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Jüngst hatte die britische Regierung die Schaffung zehn neuer Freihäfen vorgeschlagen. Das soll neue Arbeitsplätze schaffen und die Wirtschaft ankurbeln. Drewry hat Freihäfen und Freihandelszonen weltweit untersucht und warnt, das Konzept als Erfolgsgaranten zu sehen – es gehöre schon etwas mehr dazu.

Freihäfen sind ausgewiesene[ds_preview] Gebiete innerhalb der geografischen Grenze eines Landes, für die aber keine Einfuhrabgaben und Zölle gelten. Diese Zölle sind erst dann zu entrichten, wenn die Waren in den zollrechtlichen Verkehr in der heimischen Wirtschaft übergeführt oder innerhalb der Freihandelszone verwendet oder verbraucht werden. Die Waren können auch zollfrei wieder ausgeführt werden, und es können Tätigkeiten wie die Verarbeitung und Herstellung ausgeführt werden.

Darstellung der weltweit bestehenden Freezone-Aktivita?ten - Drewry
Darstellung der weltweiten Freezone-Aktivitäten (Quelle: Drewry)

Weltweit existieren mindestens 1.000 Freihäfen, Freihandelszonen und andere Varianten. Je größer die Handelshemmnisse (z.B. hohe Zölle), desto relevanter und nützlicher sind die Gebiete, so Drewry. Schritte in Richtung eines freieren Welthandels in den letzten Jahrzehnten hätten die Notwendigkeit tendenziell gemindert, allerdings gebe es derzeit beispielsweise in den USA gegenläufige Tendenzen.

Die engere Definition von Freeports und Freezones wird erweitert durch Unternehmenszonen, Sonderwirtschaftszonen (SEZs), Exportverarbeitungszonen (EPZs) und andere Varianten. Der Aspekt des »Freihafens« ist Drewry zufolge in solchen Zonen nur einer der Erfolgsfaktoren. Tatsächlich seien andere Kriterien weitaus einflussreicher, insbesondere niedrige Steuersätze oder Steuerfreiheit, Entwicklungsanreize und die niedrigen Kosten für Land und Arbeit.

Bringt der Status den Erfolg?

Wichtige Erfolgsfaktoren fu?r Freihandelszonen Drewry
Wichtige Erfolgsfaktoren für Freihandelszonen (Quelle: Drewry)

Die erfolgreichsten Freihäfen und Freezones weltweit seien diejenigen, die sich in Häfen befinden, die im Allgemeinen bereits erfolgreich waren, so Drewry. »Freihafenaktivitäten profitieren von kritischer Masse und Konnektivität. Die Jebel Ali Free Zone, wohl die größte und erfolgreichste Freihandelszone der Welt, liegt neben einer Stadt, die seit Jahrhunderten ein Handelszentrum ist und seit jeher ein wichtiger Hafen und der führende Umschlagplatz in der Region des Nahen Ostens ist. Der Freihafenstatus ist kein Zauberstab, der allein einen kleinen oder sterbenden Hafen verwandeln kann.«

Bei der Überlegung, einen neuen Freihafen oder eine neue Freihandelszone zu schaffen, ist demzufolge die Beurteilung der tatsächlichen Marktbedürfnisse entscheidend. Zu oft verließen sich die Befürworter auf Analysen auf Makroebene, die das Potenzial überschätzten. Berechnungen auf Makroebene ergäben in der Regel ein sehr großes Marktpotenzial. »Bei den Freihandelszonen steckt der Teufel jedoch im Detail. So verkleinert sich der große theoretische Markt, sobald eine gründliche detaillierte Marktforschung durchgeführt wird, um festzustellen, welche spezifischen Ladungen, Rohstoffe und Aktivitäten durch die Freihandelszone angezogen werden könnten und warum.

Theoretische vs. tatsa?chliche Marktgro?ße fu?r einen Freezone - Drewry
Theoretische vs. tatsächliche Marktgröße für eine Freezone (Quelle: Drewry)

Als nächstes kommt die Frage der Wettbewerbsfähigkeit. Warum sollte der neue Freihafen für die identifizierten Ladungen eine bessere Option sein als alle anderen Freezones und alternativen Zollsysteme in der Nähe und weltweit? Bei der Wettbewerbsfähigkeit von Freihäfen und Freezones geht es Drewry zufolge nicht nur um die Freiheit von Zöllen und Abgaben. In der Tat sei dies einfach eine Selbstverständlichkeit. Vielmehr gehe es um die Bandbreite anderer, grundlegenderer Faktoren (wie vorstehend beschrieben), einschließlich der Grundstückskosten, der Arbeitskosten, der Kosten für Versorgung mit Strom und Wasser, Standort, Konnektivität und kritische Masse. Die Wettbewerbsanalyse reduziert so den theoretischen Markt für eine neue Freezone weiter auf ihr tatsächliches Potenzial – in ihren Marktnischen (falls vorhanden).

Nischen nicht replizierbar

Einige Nischen sind in der Tat sehr spezifisch. So existieren beispielsweise die zahlreichen Außenhandelszonen (FTZs) in den USA in erheblichem Umfang, um die Besonderheit der Tax Inversions zu umgehen, bei denen die Einfuhrzölle auf Komponenten oder Rohstoffe höher sind als die auf Fertigprodukte. So sind beispielsweise die Zölle für Pkw-Komponenten höher als für das Fertigfahrzeug. Die Herstellung erfolgt also in einer US-FTZ, wodurch die Zölle auf Komponenten vermieden werden, und nur die fertigen Autos unterliegen einem (niedrigeren) Zoll, wenn sie auf den US-Markt gebracht werden. Ähnlich verhält es sich mit Rohölimporten, die einem höheren Zollsatz unterliegen als die aus dem Rohöl hergestellten Erdölprodukte. Der Automobilbau und die Petrochemie machen einen großen Teil der FTZ-Aktivitäten der USA aus.

»Zollinversionen sind in anderen Teilen der Welt viel seltener anzutreffen (sie sind beispielsweise in der EU nicht wirklich zu sehen). Der Hauptzweck der US-FTZs besteht also darin, den US-Inlandsmarkt zu versorgen, ohne hohe Zölle auf importierte Komponenten und Rohstoffe zahlen zu müssen. Diese hochspezifische Nische ist keine, die an anderer Stelle repliziert werden kann. Es wird argumentiert, dass die Mehrheit der Arbeitsplätze in FTZs ohnehin in den USA gewesen wären«, so Drewry.

Neue Ansiedler oder nur Umsiedler?

Der tatsächliche potenzielle Markt für eine bestimmte Freezone müsse auch im Hinblick auf die Gefahr der Verlagerung betrachtet werden. Anstatt neue Arbeitsplätze und Aktivitäten zu schaffen, könnten Freihäfen zu einer Verlagerung der bestehenden Wirtschaftstätigkeit in das Freihandelsgebiet führen. »Auf internationaler Ebene ist ein Land möglicherweise nicht allzu besorgt darüber, Arbeitsplätze und wirtschaftliche Aktivitäten aus einem anderen Land zu übernehmen. Wenn die Verlagerung jedoch innerhalb desselben Landes stattfindet und die Verlagerung die Tätigkeit von einem Ort, an dem Körperschaftsteuer gezahlt wird, zu einem steuerfreien Freihafenort verlagert, dann verliert die Regierung des Landes dieses Steuereinkommen ohnen einen erkennbaren Gewinn«, so das Beratungsunternehmen.

Harte Daten und Belege über die tatsächlichen Vorteile der Vergabe des Freezone-Status an einen Hafen (wie viel neuer Traffic nach der Implementierung, wie viele wirklich neue Arbeitsplätze geschaffen?) fehlen demnach weitgehend.

Neil Davidson, Senior Analyst für Häfen und Terminals bei Drewry, meint: »Der Freihafen- und Freezone-Status ist kein Wundermittel für Häfen. Die Marktnischen sind vielleicht schwer zu finden und der globale Wettbewerb ist stark. Auf jeden Fall wird der Erfolg in erster Linie von breiteren Faktoren wie dem Status der Unternehmenszone und den Kosten für grundlegende Inputs wie Arbeit, Land und Versorgung bestimmt. Hier muss der Fokus liegen.«