v.l.: Thomas Gelder (IG Metall), Andreas Hensen (Meyer Werft), Ralf Schmitz (Meyer Werft), Bernd Eikens (Meyer Werft), Thomas Hebbelmann (Meyer Werft) (© Assies)

Jetzt herrscht Gewissheit. Auf der finanziell stark angeschlagenen Meyer Werft in Papenburg verlieren 340 der rund 3300 direkt bei dem Kreuzfahrtschiffbauer Beschäftigten ihren Job. Die Gewerkschaft IG Metall, der Betriebsrat der Werft und die Geschäftsführung haben sich zudem auf weitere Eckpunkte der Sanierung des Unternehmens geeinigt. Für den Einstieg von Investoren zeigt sich die Werft offen.

Geschlossen zeigten sich am Mittwochnachmittag zu einer Pressekonferenz Meyer-Werft-CEO Bernd Eikens, Sanierer Ralf Schmitz, Betriebsratsvorsitzender Andreas Hensen sowie der IG Metall-Bevollmächtigte für Leer und Papenburg, Thomas Gelder und Heiko Messerschmidt von der IG Metall Küste.[ds_preview]

Betriebsratsvorsitzender Andreas Hensen betonte, er sei dankbar, dass man geschlossen ein Eckpunkte-Papier unterzeichnet habe. Das beinhaltet zunächst einen Stellenabbau von 340 statt zunächst geplanten 440. »Davon werden 100 befristete Stellen auslaufen. Wir wollen betriebsbedingte Kündigungen nach Möglichkeit vermeiden«, so Hensen. Garantiert werden soll im Gegenzug der Vereinbarung zufolge eine Belegschaftsstärke von mindestens 3.100 Beschäftigten, davon mindestens 1.200 Beschäftigte in der Fertigung auf der Meyer Werft und eine Beschäftigungssicherung bis Ende 2030.

Zuletzt war von Vertretern aus der Politik der Unternehmenssitz der Werft in Luxemburg kritisiert werden. Dieser soll nun wieder zurück nach Deutschland verlegt werden und zudem ein Aufsichtsrat und ein Konzernbetriebsrat eingerichtet werden.

Meyer-Werft-CEO Bernd Eikens, der seit Dezember vergangenen Jahres für das Unternehmen arbeitet, lobte die gemeinsame Einigung und betonte: »Die Eigentümerfamilie Meyer hat über Jahrzehnte in das Unternehmen investiert und Gewinne reinvestiert. Jetzt müssen wir wieder profitabler werden. Der Rahmenvertrag ist ein wichtiger Baustein für die Zukunft der Werft und der Belegschaft.« Eikens zufolge müssten aber weitere Schritte folgen. »Es geht um die Zukunft des Unternehmens, von Beschäftigten und Zulieferern in der Region und darüber hinaus. Heute ist die Bedeutung der Meyer Werft für die Region und den maritimen Standort Deutschland nicht hoch genug einzuschätzen«, so Eikens weiter.

Meyer-Werft-CEO-Eikens: »Die Aussichten sind gut«

Im Dialog mit Kunden zeigte sich der CEO optimistisch: »Die Aussichten für die Kreuzfahrt sind gut, wir erwarten ein Wachstum von sechs Prozent im Markt in den nächsten zehn Jahren.«

Ralf Schmitz, Chief Restructuring Officer der Meyer Werft, blickte auf eine emotional aufgeladene Stimmung während der Verhandlungen zurück, »wie ich sie selten in Unternehmen erlebe«. Man habe nun im Sinne der Beschäftigten und der gesamten Meyer-Gruppe ein beachtliches Ergebnis erzielt. »Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer erfolgreichen Sanierung des Unternehmens«, so Schmitz. Gleichwohl sei nun nach dem Land, dass zu einhundert Prozent hinter der Werft stehe und die Wichtigkeit der Meyer Werft für die Region und die maritime Wirtschaft kenne, die Unterstützung des Bundes zur Sicherung des Standortes gefordert.

Politik ist am Zug

»Wir haben noch einen langen Weg vor uns, aber die Meyer Werft hat eine Perspektive mit hervorragenden Produkten, einem Markt für diese Produkte und Kunden, die diese Produkte nachfragen. Sollten wir es gemeinsam nicht schaffen, diese Werft zu retten, würde das auch immense Auswirkungen auf die gesamte maritime Wirtschaft und ein breites Zulieferernetzwerk haben«, so Schmitz.

Auch die Gewerkschaft IG Metall Küste sieht nun die Bundespolitik am Zug: »Wir haben uns hier zusammengerauft, wir haben hart gerungen, haben eine vernünftige Einigung bekommen. Trotzdem ist die Werft damit nicht gerettet«, sagte Heiko Messerschmidt vom IG-Metall-Bezirk Küste. Dafür sei Hilfe der Bundesregierung nötig. »Jetzt brauchen wir entsprechende Signale aus Berlin und die müssen sehr, sehr schnell kommen«, sagte Messerschmidt. Das sei nötig für den Erhalt der Werft und der Arbeitsplätze.

Notfalls sei man auch bereit, in Berlin Druck zu machen und auch auf die Straße zu gehen, um die Bedeutung der Meyer Werft zu verdeutlichen. »Es ist eben nicht die Meyer Werft, sondern es ist der Kern des zivilen Schiffbaus, und der darf nicht fallen«, so Messerschmidt weiter.

Meyer offen für Einstieg von Investoren

In einer gemeinsamen schriftlichen Erklärung, die im Anschluss an die Pressekonferenz veröffentlicht wurde, erklärten der langjährige Seniorchef Bernard Meyer mit seinen Söhnen Jan, Tim und Paul, der Familie gehe es in erster Linie um ein erfolgreiches Fortbestehen des Familienunternehmens.

»Die jetzt von Geschäftsführung und Arbeitnehmervertretung geschlossene Rahmenvereinbarung ist die Basis für eine positive Zukunftsperspektive der Meyer Werft. Es ist eine belastbare Lösung im Sinne des Unternehmens, der Beschäftigten, Zulieferer und damit für die Region und den maritimen Standort Deutschland.« Die perspektivische Bildung eines Aufsichtsrats trage man mit und sei überzeugt, dass es in diesem Gremium eine konstruktive, vorausschauende Zusammenarbeit geben werde, so die Familie in ihrem Statement weiter. Gleichzeitig zeigt sich die Meyer-Familie offen für den Einstieg von Investoren. »Die Meyer Werft ist attraktiv für einen temporären Einstieg neuer Gesellschafter, und genau das lässt die Rahmenvereinbarung zu – unabhängig davon, ob der Investor öffentlich oder privat ist.«

In Folge der Nachwirkungen der Corona-Pandemie, Preissteigerungen durch den Urkaine-Krieg und Inflation ist das Papenburger Familienunternehmen in akute Schieflage geraten. Und das, obwohl erst Anfang des Jahres die US-Reederei Carnival Cruise Line zwei neue Kreuzfahrtschiffe bestellt hatte. Ende Mai hatte die Werft angekündigt, bis zu 440 Stellen streichen zu wollen. Nach erheblichem Wiederstand von Belegschaft, Betriebsrat, Gewerkschaft und Teilen der Politik wurde seit Anfang Juni über den Stellenabbau verhandelt.

Dieser ist unter anderem auch nötig, weil die Meyer Werft vor der Pandemie auf ein Auftragsvolumen von bis zu vier Kreuzfahrtschiffen jährlich gewachsen war. Zudem klafft ein Finanzierungsloch von 2,7 Milliarden Euro, bei dem sowohl das Land Niedersachsen, als auch der Bund helfen sollen.

Dennoch hat das Papenburger Unternehmen eine gute Auftragslage mit insgesamt sechs Kreuzfahrtschiffen, einem Forschungsschiff und dem Stahlbau für vier Offshore-Konverterplattformen. Für die finanzielle Belastungen sorgen die 80-prozentigen Vorfinanzierungen der Bausummen und Rückzahlungen von Bankkrediten in Höhe von 500 Millionen Euro.

Bei ersten Treffen innerhalb der niedersächsischen Landesregierung in Hannover sprachen sich Vertreter der Politik zuletzt einstimmig für die Unterstützung der Werft aus.   (CA)