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Wenn ab dem 1. Januar die neuen Schwefelgrenzwerte in der Schifffahrt gelten, wird sich endgültig zeigen, wer auf welche Art die Regulierung umsetzt. Technisch dürften die meisten vorbereitet sein. Betroffen sind aber auch eine Vielzahl von Verträgen zwischen den Beteiligten am Seetransport. Juristen könnte viel Arbeit bevorstehen.

Die Vorschriften hätten das Potenzial[ds_preview], »den perfekten Sturm« für Anwälte darzustellen, die sich mit Streitigkeiten zwischen Eigentümern, Charterern und Bunkerlieferanten im Falle der Nichteinhaltung befassen, meint man in der Seerechtskanzlei Hill Dickinson. »Während sich die Schifffahrtsindustrie auf die Einführung der globalen Obergrenze für den Schwefelgehalt in Kraftstoffen vorbereitet, gibt es Bedenken hinsichtlich der praktischen und vertraglichen Herausforderungen«, heißt es in einem aktuellen Statement.

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Joris Van Brussel (Sehll Marine), Nicholas Makar (Marshall Islands), Chris Hughes (Lloyds Register) diskutierten auf dem »HANSA-Forum Schifffahrt | Finanzierung« über die Auswirkungen von IMO 2020 (Foto: HANSA)

Die Reeder tragen die Verantwortung für die Einhaltung der globalen Schwefelobergrenze und sind entsprechend Adressat der Kontrollen durch die Behörden. Wenn ein Schiff nicht mit einem Scrubber ausgestattet ist, stelle die Sicherstellung der Einhaltung eine Reihe komplizierter praktischer Fragen für Reeder dar, die von der Verfügbarkeit konformer Bunker, der Vollständigkeit der Unterlagen an Bord, der Tank- und Leitungsreinigung bis hin zu einem detaillierten Verständnis der Kraftstoffstabilität, der Kompatibilität und der Kraftstofftrennung reichen, meinen die Juristen.

Ein Problem könnte werden, dass jede Behörde ihre eigenen Vorschriften erlassen und möglicherweise durchsetzen kann, die mit Verstößen verbundenen Geldbußen sind uneinheitlich. Eine unglückliche Situation für die Schifffahrtstreibenden, wie auch beim diesjährigen »HANSA-Forum Schifffahrt | Finanzierung« in Hamburg deutlich wurde.

Nur die Allerwenigsten Reeder werden gar nichts getan haben, zu groß ist das Risiko, entdeckt zu werden, zu engmaschig die Kontrollen. Wenn man bedenkt, dass eine von Interpol initiierte Kontrolloperation im November allein in den Gewässern Mecklenburg-Vorpommerns 39 Umweltverstöße in 30 Tagen ans Tageslicht brachte, kann man sich vorstellen, dass die Überprüfungen ab Januar nicht minder intensiv ausfallen. Wichtiger als »ob« dürfte die Frage werden, »wie« und »wie korrekt« die neuen Technologien zum Einsatz kommen. Hinter vorgehaltener Hand berichten Fachkundige immer wieder von technischen Problemen an Bord.

Vertraglich neigen Reeder nach Ansicht der Kanzlei dazu, die Verantwortung für die Bunkerlieferung auf ihre Zeitcharterer zu übertragen, was zu Vertragsstreitigkeiten führen kann, insbesondere wenn festgestellt wird, dass der gelieferte Kraftstoff leicht über dem von der IMO festgelegten absoluten Grenzwert von 0,50% Schwefelgehalt liegt.

Beth Bradley, Partner in der Kanzlei Hill Dickinson, betont daher jetzt die Bedeutung detaillierter und sorgfältiger Charterverträge nach dem 1. Januar: »Es gibt eine Vielzahl von Problemen, die sich radikal auf die Haftungssituation auswirken können. Anwälten könnte der perfekte Sturm bevorstehen.« Als Beispiel gilt für sie eine Situation, in dem ein konformer Kraftstoff bestellt wurde, bei dem ein Test durch die Behörden jedoch ein Ergebnis außerhalb der Grenzwerte hervorbringt. »Wessen Verantwortung ist das«, so Bradley.

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Beth Bradley (Foto: Hill Dickinson)

Man wisse, dass der Streit zwischen Reedern, Charterern und Bunker-Lieferanten stehts darum dreht, ob ein nicht-konformer Kraftstoff geliefert wurde oder ob ein konformer Kraftstoff an Bord verunreinigt wurde. »Die neue Regulierung macht das Ganze nun noch komplexer. Wenn die zuständige Behörde zu dem Schluss kommt, dass das Schiff seinen Bunker abpumpen muss, wer trägt dann die Kosten?« Es werde sich viel mehr darauf konzentrieren, was an Bord passiert ist, etwa auf Leitungen und Tanks wirklich sauber waren.

Bradley und ihre Kollegen empfehlen daher, in Charter- und Bunker-Verträge »sogfältig formulierte Bestimmungen« aufzunehmen, um Bunkerspezifikationen, Stichprobenverfahren und die Frage zu klären, wie der potenzielle Zeitverlust aufgrund von Inspektionen und Abpumpen geteilt werden soll.