschwächt.
Stabil zeigte sich im Jahr 2023 mit 36,2 Mio. t (-0,2 % im Vergleich zum Vorjahr) der Umschlag von Massengut. Mit einem Plus von 8,4 % auf 6,6 Mio. t verzeichnete insbesondere das Geschäft im Bereich Agribulk einen Zuwachs. Im Bereich der Flüssigladung steigerten die Unternehmen den Umschlag auf 10,6 Mio. t. Dies entspricht einem Plus von 6,6 % im Vergleich zum Vorjahr. Der Umschlag von Greifergut hingegen geht um 6,2 % auf 19 Mio. t zurück. Gründe hierfür sind den Angaben zufolge zum einen eine geringere Verstromung von Kohle als auch eine Revision in einem über den Hamburger Hafen angebundenen Stahlwerk.
Hafen Hamburg verzeichnet Verluste im China-Verkehr und Rekord im USA-Umschlag
Mit Abstand an der Spitze dieser Liste steht nach wie vor China – allerdings mit einem Rückgang von 12 % im vergangenen Jahr auf einen Containerumschlag von 2,2 Mio. TEU. Hingegen setzten die USA-Verkehre ihre positive Entwicklung der vergangenen Jahre fort. Mit dem mittlerweile zweitstärksten Handelspartner des Hamburger Hafens wurden 2023 insgesamt 653.000 TEU umgeschlagen. Das entspricht einem Plus von 8 % im Vergleich zum Vorjahr. Positiv fällt auch die Entwicklung des Umschlags mit Indien aus. Im Direktverkehr wurden im vergangenen Jahr mit 191.000 TEU 5,6 % mehr Container mit dem bevölkerungsreichsten Land der Erde umgeschlagen. Indien rückt damit auf Platz acht der wichtigsten Handelspartner des Hamburger Hafens vor.
Der Trend, dass mehr Containerschiffe der sogenannten »Megamax-Klasse« ab 18.000 TEU den Hafen Hamburg anlaufen, setzt sich fort. Mit 272 Schiffen stieg die Zahl im Jahr 2023 um 14,8 %. »Wir freuen uns, dass die Anzahl der Anläufe von Großcontainerschiffen in Hamburg im vergangenen Jahr zugenommen hat. Dass so viele der größten Containerschiffe der Welt den Hamburger Hafen anlaufen, verdeutlicht die Leistungsfähigkeit und die Zuverlässigkeit des Hafens«, sagt Friedrich Stuhrmann, CCO bei der Hamburg Port Authority (HPA). »Gleichzeitig unterstreicht dies die Notwendigkeit, die Infrastruktur für diese Schiffe weiter zu optimieren und eine effektive Unterhaltung der Bundeswasserstraße Elbe sicherzustellen.«
Auch die Anzahl der Anläufe von Großcontainerschiffen insgesamt nahm zu. 511 Anläufe von Ultra-Large-Container-Ships ab 10.000 TEU wurden 2023 verzeichnet, ein Zuwachs von 5,1 % im Vergleich zum Vorjahr. Daneben nahm die Anzahl von Very-Large-Container-Ships (8.000 bis 9.999 TEU) und Panamax-Containerschiffen (4.000 bis 5.999 TEU) an den Hamburger Terminals kräftig (23,1 % bzw. 36,7 %) zu.
Hinterlandverkehre und Transshipment im Minus
Die Hinterlandverkehre des Hamburger Hafens verzeichnen mit einem Volumen von 5,1 Mio. TEU ein Minus von 4,7 %. Stärker zurück gingen die Transhipmentverkehre (2,6 Millionen TEU, -10,9 % im Vergleich zum Vorjahr), die sich bereits in der Vergangenheit als volatil erwiesen hatten.
Die Bahn transportierte trotz betrieblichen Herausforderungen, wie Streikereignissen und ausgeprägten Schlechtwetterlagen, insgesamt 45,6 Mio. t (-3,6 %) an Gütern und Waren über »Europas größten Eisenbahnhafen«. Im Modal Split liegt der Verkehrsträger mit einem Anteil von 53,5 % weiter klar vor dem Lkw (38,1 %) und dem Binnenschiff (8,4 %).
Im Containerbereich zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: Im vergangenen Jahr gingen 2,5 Mio. TEU per Bahn ins Hinterland des Hamburger Hafens bzw. kamen von dort. Dies entspricht einem Minus von 6,4 %. Damit bewegte die Bahn annähernd die Hälfte (49,7 %) aller Container im Hinterlandverkehr, während über die Straße 47,9 % und über die Binnenwasserstraßen 2,4 % abgewickelt wurden.
Stimmen zur Umschlagbilanz: »Kein Zustand, auf dem man sich ausruhen sollte«
Anlässlich der Präsentation der Umschlagszahlen des Hamburger Hafens für das Jahr 2023 erklärte der Geschäftsführer des Verbands Hamburger und Bremer Schiffsmakler, Alexander Geisler: »Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass der Hamburger Hafen mit den vorgelegten Ergebnissen ungefähr auf Linie mit seinen Marktbegleitern auf der Westrange ist. Daher gibt es bei den tatsächlichen Marktanteilen kaum Verschiebungen, was erfreulich ist. Gleichwohl ist das kein Zustand, auf dem man sich ausruhen sollte. Insbesondere der Einbruch bei den Transhipmentverkehre ist alarmierend und sollte aufrütteln.« Natürlich spiele hier der Wegfall des russischen Marktes eine Rolle, aber die »Abwanderung« halte an. Hierfür seien neben der allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Entwicklung auch die besseren operativen Rahmenbedingungen an anderen Standorten, z.B. vermehrte Multi-Fuel-Bunker-Möglichkeiten und eine höhere Produktivität an den Terminals ausschlaggebend. »Hier muss der Hamburger Hafen dringend aufholen. Die Voreiterrolle beim Ausbau von Landstromanlagen ist zwar bemerkenswert, aber Landstrom-Anschlüsse bringen keinen Umschlag. Der Hamburger Hafen braucht nun eine beherzte Produktivitätsoffensive auf allen Ebenen«, so Geisler.
Die FDP-Landesvorsitzende in Hamburg, Sonja Jacobsen, nutze die Bilanz des Hafens zur Kritik an der Rot-Grünen Koalition in dem Stadtstaat. Angesichts des Abwärtstrends bei wichtigen Kennzahlen sei es nicht nachvollziehbar, »dass sich Rot-Grün in der Hafenpolitik weiter ausruht«. Entscheidende Infrastrukturmaßnahmen wie Elbvertiefung und A26-Ost dürften nicht durch Streitk zwischen den Koalitionspartnern in Frage gestellt werden. »Jetzt ist der Senat gefordert, um sich im Bundesrat für eine schnelle Bahnverbindung Hamburg-Hannover stark zu machen. Die SPD in Niedersachsen hat das wichtige Projekt aus eigennützigen Gründen auf das Abstellgleis gestellt. Bürgermeister Tschentscher muss dafür sorgen, dass hier wieder Bewegung auf die Schiene kommt, damit die dringend benötigten Kapazitäten für den Güterverkehr frei werden. Eine gute Hinterlandanbindung ist wichtig für den Hamburger Hafen und damit auch für viele Tausend Arbeitsplätze in Niedersachsen«, so Jacobsen.