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Das Larsen-C-Schelfeis wahrt sein Geheimnis. Die Meereissituation verhinderte den Vorstoß des Forschungseisbrechers »Polarstern« zum Eisschelf und dem Abbruchgebiet des Eisbergs A68.

Vor wenigen Tagen haben Kapitän und wissenschaftlicher Fahrtleiter der aktuellen »Polarstern«-Exp[ds_preview]edition entschieden, den Versuch abzubrechen, zum Larsen-C-Schelfeisgebiet vorzudringen. Dickes Meereis mit Presseisrücken behinderte die Weiterfahrt, so dass das Schiff jetzt alternative Untersuchungsgebiete weiter nördlich ansteuert. Gemeinsam hätten Kapitän und Expeditionsleiter die Entscheidung getroffen, es aufzugeben ins tief im Süden liegende Larsen-C-Schelfeisgebiet vordringen zu wollen, teilt as Alfred-Wegener-Institut mit.

Meereiskonzentration Antarktis 240119
Meereiskonzentration in der Antarktis am 24. Januar 2019 (Quelle: Meereisportal)

»Dichtes Meereis hat sich zu bis zu 10 m dicken Presseisrücken übereinandergeschoben«, sagt »Polarstern«-Kapitän Thomas Wunderlich. »Wir haben sieben Tage versucht, uns einen Weg durch das Eis zu brechen, mussten aber einsehen, dass die Eisbedingungen keine andere Entscheidung zuließen, als weiter im Norden bessere Meereis- und Arbeitsbedingungen zu suchen.«

Zwar erreicht die Meereisausdehung in der Antarktis Ende Dezember mit 4,94 Mio. m² den für diesen Monat niedrigsten Wert seit Beginn der kontinuierlichen Satellitenmessungen. Tief im Süden des westlichen Weddellmeeres jedoch profitierte die Expedition nicht von der geringen Meereisbedeckung, die dieses Jahr im Südozean auftrat.

Klimaforschung im Weddellmeer

»Die vorab definierten alternativen Arbeitsregionen Larsen A- und Larsen-B-Schelfeisgebiet kamen nicht in Frage, denn dort hätten wir genauso in der Mausefalle gesteckt wie im eigentlichen Zielgebiet Larsen-C«, sagt Boris Dorschel vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), der die Expedition leitet. Stattdessen habe er – nach ausführlichen Gesprächen mit allen Forschungsteams an Bord – festgelegt, dass sich die wissenschaftlichen Arbeiten jetzt auf eine Region im nordwestlichen Weddellmeer konzentrieren sollen.

Entlang eines sogenannten Transekts aus Beprobungsstationen wollen die Wissenschaftler untersuchen, wie sich unterschiedliche Umweltbedingungen, beispielsweise die Meereisbedeckung und die biologische Produktivität in den oberen Wasserschichten, auf die Ökosystemen am Meeresboden und in der Wassersäule auswirken. Die Ergebnisse dieser Arbeiten werden unter anderem dazu beitragen, die Reaktionen des antarktische Ökosystem auf den Klimawandel besser zu verstehen.

»Mittlerweile konnten wir etliche Probennahmegeräte in der Wassersäule und am Meeresboden einsetzen, so dass die Labore voller Wissenschaftler sind, die eifrig die Mikroalgen sowie die am Boden und in der Wassersäule lebenden Tiere untersuchen«, Boris Dorschel.

Neues Ziel: unkartierten Meeresboden untersuchen

Außerdem wird das Expeditionsteam, wenn irgend möglich, entstehende Kanäle im Meereis nutzen, um nach Osten weiter in das Weddellmeer vorzustoßen. Jenseits des Kontinentalschelfs fällt der Meeresboden rasch von etwa 400 m auf runde 3.000 m ab. »Wenn sich ein Fenster ergibt, wollen wir diese östlichen Gebiete ansteuern, da dort der Meeresboden wie in vielen anderen Bereichen des Südozeans noch weitgehend unkartiert ist«, erläutert Dorschel.

Neben diesen bathymetrischen Arbeiten sind auch die Ozeanographen daran interessiert, in diesem Meeresbereich Wassermassen und Strömungsverhältnisse zu untersuchen, denn die hier stattfinden Umwälzprozesse treiben die globalen Ozeanströmungen an. Auch wenn das Larsen-C-Schelfeisgebiet außer Reichweite bleibt, werden durch die Expedition PS118 viele spannende Forschungsfragen beantwortet. »Trotz den schwierigen Eisbedingungen ist die Stimmung an Bord gut und wir haben viel zu tun«, resümiert der Fahrtleiter.

Schon britischer Eisbrecher scheiterte

Die Expedition zum Larsen-C-Schelfeis an der Antarktischen Halbinsel war eigentlich das Herzstück der aktuellen Antarktis-Saison der »Polarstern«. Die Antarktische Halbinsel ist eine der Regionen dieser Welt, die sich am schnellsten erwärmen. Als mögliche Folge sind in den Jahren 1995 und 2002 erst das Larsen A Schelfeis und später das Larsen B Schelfeis fast vollständig zerfallen. Dadurch verbleibt nur noch das Larsen C Schelfeis als letztes großes Schelfeis im westlichen Weddellmeer. Im Juli 2017 kalbte dort der Eisberg A68 – mit etwa 5.800 km² einer der größten Eisberge, die jemals erfasst worden sind.

Im Südsommer (Februar / März) 2018 hatte das britische Forschungsschiff »James Clark Ross« vergeblich versucht, so weit nach Süden kommen. Biologen, die damals an Bord waren, sind auch dieses Jahr wieder auf der »Polarstern« mit dabei.