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Europäische Importeure führen derzeit ungewöhnlich hohe Mengen Rohkaffee ein und buchen dafür ganze Mehrweckfrachter statt Container.

Im Holz- und Fabrikenhafen in Bremen sollen diesen Monat zwei Schiffe mit großen Ladungspartien Rohkaffee in Bigbags abgefertigt werden.[ds_preview]

Der erste – „BBC Jade“ (12.000 tdw) – traf diese Woche ein und wird derzeit am Hansakai-Terminal gelöscht. An Bord befinden sich 7.000 t Ware, die im
brasilianischen Sao Sebastiao geladen wurden, wie ein Sprecher des Carriers BBC Chartering gegenüber der HANSA mitteilte.

Ein zweites Schiff – die „BBC Philippines“ (12.422 tdw) – ist schon unterwegs, mit 8.300 t Kaffee ebenfalls in Bigbags und auch aus Brasilien (Portocel/Aracruz). Diese Partie
werde je zur Hälfte in Antwerpen und in Bremen gelöscht, teilt die Reederei mit. In Hafenkreisen kursieren Gerüchte, wonach noch mindestens ein weiteres Schiff in den nächsten Wochen geplant sei.

Kaffee-Importeure müssen entwaldungsfreie Lieferketten nachweisen

Die erhöhte Befrachtungsaktivität für Kaffee hängt nach Angaben von Marktbeobachtern mit der geplanten Richtlinie der EU für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) zusammen. Unter den geplanten neuen Bestimmungen müssen Importeure nachweisen, dass für ihre Produkte keine Wälder abgeholzt wurden.

Dies muss durch einen Herkunftsnachweis mit Geodaten zur Anbaufläche dokumentiert werden. Zur Überwachung der Vorschriften drohen Importeuren und ihren Spediteuren verstärkte Kontrollen in den Einfuhrhäfen, wobei sich die Häufigkeit von Stichproben nach dem Risikograd der Erzeugerländer richtet.

Lager sollen vor neuem Gesetz gefüllt sein

Die EUDR soll unter anderem für Rohkaffee, Kakao, Holz, Kautschuk, Soja, Lebendvieh, Fleisch und Palmöl gelten. Aus Sorge um Lieferengpässe aufgrund der neuen Bestimmungen haben Rohkaffeeimporteure in Europa offenbar in größerem Stil Beschaffungen vorgezogen. Nach Angaben der niederländischen Rabobank wuchsen die Verladungen von Rohkaffee aus Brasilien in die EU in den ersten sieben Monaten um fast 65% gegenüber dem Vorjahr auf 13,3 Mio. Sack an. „Die Kunden möchten ihre Lager voll haben, wenn das neue Gesetz in Kraft tritt“, so ein Insider gegenüber der HANSA.

Bis zu dieser Woche stand die Branche unter großem Zeitdruck, weil die Entwaldungsrichtlinie eigentlich zum 30. Dezember in Kraft treten soll. Am Mittwoch sprach sich die EU-Kommission aber überraschend für eine Verschiebung um zwölf Monate auf Ende 2025 aus. Begründung: Mehrere „globale Partner“ hätten wiederholt Bedenken hinsichtlich ihres Stands der Vorbereitungen geäußert, zuletzt während der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Das Europäische Parlament und der Rat der EU müssen einer Verschiebung der Richtlinie noch zustimmen. (mph)

BBC Jade, Bremen
Die „BBC Jade“ liegt derzeit in Bremen, um 7.000 t Rohkaffee zu löschen. (© Hollmann)