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Der Car-Carrier-Markt leidet unter Überkapazitäten, drohende Zölle auf Autoimporte in die USA und mögliche Vergeltungsmaßnahmen aus der EU und Asien erhöhen den Druck noch. Techniktrends auf dem Automarkt könnten Hoffnung geben, schreibt Felix Selzer

Trotz dem bescheidenen Flottenwachstum in den letzten Jahren hatte die Car-Carrier-Branche Mühe, sich vom schwachen Markt in den[ds_preview] Jahren 2016–2017 zu erholen, sagt Tom Ossieur, Head of Car Carrier beim maritimen Beratungsunternehmen Drewry. Während sich der Markt in der ersten Jahreshälfte 2018 stetig verbesserte, kehrte sich dieser Trend in der zweiten Jahreshälfte wieder um. So wurden wieder Schiffe aufgelegt und die Charterraten fielen unter die Niveaus von 2017. Laut Ossieur eine Folge der globalen Handelskriege und des verlangsamten Wirtschaftswachstums.

Das Flottenwachstum sei in den letzten Jahren marginal gewesen, sagt er gegenüber der HANSA. Steigende Kosten und Nachfrageunsicherheit, sowohl kurzfristig (Brexit, Zollkriege usw.) als auch langfristig, hätten dazu beigetragen, dass die Betreiber auf die Bestellung neuer Tonnage verzichtet haben. »Während die Nachfrage jedoch auch moderat zunahm, haben sich die Handelsmuster diversifiziert, wobei eine zunehmende Anzahl von (kleineren) Häfen angelaufen wird, was die Routenoptimierung immer schwieriger macht. Die Optimierung der Auslastung von Schiffen wurde durch die kürzliche Einführung von Post-Panamax-Schiffen weiter erschwert«, sagt Ossieur. Zudem sei auch in diesem Segment seit der globalen Finanzkrise Slow-Steaming angesagt, um die Kosten zu senken.Infolgedessen ist die Effizienz der Carrier – definiert als CEU-Seemeilen pro CEU Schiffskapazität – seit 2007 um 39% gesunken, ebenso wie das Umsatzpotenzial und die Gewinne. Darüber hinaus wurden Betreiber auf vielen Märkten wegen ihrer Tätigkeit in Kartellen mit Geldbußen belegt.

Die anhaltenden Handelsspannungen zwischen den USA und vielen anderen Ländern belasten auch den Carrier-Markt. Laut Drewry’s Marktexperte erreichten die US-Fahrzeugverkäufe 2015–2016 ihren Höhepunkt und unterstützten damit den Anstieg der Inlandsproduktion. Bei anhaltend starker Nachfrage ging die Inlandsproduktion jedoch stärker zurück als der Umsatz. Während die US-Regierung zugestimmt hat, die Zölle für aus Kanada und Mexiko importiertes Aluminium und Stahl zu senken, steht die lokale Montage weiterhin unter Druck, da China und Mexiko eine breite Palette von Autoteilen liefern. Gleichzeitig sind die US-Fertigwagenimporte auch aus der EU, Japan und China nach wie vor hoch, obwohl die Importe aus anderen Ländern wie Indien Marktanteile hinzugewonnen haben.

Carrier wären Leidtragende

»Während die Inlandsproduktion sinkt, sinken auch die US-Exporte. Da die chinesische Fahrzeugnachfrage seit Jahrzehnten den ersten Rückgang verzeichnete, waren die Importe aus den USA am stärksten betroffen und sanken gegenüber 2017 um fast ein Drittel«, so Ossieur. Andere Routen profitieren von diesem Trend, so wuchs der Handel zwischen Fernost und Europa 2018 um 200.000 Einheiten.

Zölle, auf Autoimporte in die USA, mit denen US-Präsident Donal Trump immer wieder droht, dürften sich in dieser Situation negativ auf das Handelsvolumen im transpazifischen und transatlantischen Raum auswirken. Für das zweite Quartal waren US-Zölle von bis zu 25% auf Autoimporte aus der EU angekündigt, vorerst haben die bilateralen Gespräche aber zu einem Waffenstillstand geführt. Auf EU-Seite gibt es bereits eine Liste von US-Produkten, die von Vergeltungszöllen betroffen wären.

Die Route von Asien nach Nordamerika ist derzeit eine der am stärksten genutzten Strecken, hier dominieren US-Importe. Mit Blick auf Autos handelt es sich größtenteils um japanische Fahrzeugexporte, die von den japanischen Reedereien NYK, K-Line und MOL dominiert werden. Diese Reedereien kontrollieren etwa 60% der Kapazität auf der Ostfahrtroute, daher erwartet man bei Drewry, dass sie wohl am stärksten von eimem Rückgang der US-Importe asiatischer Autos betroffen wären. Auf der westwärts gewandten Transatlantikroute sind derweil K-Line und die europäischen Reedereien WWL und Höegh die führenden Akteure.

Drewry hat eine Studie durchgeführt, in der die Auswirkungen von drei verschiedenen Zollszenarien untersucht wurden: ein Szenario mit niedriger Intensität und 5% Zöllen, die auf alle US-Importe von Fertigfahrzeugen und Autoteilen erhoben wurden, eines mit mittlerer Intensität (15%) und eines mit hoher Intensität (25%). In jedem Fall würde wohl das Volumen der US-Importe von Fahrzeugen und Autoteilen negativ beeinflusst, wobei der negativste Effekt zwischen 2020-2021 erwartet wird. Besonders anfällig wäre der bereits unter Überkapazitäten leidende Fertigautotransport.

Wichtige US-amerikanische Häfen wie Baltimore, Los Angeles/Long Beach und Port of New York/New Jersey sind die US-Hafenstandorte, die am stärksten den Auswirkungen der US-Autozölle ausgesetzt wären. Mit einem Anteil von 67% am Importgeschäft mit Fertigfahrzeugen in Richtung Osten ist Japan das am stärksten von Zöllen gefährdete Quellland. China wäre am stärksten von den Zöllen für Autoteile betroffen, derzeit liegen 61% des Importgeschäfts von Autoteilen in Richtung Osten bei den Chinesen.

Im Transatlantikverkehr in Richtung Westen ist Deutschland das Quellland, das am stärksten von Trumps Autoimportzöllen betroffen wäre. Deutschland vereint Drewry zufolge 63% des Importgeschäfts mit Fertigfahrzeugen und 78% des Handels mit Autoteilen in westlicher Richtung auf sich.

Ein Silberstreif am Horizont

Während Handelsstreitigkeiten traditionelle Routen und Märkte unter Druck setzen, gibt es ein weiteres Szenario, das Drewry dagegen als potenziellen Treiber für die Steigerung des Schiffsvolumens von Autotransportern ausgemacht hat. Ossieur sieht Anzeichen für einen Trend zur Neuausrichtung und Zentralisierung des Automobilbaus. »Betrachtet man die globalen Top-10-OEMs, so hat der Trend zur Lokalisierung zumindest in absoluten Zahlen angehalten: 61% der Produkte wurden im Ausland produziert, gegenüber 63% im Jahr 2013. Die Lokalisierung in den Schwellenländern ist jedoch noch nicht abgeschlossen. So war Algerien im vergangenen Jahr erfolgreich und zog Automobilhersteller wie Daimler und Nissan an. Aber wenn es um die Rationalisierung der globalen Produktionskapazitäten geht, während sich die Automobilhersteller auf den technologischen Wandel hin zu Elektro- und fahrerlosen Fahrzeugen vorbereiten, profitieren die inländischen Werke auf Kosten anderer reifer Märkte«, sagt er.

Neben dem Trend, auf weniger Plattformen zu bauen, werden kleinere Anlagen in reifen Märkten geschlossen, um die Auslastung in anderen Anlagen zu erhöhen. Die jüngste Entscheidung von Honda, die Produktion in seinem Werk in Swindon, Großbritannien, einzustellen und die europäischen Automobilmärkte von japanischen Fabriken aus zu beliefern, hat Spekulationen darüber ausgelöst, dass dies einen breiteren Trend zur Wiederbelebung der Branche darstellen könnte. Ebenso kündigte Ford Rationalisierungen in Europa, Russland, Brasilien und China an und investierte 1Mrd.$ in zwei seiner US-Werke. »Wenn andere OEMs dem Beispiel folgen und versuchen, die Nachfrage des Überseemarktes von den inländischen Montagelinien aus zu befriedigen, würde dies einen Boom für den Seetransport von Fertigfahrzeugen bedeuten«, sagt Ossieur.

Wie für andere japanische Automarken war Großbritannien seit Jahrzehnten bevorzugte Produktionsstätte von Honda, um den europäischen Markt zu beliefern. Da das Unternehmen jedoch nach dem Finanzcrash 2008 darum kämpfte, Marktanteile zurückzugewinnen, wandte es sich weiter entfernten Exportmärkten wie Nordamerika zu, während der Verbrauchergeschmack auf SUVs und Crossover-Fahrzeuge umschwenkte. Bis 2018 sank die Werksleistung in Swindon auf nur noch 160.000 Fahrzeuge, damit ist es eine der kleinsten und am wenigsten effizienten Autofabriken Europas. Die Unterzeichnung des jüngsten Freihandelsabkommens zwischen der EU und Japan und die mögliche Handelsstörung durch den Brexit haben Honda in seiner Entscheidung bestätigt.

Es besteht zwar nach wie vor die Gefahr, dass andere japanische Automobilhersteller Honda bei seiner Entscheidung im Bezug auf die britische Fertigung folgen, aber es gibt wenig Hinweise darauf, dass dies einen Trend zur Neuausrichtung der globalen Industrie darstellt. Während das Wachstum der Überseeproduktion im Verhältnis zur Inlandsproduktion in den letzten Jahren ins Stocken geraten sei, sei dies jedoch auf eine Erholung in reifen Märkten wie Nordamerika und Europa zurückzuführen, die die Nachfrage nach inländisch produzierten Fahrzeugen ankurbelte, heißt es in Drewrys Finished Vehicle Shipping Market Review & Forecast 2018/19. Aber da sich die Nachfrage aus den Schwellenländern in Ländern wie Brasilien und Russland verbessert und neue Höchststände wie Indien erreicht, reaktivieren die Automobilhersteller unterausgelastete ausländische Werke und investieren in neue lokale Kapazitäten.

Nissan, für ein Drittel der britischen Automobilproduktion verantwortlich, hat kürzlich die Pläne für den Bau seines Geländewagens X-Trail in Sunderland storniert und die Produktionskapazität nach Russland verlagert. Darüber hinaus ist die Eröffnung einer neuen Produktionsstätte in Algerien geplant und der Bau eines Werks in Ghana wird geprüft. Auch die Globalisierung der Elektrofahrzeugproduktion hat begonnen. Hyundai plant neue Produktionsstätten für E-Autos in Indien und Indonesien.

Laut Ossieur belasten die hohen Kosten für Investitionen in neue Technologie die Bilanzen der Hersteller und zwingen sie zur Rationalisierung der Kapazitäten in reiferen Märkten durch die Zentralisierung der Produktion in größeren, effizienteren Fabriken weltweit. Dadurch sind kleinere Anlagen wie das britische Werk von Honda gefährdet.

Was bedeutet das für die Nachfrage nach Seetransporten von Fertigfahrzeugen? Drewry erwartet, dass die wachsende Konsumnachfrage nach Autos und ein höheres Produktionsniveau in den Schwellenländern den Verkehr auf Nord-Süd-Schifffahrtsrouten und regionalen Trades beflügeln wird, während die Rationalisierung der Montagewerke in den reifen Märkten die Ost-West-Schifffahrt ankurbeln wird. Und größere Mengen fertiger Fahrzeuge würden auch die Nachfrage nach Ersatzteillieferungen pert Containerschiff beflügeln. Längerfristig könnte die Umstellung auf Elektrofahrzeuge jedoch das Handelswachstum abschwächen, da sich die Produktlebenszyklen verlängern und der Ersatzteilbedarf sinkt.

»Diese positiven Aussichten gründen sich derzeit jedoch eher auf technologische Fortschritte und die Entwicklung in den Schwellenländern als auf einen möglichen Trend zur Neuausrichtung. In der Zwischenzeit sind die von reifen Märkten wie dem Vereinigten Königreich und dem europäischen Festland abhängigen Reedereien anfällig für eine weitere Rationalisierung der Produktionskapazitäten«, sagt Car-Carrier-Spezialist Tom Ossieur.