Immer wieder kommt es zu Beeinträchtigungen der Schifffahrt, wenn globale Satellitennavigationssysteme wie das europäische Galileo oder das amerikanische GPS gestört sind oder ausfallen. Ein europäisches Projekt will Abhilfe schaffen und ist auf dem Weg zur Standardisierung.

Ein funktionierender maritimer Gütertransport außerhalb von Europa aber auch im Ostseeraum ist von entscheidender Bedeutung für die deutsche Wirtschaft. Signalstörungen führen aber dazu, dass die Schiffsbrückensysteme keine oder im schlimmsten Fall falsche Positionsinformationen anzeigen, was ein erheblich höheres Risiko für Grundberührungen oder Kollisionen nach sich zieht.[ds_preview]

Mit dem terrestrischen Navigationssystem Ranging Mode (R-Mode) haben das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) gemeinsam mit Forschungseinrichtungen, Behörden und Industrieunternehmen eine Alternative zu satellitengebunden Systemen entwickelt. Dieses System befindet sich nun auf dem Weg zur Standardisierung und wird 2025 in einem um Finnland und Estland erweiterten Versuchsfeld eingeführt, wie jetzt mitgeteilt wurde.

Das DLR hatte bereits im Zeitraum 2017 bis 2021 das weltweit erste großflächige Testfeld für das funkbasierte R-Mode-System zusammen mit Partnern entwickelt und aufgebaut. „Dieser erste Schritt, ein maritimes Backupsystem im Ostseeraum zu etablieren, hat gezeigt, dass die R-Mode-Technologie als alternatives terrestrisches Navigationssystem in der Praxis funktioniert und eine Positionierung eines Schiffs auch ohne satellitengestützte Systeme ermöglicht“, sagt die DLR-Vorstandsvorsitzende Anke Kaysser-Pyzalla.

Alternatives System entwickelt

Das DLR-Institut für Kommunikation und Navigation arbeitet an Technologien, Empfangsstörungen globaler Satellitennavigationssysteme zu erkennen, zu unterdrücken und mit Hilfe von alternativen Sensoren und Systemen die Verfügbarkeit und Verlässlichkeit von Navigationsinformationen sicherzustellen.

Initiiert durch die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) entwickelten Wissenschaftler das alternative terrestrische Funknavigationssystem Ranging Mode oder kurz R-Mode. R-Mode nutzt bereits existierende Infrastrukturen der nationalen maritimen Einrichtungen für die Bereitstellung von Funkdiensten im Bereich der Mittelwelle und der Ultrakurzwelle und bietet somit einen kosteneffizienten Navigationszusatzdienst. In den letzten sieben Jahren ist dabei ein Versuchsfeld mit acht R-Mode-Sendern mit einer Ausdehnung von etwa 800 km zwischen Helgoland und Stockholm entstanden.

Neben dem DLR nutzen auch weitere Forschungseinrichtungen, maritime Behörden und Industrieunternehmen dieses Versuchsfeld, um die R-Mode-Technologie zu etablieren, validieren und Prototypen von R-Mode basierten Empfangsgeräten und Anwendungen zu entwickeln.

Erweiterung des R-Mode-Testfelds im Ostseeraum

Derzeit wird im 2023 gestarteten Projekt ORMOBASS das Testgebiet auf den Ostseeraum zwischen Schweden, Finnland und Estland ausgeweitet. Damit wird eine Region erfasst, aus der aktuell häufig Störungen des Navigationssystems gemeldet werden. 2024 analysierten die Wissenschaftler die dortigen Mittelwellen-Funksignalstationen (Funkbaken) und erarbeiteten zusammen mit den vorhandenen Sendern des Testgebiets ein Konzept zur Erweiterung. Dieses Konzept umfasst die Grundfunktionen des Systems und wird in den Jahren 2025 und 2026 umgesetzt. Das Ziel ist, bis 2026 alle wesentlichen Funktionen des R-Mode-Systems für beide Frequenzbänder, Mittel- und Ultrakurzwelle, zu entwickeln und den zuständigen maritimen Behörden für den Betrieb des erweiterten Testgebiets zur Verfügung zu stellen. Das DLR übernimmt dabei neben der Projektleitung auch die Entwicklung der R-Mode-Empfängertechnologie, das Systemdesign, die Systemprüfung und die Standardisierung.

Standardisierung

Damit Schiffe das R-Mode-System auf ihrer Fahrt zwischen zwei Häfen nutzen können, müssen Sender vorhanden sein, die einen einheitlichen R-Mode Dienst anbieten, sowie Empfänger an Bord, die für die Schiffsnavigation zugelassen sind. Beides erfordert die Standardisierung des R-Modes durch unterschiedliche Organisationen. Für den Mittelwellenbereich des R-Modes-Systems konnten das entwickelte Konzept des Projekts ORMOBASS und Ergebnisse vorheriger Projekte aus dem Ostseeraums sowie aus den DLR-Programmen Verkehr und Sicherheit erfolgreich in die IALA (International Organization for Marine Aids to Navigation) Richtlinie zur Mittelwellen R-Mode-Signalcharakteristik und Navigationsnachricht eingebracht werden. Dabei wurden auch Erfahrungen aus Kanada und Südkorea berücksichtigt. Seit Anfang 2025 steht nun das Ergebnis dieser fünfjährigen Arbeit, die IALA Guideline 1187, allen Interessierten zur Verfügung, die Mittelwellen R-Mode-Signale einsetzen möchten.

Im Projekt ORMOBASS haben die Forschenden gerade damit begonnen, diese Richtlinie im Ostseeraum umzusetzen. Ab Anfang 2026 sollen die standardisierten Signale im Bereich zwischen Deutschland, Finnland und Estland verfügbar sein, heißt es jetzt.