Die »Yara Birkeland« gilt als Prestige- und Vorzeigeprojekt für die autonome Schifffahrt. Doch das norwegische Schiff hat noch mit einigen Hürden zu kämpfen, regulativ und technisch. Der autonome Betrieb wurde um zwei Jahre verschoben. Die HANSA war vor Ort.
Eigentlich wollte der[ds_preview] Düngemittel- und Schiffssystem-Großkonzern Yara schon 2020 einen – wenn auch nur zehnprozentigen – Teil seiner Transporte zwischen dem Werk und den Häfen Larvik und Brevik mit der »Yara Birkeland« abwickeln.
Das 120-TEU-Schiff soll das erste autonom und vollektrisch betriebene der Welt werden. Yara hatte sich die Zulieferer Kongsberg und Kalmar für den Schiffs- und Umschlagbetrieb ins Boot geholt. Das Datum 2020 ist bereits eine Konzession an die umfangreichen Vorbereitungen und Entwicklungsarbeiten. Auch die Stabilität des Schiffes stellte die Entwickler vor Herausforderungen. So wurde die Realisierung des Projekts schon vor einiger Zeit um ein Jahr verschoben. Im November soll nun in Rumänien der erste Stahlschnitt erfolgen, die Komplettierung ist bei Vard in Norwegen geplant.
Die Beteiligten sind sehr zuversichtlich, auch der norwegische Staat unterstützt das Vorhaben mit finanzieller und wissenschaftlicher Förderung. Doch es sind noch einige offene Fragen zu klären – sowohl aus technischer als auch in regulativer Perspektive.
Es gibt bislang keine ausreichende Regulierung für den autonomen Betrieb in Küstengewässern – weder national und erst Recht nicht international. Wie kann die Sicherheit sichergestellt werden? Was ist mit Lotsen-Begleitung, Cyber-Sicherheit und vor allem der Integration der autonom betriebenen Schiff- und Hafensysteme? Wie viele redundante Systeme benötigt der Feeder, was geschieht bei einem (Teil-)Ausfall der Systeme? Unter anderem zu diesen Punkten müssen noch weitere Untersuchungen gemacht und die Resultat analysiert werden.
Es gibt also für einige Teile des Logistikkonzepts Stand jetzt keine finale Genehmigung. Die nationalen Schifffahrtsbehörden gehen aber davon aus, dass man diese Hürden nehmen kann, alle Beteiligten setzen dabei auf eine umfangreiche Kooperation und gemeinsame Arbeiten. Beide Seiten müssen noch »liefern«, bevor die finale und formelle Regulierung aufgesetzt werden kann.
Im Ergebnis soll die »Yara Birkeland« zwar 2020 in Dienst gestellt werden. Allerdings wird das Schiff dann zunächst noch mit einer Besatzung fahren, und zwar für wahrscheinlich mindestens zwei Jahre. Auch die landseitige Logistik, also der Umschlag an der neu zu errichtenden Kaje, als auch die Logistik am Werk selbst, werden weiter manuell umgesetzt.
Man habe die Behörden informiert, dass erst 2020 ein autonomer Betrieb starten soll, bestätigen Vertreter von Yara und Kongsberg. So lange werde man noch brauchen, um die Systeme in punkto Sicherheit und Integration voranzubringen, heißt es.
Auch die geplante Übernahme des »Marine«-Geschäfts von Rolls-Royce durch Kongsberg könnte dabei eine Rolle spielen. Die Transaktion ist zwar aufgrund laufender kartellrechtlicher Verfahren noch nicht abgeschlossen. Allerdings, so erfuhr die HANSA, geht man beim Verteidigungs- und Schiffstechnik-Konzern Kongsberg von einem »perfect match« aus, auch in Bezug auf das Projekt »Yara Birkeland«. Details wollten die Verantwortlichen zwar zunächst nicht preisgeben. Dem Vernehmen nach geht es dabei unter anderem um die Kompetenz von Rolls-Royce im Bereich Steuerung und Monitoring autonom oder ferngesteuerter Schiffe in sogenannten »Shore Control Centres«, also Kontrollinstanzen an Land, von denen aus im Notfall eingegriffen werden kann. Eines der Projekte, mit denen Rolls-Royce in dieser Hinsicht auf sich aufmerksam gemacht hatte, war ein ferngesteuerter Schlepper der Reederei Svitzer. Bei der Entwicklung hatte man bereits Elemente für einen potenziellen autonomen Betrieb einfließen lassen, die eine Basis für die eine entsprechende Weiterentwicklung sein können. Da die Übernahme aber noch nicht abgeschlossen ist, kann das Projekt »Yara Birkeland« auf dieses Knowhow noch nicht zugreifen.
Lesen Sie einen ausführlichen Beitrag zum Projekt und den Herausforderungen in unserer Dezember-Ausgabe. Die HANSA hat dafür vor Ort mit Vertretern von Behörden, der Regierung, Forschungsinstituten, Klassifikationsgesellschaften sowie den Konzernen Yara und Kongsberg gesprochen und veröffentlicht aktuelle Details.