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Ehemalige Mitarbeiter der Schichau-Werft aus Bremerhaven sowie Fahrensleute der Bugsier-Reederei erkennen anhand der Silhouette der Luxusyacht »Arctic P« noch immer den ehemaligen deutschen Hochseeschlepper »Arctic«. Zuletzt wurde sie in Neuseeland gesichtet. Auch andere Schlepper verkehren heute als Yacht.

Die heutige Luxusyacht »Arctic P« war als Schlepper vor über 55 Jahren auf der Werft am damaligen Standort am Neuen Hafen in Bremerhaven mit der Baunummer 1746 produziert worden.[ds_preview]

Doch heute zieht das Schiff mit dem übergroßen Radarmast und den großen Satellitenanlagen keine Havaristen oder Ölplattformen mehr durch die Weltmeere, sondern dient als schwimmendes Urlaubsparadies für eine australische Millionärin, in den letzten Jahren vor allem im Südseebereich. Aktuell liegt die »Artic P« in Auckland, Neuseeland, wo der Shipspotter Paul Milller Fotos der einzigartigen Yacht aufnehmen konnte.

Mit einem Pfahlzug von 179 t und Zugdrähten mit 380 t Bruchfestigkeit waren die beiden 1969 bei der Schichau-Werft erbauten Hochseeschlepper »Oceanic« und »Arctic« die seinerzeit leistungsfähigsten und stärksten Bergungsschlepper weltweit. Diese kamen für die Hamburger Bugsier Reederei zum Einsatz.

Da im Jahr 1967 der Suezkanal in der Folge des 6-Tages-Krieges zum zweiten Mal von Ägypten für die Schifffahrt gesperrt wurde, und alle Rohöltransporte aus dem arabischen Ölfördergebieten in Richtung Europa bzw. Amerika über mehrere Jahre um die Südspitze Afrikas, das Kap der Guten Hoffnung, herum geführt wurden, erkannte Bugsier unter Führung von Heinrich Schuchmann, dass die damals immer größer werdenden Tanker im Fall von Havarien wesentlich größere Bergungsschlepper benötigten. Auch zeichneten sich damals schon Verschleppungsaufträge für Bohrinseln in der gerade entwickelnden Offshore-Ölförderung, beispielsweise in der Nordsee, ab.

Somit wurden »Oceanic« und »Arctic« nach der Ablieferung längere Zeit entlang der Tankerroute an der Südspitze Afrikas stationiert. Im Jahr 1972 übernahm die mit einem eisverstärktem Rumpf erbaute »Arctic« dann auch noch einen besonderen Auftrag in der Antarktis und barg dort das auf Grund gelaufene Kreuzfahrtschiff »Lindblad Explorer«. Mitte der 1980er Jahre erhielt das Schiff bei der Bauwerft noch zwei neue Deutz-Hauptmaschinen mit einer Leistung von jeweils 4.853 kW.

Doch schon zu diesem Zeitpunkt gab es immer weniger Beschäftigung für die beiden leistungsstarken Hochseeschlepper. Denn technische Verbesserungen im Schiffbau führten zu immer weniger Havarien und somit einem verminderten Bedarf an Bergungsschleppern. Auch der vermehrte Einsatz sogenannter Ankerziehschlepper in der Offshore-Industrie sorgte somit zu immer längeren Liegezeiten. Anfang der 1990er Jahre wurden sie etwa über längere Zeiträume in Bremerhaven an der so genannten Schuchmannpier im Kaiserhafen I aufgelegt.

Über ein irisches Investmentunternehmen erwarb der australische Milliardär Kerry Packer den Schlepper »Arctic« von der Bugsier-Reederei und lies ihn ab 1994 auf der Malta Shipyards nach dem Design von Kusch Yachts aus Hamburg zur Privatyacht umfangreich umbauen. Dabei wurden auf dem Achterdeck neue Kabinen aufgesetzt. Seit der Fertigstellung trägt der ehemalige Schlepper nun den Namen »Arctic P« und ist als Yacht eingetragen.

In den Folgejahren wurde die »Arctic P« immer wieder umgebaut und soll nun unter anderem über ein 4-D-Kino mit Surround-Sound und vibrierenden Stühlen, einen beheizten, vor Witterungseinflüssen geschützten Pool, ein voll ausgestattetes Fitnessstudio, eine Bibliothek als auch über ein professionelles Tauchzentrum verfügen. Nach dem Tod von Kerry Packer 2005 erwarb die Tochter, die australische Geschäftsfrau und Philanthropin Gretel Packer, in einem Vergleichsverfahren mit ihrem Bruder James Packer die Yacht. Diese bietet nun Platz für bis zu 12 Gäste und 25 Besatzungsmitglieder. Die Höchstgeschwindigkeit der »Arctic P« wird mit 18 kn angegeben.

Weitere Schlepper als Luxusyacht unterwegs

Aufgrund der Vorgeschichte als Bergungsschlepper verfügt die Yacht auch über ein paar bauartbedingte Besonderheiten im Vergleich zu den heutigen klassischen Yachten. So fasst der Bunkertank 1.400.000 l Treibstoff, so dass auch weitere Seestrecken ohne Bunkerstopp zurückgelegt werden können. Dank des eisverstärkten Rumpfes unternahm die »Arctic P« im Jahr 2013 eine Reise in die Antarktis in Richtung Südpol. Zuletzt war sie 677 sm vom Südpol entfernt. So dicht war bis dahin kein Schiff gefahren, ein Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde folgte.

Die »Arctic P« ist übrigens nicht der einzige ehemalige Bugsier-Bergungsschlepper, der heute auf den Weltmeeren als Yacht verkehrt. So wurde im Jahr 1993, fast zeitgleich mit der »Arctic«, auch die ehemalige »Simson« 1973, ebenfalls auf der Schichau Werft, in Bremerhaven gebaut, über die Hamburger Yachtagentur Claus Kusch an einen Schweizer Industriellen verkauft. Auch dieser Umbau erfolgte bei Malta Shipyards. Mittlerweile verkehrt das 77,7 m lange Schiff unter dem Namen »Lone Ranger« und lag in der Vergangenheit schon mehrfach bei Blohm+Voss in Hamburg für Umbauarbeiten.

Die ehemalige »Oceanic«, Schwesterschiff der »Arctic«, die zunächst ab März 1996 als Notschlepper für einen Einsatz in der Nordsee an den Bund verchartert wurde, konnte vor elf Jahren von Bugsier unter dem Namen »Osman Khan« an eine türkische Reederei verkauft werden. Seit acht Jahren liegt der Schlepper nun schon auf einer Werft in Malta und wartet dort auf einen Yachtumbau, der bereits mehrfach angekündigt wurde. Es bleibt spannend was mit dem alten Bergungsschlepper noch passiert, denn bislang konnten Beobachter dort noch keine Umbauarbeiten erkennen. (CE)