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Michael Meyer Stellvertretender Chefredakteur – HANSA International Maritime Journal (© HANSA)

Geopolitik und Handelskriege, Migration und Grenzkontrollen, Nationalismus und »echte« Kriege … die Welt kommt aus den ganz großen Debatten nicht heraus. Und wahrlich sind es Zeiten, in denen aufgrund der Gefahr für unser Leben, wie wir es gewohnt sind, die Sorgenfalten bei Manchem zu tiefen Furchen werden. Seeleute

Mindestens mittelbar, bisweilen auch unmittelbar betrifft das auch die Wirtschaft, die Industrie und damit die Handelsströme. Und auch wenn das Argument arg strapaziert ist: da sind sie wieder, die berühmten 90 %: Der Anteil des Welthandels, der über See abgewickelt wird. Daher blickt die maritime Branche stets gebannt nicht nur auf Raten und Schiffs-Performance, sondern auch auf die nationale und internationale Politik.

Das ist richtig und wichtig, aber es sollte nicht der einzige Blick sein. Denn bei allem Fokus auf die großen Erzählstränge sollte der Faktor Mensch – im maritimen Sinne die Seeleute – nicht außer Acht gelassen werden. Solange eine echt-autonome Schifffahrt nicht mehr als eine Vision ist, solange ist diese Welt auf die Männer und Frauen angewiesen, die sich bei Wind und Wetter, rund um die Uhr, auf den Meeren verdingen und für unser aller (materielles) Wohl sorgen.

Sie sind jedoch auf See, also aus dem direkten Blickfeld des allergrößten Teils der Gesellschaft. Aber auch in der schwimmenden Anonymität kämpfen sie mit Sorgen, Nöten sowie kommerziellen und bürokratischen Widrigkeiten. Genau wie der Rest der Welt an Land.

„Verstoß gegen Menschenrechte von Seeleuten“

Die Gehälter der Seeleute steigen, wie wir jüngst aus einer Analyse gelernt haben. Nicht zuletzt wegen dem auch auf See durchschlagenden Fachkräftemangel sollten wir aber auch andere Faktoren im Blick behalten. Wenn bürokratische oder betriebswirtschaftlich-organisatorische Unsinnigkeiten dazu führen – nur um ein Beispiel zu nennen, das der General­sekretär der Deutschen Seemannsmission, Matthias Ristau, vor wenigen Tagen im HANSA Podcast zur Sprache brachte –, dass Seeleuten in verschiedenen, auch westeuropäischen Häfen faktisch der Landgang in bestimmten Situationen verwehrt wird, dann kann am System etwas nicht stimmen. Wenn die Helfer und Betreuer von einer stark genutzten Chatplattform oder einer Professionalisierung der psychosoziale Notfallversorgung als ­»Riesen-Schritt« sprechen, schlicht weil es notwendig ist, dann ist das mehr als eine gefühlsduselige Petitesse.

Hier gehts zur Deutschen Seemannsmission: https://seemannsmission.org

Ja, die Schifffahrt dreht mitunter das große Rad. Aber sie ist selbst auf viele kleine Rädchen und nicht nur sprichwörtlich helfende Hände angewiesen. An Land in den Kontoren, aber auch auf See, in den Maschinenräumen und auf den Brücken.

Es gibt Unterstützung für die DSM, sie hat zuletzt sogar zugenommen, wie Ristau betont. Genauso betont er aber auch: Da ist noch Luft nach oben.

In diesem Sinne: Nicht jeder hat die Möglichkeit, Seeleute zu unterstützen. Aber jeder kann das Einrichtungen wie z.B. der DSM oder anderen ähnlichen Projekten überlassen und diese unterstützen. Und eine Regierung kann beispielsweise den Vorstoß der DSM bei der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen unterstützen, damit, wie Ristau es nennt, Zwangsarbeit und Verstöße gegen Menschenrechte ein Ende finden.

Seefahrt tut Not. Seeleute tun Not. Mangelnde Wertschätzung und unzureichende Behandlung tun es nicht. Auch oder gerade weil die Welt derzeit so polarisiert und in Bewegung ist. Einrichtungen wie die DSM sind Ohr und Hand für die zigtausend Seeleute, egal welcher Konfession, Herkunft, Orientierung. Dafür gebührt ihnen große Anerkennung.


Michael Meyer
Stellvertretender Chefredakteur
HANSA International Maritime Journal


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