Auch im vergangenen Jahr wurden wieder viele neue Offshore-Wind-Energieanlagen in deutschen Gewässern installiert. Für die Zukunft braucht es aber noch einige Weichenstellungen.

Die Branchenverbände der deutschen Offshore-Windindustrie sowie die gemeinnützige Stiftung Offshore-Windenergie haben heute die Zubau-Zahlen für das Jahr 2024 veröffentlicht.[ds_preview]

Die vom Beratungsunternehmen Deutsche WindGuard aufbereiteten Zahlen zeigen, dass in diesem Zeitraum in Deutschland insgesamt 73 Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von 742 Megawatt (MW) erstmals ins Stromnetz eingespeist haben. Zusätzlich sind zum Jahresende 66 Fundamente installiert und 81 Anlagen errichtet, die noch keinen Strom eingespeist haben. In Summe waren in Deutschland Ende 2024 1.639 Anlagen mit einer Leistung von 9,2 Gigawatt (GW) installiert.

Aber: „Verzögerungen beim Netzausbau sowie eine gesetzlich festgelegte Flexibilität bei der Fertigstellung von Windparks auf See führen dazu, dass das Ausbauziel in Höhe von 30 GW voraussichtlich 2031 erreicht wird.“ Das Ziel für 2035 von mindestens 40 GW soll hingegen bereits ein Jahr früher erfüllt werden. Voraussetzung seien planbare Rahmenbedingungen für die Branche.

Mit der Veröffentlichung einher geht auch eine Forderung an die Politik: „Der Ausbau der Offshore-Windenergie steht vor entscheidenden Weichenstellungen. Die neue Bundesregierung hat alle Möglichkeiten, um die Rahmenbedingungen so zu verstetigen und zu verbessern, dass die Investitionssicherheit gewährleistet ist und gleichzeitig die Klimaziele erreicht werden. Dazu gehören unter anderem ein verlässlich gesetzter Ausbaupfad – wie gesetzlich vereinbart auf mindestens 70 GW bis 2045 – mit attraktiven Flächen sowie eine Reform des Ausschreibungsdesigns für Offshore-Windprojekte“, kommentieren die Branchenorganisationen BWE, BWO, VDMA Power Systems, WAB, WindEnergy Network und die Stiftung die aktuellen Herausforderungen der Branche.

„Investitionsentscheidungen brauchen Verlässlichkeit“

Eine Ausweitung des Angebots an grüner Energie senke die Preise für die Abnehmer, ebenso wie eine stetige Auslastung der Lieferketten. „Für die langfristige Planung der Industrie und den Ausbau von Offshore-Windenergieprojekten sind deshalb verlässliche Ausbauziele von zentraler Bedeutung. Ein erneuter Systembruch in der Entwicklung dieser Schlüsseltechnologie muss unbedingt vermieden werden“, heißt es weitre.

„Weniger Klarheit“

Die Bundesregierung bleibe gefordert, die für den gesetzlich festgelegten langfristigen Ausbaupfad notwendigen Offshore-Windenergie-Flächen zu sichern und eine verlässliche Ausbauperspektive zu bieten, um die Klimaziele bis 2030 und darüber hinaus zu erreichen sowie das Wertschöpfungspotenzial zu sichern. Der neue Flächenentwicklungsplan des zuständigen Bundesamts bietet nach Ansicht der Organisationen im Vergleich zu einer früheren Version weniger Klarheit über 20 GW Ausbau zur Mitte der 2030er Jahre. „Diese Klarheit muss die neue Regierung umgehend schaffen. Flächenpotenziale, auch in Kooperation mit Nachbarländern, sollten effizient ausgeschöpft werden“, so das Statement.

Die bisherige Praxis bei den Offshore-Windenergie-Ausschreibungen passe nicht zum notwendigen Ausbau, da der Fokus auf staatliche Erlöse die Stromkosten erhöht und immensen finanziellen Druck auf die Lieferkette auslöst. Ein reformiertes Ausschreibungsdesign sollte auch mit Blick auf Ausschreibungskriterien eine Reihe von Anforderungen erfüllen, meint die Offshore-Industrie. Dazu werden einige Charakteristika der Ausschreibungen gezählt:

  • möglichst europäisch harmonisiert ausgestaltet
  • Voraussetzungen für günstige Strompreise schaffen
  • europäische Wertschöpfungskette und die Innovationskraft der Branche stärken
  • hohe Realisierungswahrscheinlichkeit von Projekten sicherstellen
  • Risiken senken und Investitionen absichern
  • die Akteurs-Vielfalt wahren

Damit ließen sich Wertschöpfungspotenziale heben, die notwendigen Investitionen in Milliardenhöhe mobilisieren und Verlässlichkeit für die Projektträger erreichen.

Fokus „Sicherheit“

Mit der zunehmenden Bedeutung von Offshore-Windenergieprojekten für die Energieversorgung steigt auch die Notwendigkeit, die kritische maritime Infrastruktur besser zu schützen. Die Bundesregierung soll daher zeitnah Maßnahmen ergreifen, um die physische Sicherheit der Offshore-Windenergieanlagen und der damit verbundenen Netzanbindung zu gewährleisten.

Dazu werden die Klärung von Zuständigkeiten, Trainingsübungen mit Bundespolizei oder Landeswasserschutzpolizeien und die berühmte Telefonnummer mit Ansprechpersonen im Ernstfall gezählt. „Darüber hinaus ist es essenziell, auch die Cybersicherheit der Anlagen mit politischen Maßnahmen sicherzustellen, wie etwa durch eine effektive Umsetzung der NIS2 oder des Cyber Resilience Acts der EU.“

Hafenausbau als Schlüssel für die Energiewende

Ebenfalls im Fokus: die Häfen. Ein zügiger Ausbau der Offshore-Windenergie erfordere modernisierte, ausgebaute und leistungsfähige Häfen. Für die Montage, Logistik und Wartung von Offshore-Windenergieanlagen braucht es dem Statement zufolge ausreichend Schwerlastflächen, die auch für die Windenergie an Land mitgenutzt werden. „Hier geht es um eine gesamtstaatliche Aufgabe. Der Bund muss deshalb in der kommenden Legislatur stärker in die Mitverantwortung gehen und den Ausbau oder die Modernisierung der für die Energiewende erforderlichen Schwerlastflächen in den Häfen flankieren.“

Offshore-Wind als Chance für die maritime Industrie

Insgesamt werden auch große Chancen für die maritime Industrie als Ganze gesehen: „Von Konverter- und Fundamentfertigung, Hafenlogistik über Schiffbau bis zur Wartungstechnik: Die Offshore-Windbranche schafft neue Wertschöpfung und stärkt den Wirtschaftsstandort Deutschland nachhaltig.“ Dies müsse angesichts der aktuell schwächelnden Wirtschaft Grundverständnis einer wirtschafts- und industriefreundlichen Politik sein. „Deutschland richtet in diesem Jahr die Konferenz der Nordsee-Anrainer aus. Hier gehören konkrete Beschlüsse zur Koordinierung von Projektabläufen, Sicherheitsinitiativen, Ausschreibungsregimes sowie Netz- und Hafeninfrastruktur auf die Tagesordnung.“