Bei neuen Verhandlungen über langfristige Frachtraten wandeln die Linienreedereien aktuell auf einem schmalen Grat zwischen Risiko und Ertrag. Der Markt wird weiterhin vom Konflikt im Roten Meer und der damit verbundenen Unsicherheit beherrscht.
Die neuesten Daten, die Xeneta heute veröffentlicht hat, zeigen, dass der Durchschnittswert aller gültigen langfristigen Verträge auf dem Markt, dargestellt im Index Global XSI, im April mit 154,3 Punkten relativ konstant blieb und gegenüber März nur um 1,7 % gestiegen ist. Betrachtet man jedoch die Teilindizes innerhalb dieses globalen Wertes, so zeigt sich ein dynamischer Markt. [ds_preview]
Der XSI für europäische Importe erreichte 171,8 Punkte, was einem Anstieg von 9,2 % gegenüber März und dem stärksten Anstieg gegenüber dem Vormonat seit Juni 2022 entspricht. Der Wert liegt aber noch 34,2 % unter dem Vergleichswert des Vorjahres.
Der XSI-Teilindex für US-Importe sank jedoch im April um 9,4 % auf 150,6 Punkte. Und obwohl der globale XSI-Wert im April im Vergleich zum Vormonat leicht gestiegen ist, liegt er immer noch um 50,1 % niedriger als im April 2023.
Da die langfristigen Verträge vieler US-Verlader von April bis Mai laufen, werden die XSI®-Zahlen im nächsten Monat Aufschluss darüber geben, wie sich die jüngsten Verhandlungen entwickelt haben.
Angst vor Überkapazitäten in einem unsicheren Markt bremst Frachtraten
Emily Stausbøll, Xeneta Senior Shipping Analyst, sagt: »Wir haben im April einen starken Anstieg des XSI für europäische Importe verzeichnet, was hauptsächlich auf die anhaltenden Auswirkungen des Konflikts im Roten Meer zurückzuführen ist. Angesichts der Tatsache, dass der Spotmarkt für Verkehre wie Fernost-Mittelmeer immer noch um mehr als 60 % höher ist als vor zwölf Monaten, würde man erwarten, dass die Reedereien auf noch höhere langfristige Raten drängen würden.«
Die Argumente für höhere langfristige Raten würden durch einen Anstieg des weltweiten Containeraufkommens im Januar und Februar um 10,7 % im Vergleich zu den ersten beiden Monaten des Jahres 2023 gestärkt. Der Grund, warum die Reedereien keine höheren langfristigen Raten fordern, ist ihrer Einschätzung nach, dass sie »Angst vor Überkapazitäten in einem unsicheren Markt« haben.
Seit dem zweiten Quartal 2023 wurde in jedem Quartal eine Rekordzahl neuer Containerschiffe abgeliefert. Der Konflikt im Roten Meer hat die Reedereien zwar bisher weitgehend vor Überkapazitäten im Jahr 2024 geschützt, da die Umleitungen um das Kap der Guten Hoffnung mehr Schiffe erfordern, um die Fahrpläne einzuhalten. »Ändert sich die Situation und kehren in den nächsten zwölf Monaten Containerschiffe in großem Umfang ins Rote Meer zurück, sind die Reedereien den Auswirkungen der Überkapazitäten stark ausgesetzt, und die Frachtraten am Spotmakrt werden wahrscheinlich einbrechen«, meint die Analystin.
»Ja, die Reedereien wollen langfristig höhere Raten, aber sie müssen sich auch langfristige Mengen sichern. Das ist der schmale Grat, auf dem sie zu wandern versuchen, indem sie Risiko und Ertrag in einem so unberechenbaren Markt abwägen«, so Stausbøll.