Das Ziel des Reederei-Start-Ups Villa Vie Residences war ambitioniert, mit dem Kreuzfahrtschiff »Odyssey« nach einer nur dreiwöchigen Werftliegezeit auf eine dreijährige Weltreise zu gehen. Wohl zu ambitionert: Das Projekt verzögert sich.

Die Umbauarbeiten an der ehemaligen »Braemar« stellen wohl eine große Herausforderung dar. Der ursprüngliche Starttermin Mitte Mai wurde schon mehrfach verschoben, nun ist die Rede davon, dass es am 20. Juli nun endlich losgehen soll.[ds_preview]

CEO und Mitbegründer von Villa Vie Residences, Mike Petterson, erklärte jetzt in einem Video-Update die Gründe für die Startprobleme. Nach seinen Angaben ist die »Odyssey«, die ehemalige »Braemar« von Fred. Olsen, bereit, um mit bis zu 977 Gästen den Betrieb aufzunehmen. Doch ein aktuelles Problem mit dem Ruderschaft verzögere weiterhin die Abfahrt des Schiffs von der Werft Harland & Wolff-Werft in Nordirland. Alle anderen wichtigen Arbeiten an Bord seien aber bereits abgeschlossen. »Es war eine lange Reise. Wir haben dieses Schiff vor knapp vier Monaten übernommen. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nichts über das Schiff«, sagte Petterson.

Gebaut wurde das Schiff ursprünglich als »Crown Majesty« für die Commodore Cruise Line in Spanien. Bei der Ablieferung war es 163,8 m lang. 2001 erwarb die Reederei Fred Olsen Cruises das Schiff und setzte es seitdem als »Braemar« für ein vorwiegend englisches Publikum ein. Im Mai 2008 wurde das Kreuzfahrtschiff im Trockendock Elbe bei Blohm + Voss Repair GmbH um eine 31,20 m lange Mittelsektion verlängert. Mit dieser rund 2.250 t schweren Mitschiffsektion, die seinerzeit bei der Bremerhavener Schichau Seebeckwerft im Unterauftrag von Blohm + Voss Repair gefertigt wurde, erhöhte sich die Passagierkapazität des dann 195 m langen Kreuzfahrtschiffes auf rund 950 Passagiere.

Die »Odyssey« wurde Anfang der 1990er Jahre gebaut und war seit der pandemiebedingten Betriebspause Anfang 2020 außer Betrieb. Ursprünglich wollte Fred. Olsen Cruise Lines den Betrieb mit dem Schiff wiederaufnehmen, doch 2022 wurde dann doch entschieden das Schiff zum Verkauf anzubieten. Vier Jahre lag das Schiff somit »kalt« auf, d.h. alle Aggregate an Bord wurden abgeschaltet.

»Wir haben beschlossen, das Schiff zunächst als Frachtschiff zu zertifizieren, um es vom bisherigen Aufliegehafen Edinburgh nach Belfast zu bringen. Das war eine ziemliche Herausforderung, denn das Schiff war völlig kalt. Es lag vier Jahre lang still«, so Petterson. »Das Aufwärmen der Motoren und der Ausrüstung, um sie an den Punkt zu bringen, war viel aufwändiger als erwartet«. Die Außenbereiche des Schiffes waren durch die lange Zeit, in der das Schiff den Witterungseinflüssen ausgesetzt war, sehr abgenutzt, fügte er hinzu. Durch den Einsatz von Luftentfeuchtern konnten die Innenräume und öffentlichen Bereiche des Schiffes wieder schnell hergerichtet werden, die sich überwiegend in einem guten Zustand befinden sollen.

Bei der Vorbereitung zur Wiederinbetriebnahme des Schiffes ab Ende April stieß Villa Vie jedoch auf mehrere unerwartete Probleme, darunter eben auch auf Mängel an dem Ruderschaft, so dass die geplante Inbetriebnahme zum 15. Mai nicht erfolgen konnte. Danach verzögerte sich die geplante Abfahrt immer wieder. Andererseits bot sich durch die Verzögerung die Möglichkeit, einige öffentliche Bereiche auf dem Schiff weiter zu verbessern, so Petterson. »Wir haben noch andere Punkte, an denen wir derzeit aus technischer Sicht arbeiten, aber sie sind nicht Teil des kritischen Pfades«, sagte er.

Einen konkreten Fertigstellungstermin und somit die Aufnahme der geplanten dreijährigen Weltreise nannte Petterson in dem Video nicht. In einigen Sozialen Medien wird aktuell der 20. Juli als Termin genannt. Laut Fahrplan auf der homepage des Unternehmens soll das Schiff zu diesem Zeitpunkt in der norwegische Hauptstadt Oslo sein. Damit dürften dann aber die geplanten ersten Reisen in die Ostsee mit Besuchen des Schiffes auch in Kiel und Warnemünde vom Fahrplan gestrichen sein.

Projektidee von Villa Vie Residences nicht neu

Die Projektidee ist nicht neu, denn mit dem Schiff »The World« gibt es ein vergleichbares Residenzkreuzfahrtschiff, auf dem die Bewohner ihre Kabinen gekauft haben. Ein anderes ähnliches Projekt wie das von Villa Vie Residences scheiterte im Herbst. Die türkische Miray Cruises wollte mit dem aufgelegten Projekt Life at Sea Cruises mit der ehemaligen »Aidaaura« eine 3-jährige Kreuzfahrt durchführen. Doch die geplante Übergabe des Schiffes im November an der Columbuskaje in Bremerhaven musste kurz vor dem geplanten Beginn abgesagt werden, sehr zum Ärger der bereits gebuchten Gäste, da man offensichtlich den Kaufpreis für das Schiff nicht aufbringen konnte. Doch im Gegensatz zu Life at Sea Cruises ist Villa Vie Residences schon im Besitz des passenden Kreuzfahrtschiffes. Dieses sollte auf er dreijährigen Weltreise 425 Häfen in 147 Ländern besuchen.

Insgesamt 485 Kabinen stehen den Gästen an Bord zur Verfügung, und diese können für die 1301-tägige Weltreise nicht nur gemietet, sondern auch gekauft werden. Die günstigste innen liegende Kabine ist für etwa 90.000 € zu haben, hinzu kommen 1.600 € monatliche Kosten pro Person bei Doppelbelegung. 227.000 € werden für eine luxuriöse Kabine mit Balkon veranschlagt, plus monatliche Gebühren von 3650 € pro Person bei Doppelbelegung. Wer kauft, bekommt die Rechte an der Kabine für 15 Jahre und erhält Rabatte auf weiteren Schiffen. Ab 89 US-Dollar pro Tag und Person liegt der Preis zur Miete einer Innenkabine. Außenkabinen sind ab 119 US-Dollar zu haben und eine Balkonkabine liegt bei 199 US-Dollar. Rund 80 Prozent der verfügbaren Kabinen sind mittlerweile verkauft, wie das Unternehmen kürzlich mitteilte. Die eigentliche Weltreise soll am 6. Dezember 2027 in West Palm Beach in den USA enden, wird im Oktober 2026 aber für einen mehrwöchigen Werftaufenthalt in Singapur unterbrochen.

Durch den niedrigen Tiefgang des Schiffes können somit auch Binnengewässer und Flüsse befahren werden. Aufgrund der Schiffsbreite von nur 22,5 Meter ist dieses Schiff das bislang größte Kreuzfahrtschiff, dass den Kanal von Korinth mit einer Breite an der engsten Stelle von nur 24 Meter befahren hat.

Columbia Group an Bord

Sowohl für den technischen Betrieb als auch den Hotelbetrieb hat Villa Vie Residences Columbia Blue, ein Unternehmen von Columbus Cruise Services aus Hamburg beauftragt, das damit seine 35-jährige Erfahrung im Management von Hunderten von Schiffen weltweit einbringen wird. Das gesamte Hotelmanagement wurde an Seachefs übertragen.   (CE)