Nächste Runde in der Debatte um die Zukunft der Köhlbrandbrücke im Hamburger Hafen: SPD-Chefin und Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard hat neue Pläne vorgestellt, die ein deutlich höheres Bauwerk vorsehen.
Eigentlich sollte die Politik der Hansestadt schon vor einigen Tagen über die neuen Pläne für die Köhlbrandbrücke beraten. Umweltsenator Jens Kerstan von den Grünen hatte allerdings noch Einwände.[ds_preview]
So stellte Leonhard die Pläne nun am Ostermontag vor den heute anstehenden Beratungen im Senat vor. Neue Brücke? Tunnel? Reparatur der »alten« Brücke? In den vergangenen Monaten ist das Thema sehr intensiv debattiert worden. Pro und Contra, Kosten, Stabilität, Bedarfe der Schifffahrt und Logistik, Sorgen um den Umweltschutz – die Meinungen gehen zum Teil weit auseinander.
Neue Köhlbrandbrücke soll Durchfahrtshöhe von 73,5 m bekommen
Die Landes-SPD-Chefin hatte das Thema schließlich zur Chefin-Sache gemacht und weitere Prüfungen angeordnet. Das es jetzt noch etwas länger gedauert hat, begründet sie mit der nötigen Sorgfalt bei den Untersuchungen.
Der aktuelle Plan – das endgültige Design soll im Übrigen noch ausgeschrieben werden. – sieht nun eine neue Brücke vor, die eine Durchfahrtshöhe von 73,5 m bekommen soll. Hoch genug für große Containerschiffe und auch gewappnet für die geplanten Energie-Aktivitäten im Hafenbereich. »Nach Abwägung aller unterschiedlichen Querungsalternativen überwiegen die Vorteile einer Brücke«, sagte Leonhard. Sie erwarte eine einstimmige Entscheidung im Senat.
Wird der Plan umgesetzt, wäre die neue Köhlbrandbrücke künftig 20 m höher als das aktuelle Bauwerk, und soll bis zu 100 Jahre halten. Insgesamt stehen Kosten zwischen 4,4 bis 5,3 Mrd. € im Raum – immerhin noch rund ein Viertel billiger als ein Tunnel, argumentieren die Befürworter. Wenn alles gut läuft, könnte der Verkehr ab 2040 über die Brücke laufen, wenn die Bauzeit von etwa 10 Jahren eingehalten wird.
Kritik folgt prompt
Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten. BUND und NABU nannten die neuen Pläne die schlechteste aller möglicher Lösungen, unter anderem wegen der Windanfälligkeit des höheren Bauwerks. Die oppositionelle CDU moniert Unklarheiten bei der Finanzierung, die Linke sieht noch Gesprächsbedarf.
Der Verein Hamburger Spediteure (VHSP) sieht in den Plänen ein »Sinnbild für den Zustand Deutschlands«. »Als Verein Hamburger Spediteure hatten wir die Erwartung, dass Entscheidungen von nationalem Interesse, wie dem Ersatzneubau der Köhlbrandbrücke, in der notwendigen Geschwindigkeit getroffen werden, um den Wirtschaftsstandort wieder wettbewerbsfähig zu machen«, sagt Axel Plaß, Vorsitzer des VHSp und Präsident des DSLV unter Verweis auf den Ende 2023 von Bund und Ländern verabschiedeten Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung (»Deutschlandtempo«). Dieser müsse in die Tat umgesetzt werden, »insbesondere in Hamburg, wo es fast siebzehn lange Jahre gedauert hat, bis endlich mit den Vertiefungs- und Verbreiterungsarbeiten an der Elbe begonnen werden konnte«.
Der jetzt von vorgestellte Zeitplan belegt aus Sicht des Verbands »eindrucksvoll, warum sich die wirtschaftlichen und politischen Probleme in Deutschland häufen«. Vor rund zwölf Jahren wurde vom damaligen Hamburger Bürgermeister und heutigem Bundeskanzler Olaf Scholz bekannt gegeben, dass die jetzige Köhlbrandbrücke marode sei und durch einen Ersatzbau ersetzt werden müsse.
Der VHSP kritisiert nun, dass »in der Politik über ein Jahrzehnt lang keine Entscheidung getroffen« worden sei. »Stattdessen wurde jahrelang über eine Tunnelvariante diskutiert, die neben einem Containerbeförderungssystem auch noch einen Fahrradweg beinhalten sollte. Und jetzt soll es noch einmal fast ein Vierteljahrhundert dauern, bis der Ersatzbau fertig, die alte Brücke abgerissen und das Containerterminal in Altenwerder auch von den größten Containerschiffen angelaufen werden kann. In Anbetracht dieser Fakten stellen wir uns als VHSp ernsthaft die Frage, ob der Hamburger Hafen tatsächlich noch im nationalen Interesse Deutschlands liegt«, so Plaß.
Aufgrund der steigenden Verkehrsbelastung und der daraus resultierenden Verschlechterung des Bauwerkszustandes ist der wirtschaftliche Betrieb der Köhlbrandbrücke über das Jahr 2030 nicht mehr möglich. Das Bauwerk erfüllt nach Einschätzung der HPA nicht die heutigen und künftigen prognostizierten Anforderungen hinsichtlich Verkehrsmengen und Lastannahmen. Um die extremen Belastungssituationen für die Brücke zu reduzieren, wurde 2012 bereits ein Überholverbot für Lkw angeordnet. In Abhängigkeit vom Bauwerkszustand könne die Lastreduzierung so weit gehen, dass künftig Spuren gesperrt oder Schwerverkehr verboten werden müsse. Zudem entspricht die 1974 eingeweihte Brücke mit ihrer Durchfahrtshöhe von 53 m nicht mehr den prognostizierten Größenverhältnissen zukünftiger Containerschiffe.