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Nach einem schwachen Jahresstart konnten sich Schifffahrtsaktien im März wieder behaupten. Unter fundamentalen Gesichtspunkten spricht jedoch vieles mehr für eine technische Reaktion als für einen nachhaltigen Trendwechsel
Temporäres Tief für Aktien

Parallel zu den Entwicklungen der Kruse an den wichtigen Weltbörsen verzeichneten auch die Schifffahrtsaktien[ds_preview] zu Beginn des Jahres erhebliche Kursrückgänge. Der Notos Shipping Index erreichte im Februar mit fast 700 Indexpunkten ein neues Fünf-Jahres-Tief. Ausgehend

von diesem Niveau konnten sich dann jedoch bis Mitte März die meisten Märkte von ihren Tiefstständen erholen. Auf Quartalssicht konnten sowohl der Offshore-Sektor als auch der Gas-Sektor sogar zulegen.

Die stärksten Kursgewinne erzielten im März die beiden Sektoren, die bislang auf Zwölf-Monats-Sicht übermäßig gelitten hatten: Bulker- und Offshore-Aktien. Beiden Sektoren ist gemeinsam, dass die jeweiligen Unternehmen weiterhin mit sehr niedrigen Charterraten und operativen Verlusten leben müssen.

Offshore-Aktien profitieren

Die Börse spekuliert bei den Offshore-Unternehmen darauf, dass der Ölpreisanstieg mittelfristig das Geschäft für die OSV-Flotte wieder belebt. Durch den Markteintritt der US-Schieferöl-Industrie mit ihren im Vergleich zur Offshore-Förderung niedrigeren Grenzkosten könnten die Ölpreise jedoch wohlmöglich für längere Zeit unter Druck bleiben. Die Kursanstiege sind daher mit großer Vorsicht zu genießen. Es wäre kaum überraschend, wenn die Offshore-Aktien im Laufe des Jahres ihre Index-Tiefststände aus dem Februar noch einmal testen würden.

Bulk-Unternehmen droht Delisting

Bei den Bulker-Aktien mehren sich die Mahnungen der US-Börsenbetreiber über zu niedrige Kurse. Die meisten Börsen schreiben vor, dass gelistete Aktien über einen bestimmten Zeitraum oberhalb von 1$ handeln müssen. Entsprechend wurden bereits »gelbe Karten« verteilt. Die ersten Unternehmen haben deshalb über die Zusammenlegung von Aktien (»reverse split«) ihre Kurse wieder optisch angehoben.

Scorpio Bulk hat in einem Kraftakt letzte Woche 21Mio. neue Aktien zu einem Preis von 3$ platzieren können. Dies entspricht einem Abschlag von mehr als 50% auf den geschätzten »inneren« Wert des Unternehmens. Der Schritt war daher für die Altaktionäre stark verwässernd, hat dem Unternehmen dagegen mehr als 60Mio. $ neue Liquidität zugeführt. Wahrscheinlich wird man in ein paar Jahren sagen können, dass diese bittere Medizin genau zum richtigen Zeitpunkt genommen wurde.

Verlierer: Tanker und Container

Trotz sehr guter Zahlen von Euronav, DHT oder TEN für das abgelaufene Geschäftsjahr haben die Analysten von Fearnleys und DNB Nor ihre Erwartungen und Kursziele für das laufende Jahr deutlich gesenkt.

Hauptgründe für die negativen Markteinschätzungen sind das hohe Orderbuch von 20% der existierenden Flotte sowie

Befürchtungen, dass die übervollen Rohöllager in den nächsten zwölf Monaten abgebaut werden. Der Tanker-Sektor wies demzufolge im laufenden Quartal die zweitschlechteste Performance auf,

liegt aber im Jahresvergleich weiterhin an der Spitze.

Größter Quartalsverlierer waren jedoch die Containerschiff-Aktien mit einem Quartalsverlust von über 12%. Der stark rückläufige Shanghai Containerized Freight Index, die wieder ansteigenden Bunker-Preise sowie die Preiskämpfe der Linienreedereien lassen Containerschiffe derzeit kaum als lukratives Investment erscheinen. So musste auch Hapag Lloyd in den ersten drei Monaten des Jahres trotz guter Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr Kursrückgänge um 20–30% verzeichnen.

Ist der Boden nun erreicht?

Mit Blick auf die langfristigen Kursbewegungsmuster an den Börsen hegen wir momentan eher den Verdacht, dass die Kurse vieler Schifffahrtsaktien im weiteren Verlauf des Jahres ihre Bodenbildung noch weiter fortsetzen. Auffällig ist die relative Stärke im Gas-Sektor (hellblaue Linie im Chart), der sich seit einem halben Jahr positiv vom Gesamtmarkt abheben kann. Es hat den Anschein, dass die Investoren spekulativ auf ein Wiedererstarken des LNG-Marktes setzen.