VHT
VHT-Vorstandsmitglieder von links nach rechts: Robert Mahn, Justus Heinrich, Tobias Braun, Arne Linke, Holger Flindt, Tim de Bruyne-Ludwig (Geschäftsführer) (© Hollmann)

Nach einem rabenschwarzen Jahr 2023 ist die Schadenbelastung für den Verein Hanseatischer Transportversicherer (VHT) im vergangenen Jahr um 70% gesunken.

Die deutschen Schiffskaskoversicherer dürften 2024 finanziell ganz gut abgeschnitten haben. Wie aus aktuellen Zahlen des Vereins Hanseatischer Transportversicherer (VHT) hervorgeht, sind die Schäden stark gesunken, vor allem in der Seekaskosparte. [ds_preview]

Insgesamt und hochgerechnet auf 100% lagen die Schadenkosten aller durch den VHT betreuten Fälle im vergangenen Jahr bei 53,3 Mio. €. 2023 waren es 171,5 Mio. € gewesen, also mehr als dreimal so viel. Ausschlaggebend für diesen Ausreißer nach oben waren einzelne Großschäden, darunter der Brand des Con-Ro-Frachters „Grande Costa D’Avorio“ im Hafen Newark an der US-Ostküste im Juli 2023.

„Gute Nachricht für deutschen Kaskomarkt“

Nach einem „exorbitant schlechten Vorjahr“ sei der Schadenaufwand jetzt sogar unter das durchschnittliche Niveau früherer Jahre gefallen, sagte der VHT-Vorsitzende Tobias Braun im Gespräch mit der HANSA. „Das ist eine sehr gute Nachricht für den deutschen Kaskomarkt.“ Anders als im Vorjahr lagen die drei größten Einzelschäden im Seekaskosegment beim VHT jeweils deutlich unter 10 Mio. €.

Am teuersten war nach aktueller Schätzung wieder ein Brand auf einem Ro/Ro-Schiff, dafür werden rund 7,3 Mio. € veranschlagt. Ein anderer Brand auf einem General Cargo Ship schlägt für die beteiligten Versicherer mit 3,1 Mio. € zu Buche, ein dritter Schaden an einem Schwimmdock mit rund 1,5 Mio. €.

VHT, Braun
Tobias Braun, Lampe & Schwartze, Vorsitzender des Vorstands beim VHT: Gute Nachrichten für den deutschen Kaskomarkt (© Hollmann)

Weniger versicherte Seeschiffe

Getrübt wird die Statistik allerdings durch einen erneuten Rückgang der versicherten Seeschiffe. Zwei größere Flotten hätten sich mit ihren Kaskodeckungen aus dem deutschen Markt verabschiedet, berichtete VHT-Geschäftsführer Tim de Bruyne-Ludwig. „Zusammengenommen handelt es sich um rund 100 Einheiten.“

Das konnte nur teilweise durch Zugänge in anderen Sparten (Flusskasko, Loss Hire, sonstige) kompensiert werden, so dass die Zahl der betreuten Objekte von insgesamt 1709 auf 1642 schrumpfte. Der VHT als zentrale Schadenbearbeitungsstelle der deutschen Kaskoversicherer kommt dadurch zunehmend unter Druck, Kosten einzusparen und sich zusätzliche Betätigungsfelder zu suchen.

Auf dem traditionellen Neujahrsempfang des Vereins mit rund 360 Gästen im Bremer Rathaus kündigte Vorsitzender Tobias Braun heute einige Rationalisierungsmaßnahmen an, darunter den Umzug des Hamburger VHT-Büros an einen neuen Standort in der Hermannstraße 10 und eine stärkere Vernetzung und Vereinheitlichung der Prozesse mit dem Team in Bremen. Zudem will der Verein seine Dienstleistungen über die Service GmbH noch stärker Drittkunden anbieten.

Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und der demographischen Entwicklung in der maritimen Branche sei er optimistisch, dass „es dafür genug Nachfrage gibt“, sagte Braun. Von einer Krise des VHT könne man deshalb nicht sprechen. „Wenn man sich selber einmal um gut ausgebildete Fachleute bemüht, merkt man, wie schwer das ist. Gleichzeitig nehmen die Anforderungen an maritime Dienstleistungen noch zu“, pflichtete Vorstandsmitglied Holger Flindt von dem auf Yachtversicherung spezialisierten Assekuradeur Pantaenius bei.

Prämienraten unter Druck

Mit der Marktsituation in der Seekaskoversicherung sind die Vorstandsmitglieder trotz der verringerten Schadenquote im vergangenen Jahr nicht zufrieden. Grund: Seit Ende 2022 stehen die Prämienraten verstärkt unter Druck. Grund dafür ist u.a. ein erhöhtes Angebot an Risikokapazität im Londoner Markt, wo zahlreiche Agenturen mit größeren Kapazitätsgebern hinter sich neu in das Geschäft eingestiegen sind.

„Die preisen aggressiver und stellen schneller sehr hohe Kapazitäten zur Verfügung“, stellte Justus Heinrich fest, Global Product Leader Hull bei Allianz Commercial in Hamburg. Es stehe zu befürchten, dass der Markt noch weicher wird, sprich: dass die Prämien noch mehr unter Druck kommen. „Das ist nicht die Phase, in der man als Unternehmen in diesem Segment alles reinwirft.“ (mph)